Unterstützung durch Partnerin, Familie und Freund*innen
Als zentrale Personen innerhalb der Bewältigung des Prostatakrebses nennen die meisten unserer Männer, neben ihren Kindern und der Familie, ihre Partnerin. Sie sei für viele nicht nur die wichtigste Gesprächspartnerin, sondern wird häufig auch als wertvollste Begleiterin und Vertrauensperson durch die Erkrankung wahrgenommen. Wichtig sei für viele, gemeinsam mit der Partnerin über ihre Gefühle sprechen zu können. Andere Interviewpartner berichten uns davon, dass sie sich bewusst gegen einen intensiveren Austausch mit ihrer Partnerin entschieden haben, weil sie mit Freund*innen besser sprechen konnten oder sie ihre Frau nicht zu sehr belasten wollten.
Das offene Gespräch mit seiner Partnerin half Kay Hahn, nicht in der Angst unterzugehen.
Christian Lorenz hat das Gefühl, eine aufrichtige, nicht-fordernde Unterstützung zu bekommen.
Darüber hinaus wurden viele unserer Interviewpartner von ihren Ehefrauen oder Partnerinnen im Krankenhaus besucht und zu ärztlichen Terminen oder in die Selbsthilfegruppe begleitet. Einige schätzen außerdem die gemeinsamen Arztbesuche sehr, da sie darin die Möglichkeit sehen, Fragen stellen zu können, die sie aus Nervosität vergessen würden. Andere hingegen gingen lieber alleine zu ihrem Urologen, um beispielsweise über bestimmte Behandlungsoptionen zu sprechen.
Detlev Winter geht lieber ohne seine Ehefrau zum Urologen.
Für einige Gesprächspartner war es wichtig und hilfreich, auch während ihrer Reha-Maßnahme Unterstützung durch ihre Partnerin zu bekommen (Rehabilitation). Einige Ehefrauen besuchten ihre Männer am Wochenende, andere telefonierten oft. Manche unserer Interviewpartner erzählten auch, dass ihre Frauen die Möglichkeit nutzten, sie während der Reha-Maßnahme zu begleiten. Unsere Interviewpartner betonen, dass es für sie wichtig war, dass ihre Partnerin dabei ist, um gemeinsam durch die Krebserkrankung zu gehen.
Michael Albrechts Frau unterstützte ihn während der Reha durch tägliche Telefonate.
Wilhelm Bergers Frau begleitete ihn zur Reha, was ihm half, wieder aktiver zu werden.
Manche unserer Gesprächspartner berichten davon, wie wichtig die Partnerinnen in der Alltagsbewältigung nach der Operation oder während der Chemo- beziehungsweise Strahlentherapie waren. Auch erzählen einige, dass sich ihre Partnerinnen mit der Diagnose darauf spezialisierten, die Ernährung oder die sportliche Betätigung ihrer Partner zu verändern: Ulrich Richter nennt seine Ehefrau scherzhaft „kleine Kräuterhexe“, da sie ihm dabei hilft, seine Ernährung umzustellen. Andere kümmerten sich emotional oder gaben Anstoß zum Sport, um die körperliche Fitness zu steigern (Veränderungen und Einschränkungen im Alltag).
Bernd Voigt wurde nach seinem Klinikaufenthalt von seiner Frau versorgt.
Otto Venglers Ehefrau übernimmt die „Pflege“ ihres Mannes während der Chemotherapie.
Einige unserer Gesprächspartner wurden darüber hinaus durch ihre Ehefrauen mit Informationen und Wissen über den Prostatakrebs versorgt und erfuhren auch auf diesem Weg wichtige Unterstützung. Sie suchten im Internet nach Informationen zu Therapien oder gaben Ratschläge, wenn sie selbst im medizinischen Bereich tätig waren. Es gibt aber auch Erzähler, die die Informationssuche ihrer Frau als zu eingreifend empfanden, weil sie sich dadurch in eine bestimmte Richtung gelenkt fühlten. Auch Entscheidungen trafen einige unserer Interviewten lieber allein.
Neben der Tatsache, dass die Frauen eine große Stütze waren, erzählen manche Männer allerdings auch, dass sie das Gefühl hatten, ihre Ehefrau sei ängstlicher und mache sich mehr Sorgen als sie selbst. Hier war es einigen Männern wichtig, ihre Frauen auch trösten zu können. Manche der Frauen gestanden ihnen ein, dass sie mehr unter der Diagnose gelitten hätten als ihre Männer (Mit der Erkrankung umgehen lernen).
