Rehabilitation

Nach einer Behandlung nahmen viele unserer Interviewpartner eine Anschlussheilbehandlung von meist drei bis vier Wochen und manchmal auch noch weitere Rehamaßnahmen in Anspruch.

Beantragung

Bei vielen fand die Beantragung für die Anschlussheilbehandlung bereits im Krankenhaus ein paar Tage nach der Operation durch den Sozialdienst statt. Einige Männer, die nicht operiert wurden, wurden während ihrer Strahlentherapie durch Mitarbeitende des sozialen Dienstes auf ihren Anspruch auf eine Anschlussheilbehandlung aufmerksam gemacht. Manche bekamen auch Vorschläge für bestimmte Zentren. Oftmals waren unsere Erzähler erstaunt, wie einfach dies von statten ging, wie sich alles regelte und sie eigentlich „keinen Finger rühren mussten“.

Manche schilderten jedoch auch, dass es z.B. wegen der Weihnachtspause Verzögerungen gab. Das Warten auf den Antritt der Anschlussheilbehandlung konnte problematisch und unangenehm sein, wenn die Patienten während der Wartezeit zu Hause zum Teil noch erheblich inkontinent und wenig belastbar waren.

Für Bernd Voigt gab es Probleme und die Wartezeit auf seine Reha war die für ihn unangenehmste Phase.

Wahl und Entscheidung

Bei der Wahl der Rehaeinrichtung war für einige vor allem die Qualität des Angebots für Prostatakrebspatienten ausschlaggebend, wenn sie hauptsächlich an ihrer Kontinenz arbeiten wollten. Manche loben den Komfort und sprechen sogar von Zuständen „wie im Hotel“. Einige informierten sich selbst über geeignete Zentren, oder bekamen von anderen Betroffenen eine „gute Adresse“. Bei manchen bot der Kostenträger nur wenig Auswahl an Kliniken an.

Michael Albrechts Ärztin und eine Freundin empfahlen ihm eine Klink.

Manche konnten die Anschlussheilbehandlung auch ambulant machen und fuhren täglich zum Krankenhaus vor Ort, um ihre Familien nicht wiederholt so lange allein zu lassen oder um wieder ihren beruflichen Verpflichtungen nachgehen zu können.

Juergen Hoffmann hat seine Reha ambulant im Krankenhaus gemacht.

Bei der Wahl des Rehazentrums spielte auch die Entfernung zum Wohnort eine Rolle. Die meisten Männer wollten nicht allzu weit weg, um ihren Frauen und Familien Wochenendbesuche zu ermöglichen. Rolf Fuchs fand es sehr hilfreich, in der Anschlussheilbehandlung einmal Zeit nur für sich zu haben.

Einige zweifelten, ob sie eine Rehamaßnahme benötigen würden bzw. ob es das richtige für sie sei.

Rolf Fuchs wollte zuerst nicht zur Reha, eine Krankenschwester und ein Patient überredeten ihn jedoch.

Manche Erzähler entschieden sich auch bewusst gegen eine Anschlussheilbehandlung, weil sie sich nicht mit fremden Krankheitserfahrungen konfrontieren wollten oder befürchteten, dass in der Reha nur von Krebs die Rede sei. Andere versprachen sich nichts davon oder fühlten sich zu gesund.

Rainer Wolff machte keine Reha, heute würde er jedoch anderen Patienten dazu raten.

Viele Männer nahmen zum ersten Mal eine Rehamaßnahme in Anspruch. Sie dauerte bei den meisten Erzählern drei Wochen. Viele nutzten die Möglichkeit, aufgrund von anhaltenden Beschwerden, die Reha um eine Woche zu verlängern und waren damit zufrieden.