Alexander Huetzings Ehefrau ist ihm eine wichtige Stütze. Er nennt sie scherzhaft „Gesundheitsamt“.
Thomas Lange ist froh, dass er auch negative Gefühle mit seiner Ehefrau teilen kann.
Kinder
Oft waren es die Kinder, die durch ihren Optimismus Hoffnung vermittelten oder durch das Signal „Wir brauchen Dich noch“ Mut machten. Einige berichten, dass ihre erwachsenen Kinder Informationen für sie im Internet suchten, sie während der Krankenhausaufenthalte aufmunterten, Therapieentscheidungen mittrugen und als Ansprechpartner*innen zur Verfügung standen. Für Rüdiger Schnelte ist es zwar wichtig, dass alle in der Familie informiert sind. Er braucht jedoch kein großes Bedauern und den ständigen Austausch mit seinem Sohn.
Rüdiger Schnelte braucht keinen Zuspruch von seinem Sohn und seinem weiteren familiären Umfeld.
Freundeskreis
Des Weiteren empfanden es einige unserer Gesprächspartner als extrem entlastend, dass sich Freund*innen um die Koordination und Organisation von medizinischen Terminen kümmerten. Die meisten unserer Männer profitierten von Beratungen und Ratschlägen zu verschiedenen Operations- und Behandlungsmethoden aus dem Freundeskreis: Entweder waren es von Prostatakrebs betroffene Freunde, die wertvolles Erfahrungswissen lieferten oder befreundete Mediziner*innen konnten Ärzt*innen und Kliniken empfehlen und bei Entscheidungen helfen.
Für einige unserer interviewten Männer hat der Freundeskreis im Hinblick auf ihre Erkrankung eine besondere Bedeutung. Andere berichten davon, wie sie „echte Solidarität“ im Freundeskreis erlebten. Einige hingegen wurden von Freund*innen enttäuscht, weil sie mit ihnen nicht oder irgendwann nicht mehr über ihre Erkrankung sprechen konnten. So erzählen manche Interviewpartner, dass Menschen in ihrem persönlichen Umfeld zwar den Krebs zur Kenntnis genommen haben, aber nicht weiter interessiert waren.
Bernd Voigts Kollegen leisteten ihm in der schwierigen Lebensphase Beistand.
Friedel Kessler fand manche Reaktionen im sozialen Umfeld seltsam.
Sehr zentral ist für einige unserer Gesprächspartner darüber hinaus der gezielte Austausch mit anderen Betroffenen. Viele profitieren durch positive Geschichten anderer, weil sie sehen konnten, dass es Möglichkeiten gibt, mit der Erkrankung zurechtzukommen und nicht allein zu sein (Selbsthilfegruppen). Für einige dienten andere Krebserkrankte als Vorbild. Andere berichten, dass sie sehr gut mit Leuten im Umfeld sprechen konnten, die generell Berührungspunkte mit Krebserkrankungen oder ähnlichen Umständen hatten, dass dies aber eher selten der Fall sei.
Jörg Runde schätzt es mit Menschen zu sprechen, die ein ähnliches Schicksal haben.
Nach der Operation im Krankenhaus hatte Alfred Brandt seine „erste kleine Selbsthilfegruppe“.
Zwar sprachen wir mit sehr vielen Männern, die die Unterstützung durch ihre Familie und Freund*innen und das Sprechen über den Krebs als sehr positiv für ihre Krankheitsaufarbeitung einschätzen. Hierzu gehört insbesondere auch, dass man gemeinsame Zeit verbringt und schöne Erlebnisse in den gemeinsamen Alltag einbaut. Doch teilen uns auch einige mit, dass sie darauf verzichteten, andere um Hilfe zu bitten. Manche hätten zwar Redebedarf, aber niemanden, der offen für ein Gespräch war und hätten es daher mit sich selbst ausgemacht.
Martin Pels sieht die Familie als eine wichtige Säule der Krankheitsbewältigung an.
Helmut Wurm meint, das Leben geht weiter. Er braucht nicht weiter darüber zu reden.
Georg Sommer hatte niemanden zum Reden. Wenn es ganz schlimm war, ging er mit seinem Hund spazieren.