Austausch

Viele Erzähler waren in urologischen Kliniken und fanden es schön, dass sie sich mit vielen anderen Betroffenen über die gleichen Probleme austauschen konnten. Sie erzählen, dass für sie die Bekanntschaften wichtig gewesen seien und blieben zum Teil auch noch nach dem Aufenthalt in Kontakt. Andere waren in onkologischen Kliniken, die nicht auf ihr Krankheitsbild spezialisiert waren, so dass die Gemeinsamkeiten und geteilten Erfahrungen weitestgehend fehlten.

Ulrich Richter hat viele Dinge zusammen mit anderen gemacht, wobei auch Humor eine wichtige Rolle spielte.

Das Mitteilen und Sprechen über ihre Erkrankung im persönlichen Gespräch oder Gruppentherapien tat vielen gut. Einige merkten auch, wie sie andere zum Reden ermutigen und ihnen damit helfen konnten.

Reinhard Stockmann fand es schön, dass er jüngeren Patienten etwas mit auf den Weg geben konnte.

In den Kliniken wurde auch professionell auf psychische Belange eingegangen, so dass einige unserer Interviewpartner berichten, dass sie sich nicht nur gesundheitlich, sondern auch moralisch festigen konnten. Manche nahmen auch psychologische Betreuungen oder Beratungen in Anspruch, die dabei halfen, mit der Diagnose Krebs besser umzugehen. Andere konnten den psychologischen Angeboten nichts abgewinnen (Psychologische Unterstützung und Begleitung) und hatten darüber hinaus nicht das Bedürfnis, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Rüdiger Schnelte hielt bewusst Abstand von anderen Rehapatienten.

Bewegung und Sport

Zahlreiche Männer fanden die Anwendungen und Therapien hilfreich, um sich zu erholen, wieder Kraft und Vertrauen in den eigenen Körper zu bekommen und für Alltag und Arbeit fit und selbstständig zu werden. Andere waren durch die Operation sehr geschwächt und konnten nicht von Anfang an bei den Aktivitäten mitmachen. Die angebotenen Aktivitäten wie Laufen, Nordic Walking, Massagen, Turnen, Yoga, Treppen steigen, oder Atemübungen wurden als sehr unterschiedlich hilfreich beschrieben. Das Hauptaugenmerk lag bei den meisten auf dem Kontinenztraining bzw. der Wiederherstellung der Kontinenz durch Beckenbodentraining und -gymnastik. Die meisten schildern, dass die Erfolge dabei ein größeres Gefühl an Sicherheit vermittelten oder sich eine „neue Normalität“ einstellte. Viele Gesprächspartner berichten, dass sie die Übungen für den Beckenboden bis heute fortführen (Leben mit Inkontinenz).

Heinz Seidel spürte beim Ballspiel leichte Schmerzen und war dadurch etwas inkontinent.

Einige waren kontinent und konnten auch Wassergymnastik machen oder die Therme/Sauna benutzen, anderen wurde es aufgrund ihrer Inkontinenz verweigert.

Vergleich mit anderen

Auch der Umstand, mit anderen Betroffenen gemeinsam zu trainieren, war für viele hilfreich. Zu sehen, mit welchen Problemen andere zurechtkommen müssen und mit dem Inkontinenzproblem nicht allein auf der Welt zu sein, war für viele unserer Erzähler eine wichtige Erfahrung.

Ralf Sauer half es in der Reha zu sehen, dass andere noch viel schlimmer dran waren als er.

Für Josef Mayer war die Reha belastend, weil er sich gesund fühlte und daher nicht zum Kreis der Leidenden gehörte.

Weitere Rehamaßnahmen

Im Laufe ihrer Erkrankung beantragten einige unsere Gesprächspartner weitere Rehamaßnahmen. Da sie den ersten Aufenthalt sehr positiv erlebt hatten, erhofften sie sich, weiter zu genesen oder ihre fortbestehenden Probleme mit Inkontinenz angehen zu können (Leben mit Inkontinenz).

Bernd Voigt hatte sich eine spezielle Fachklinik ausgesucht, der Aufenthalt half ihm bei der Genesung.