Veränderungen und Einschränkungen im Alltag
Die Diagnose Prostatakrebs beschreiben unsere Interviewpartner als einen tiefgreifenden Einschnitt, der sowohl körperliche als auch psychische Auswirkungen nach sich zog. In ihren Erzählungen sprechen unsere Gesprächspartner davon, wie sie nach den Prostatakrebsbehandlungen den Weg zurück in ihren Alltag suchten (Rehabilitation). Viele Männer schildern, wie sie sich nach den Therapien unsicher fühlten, inwieweit sie noch belastbar sein würden, auch von gravierenden Einschränkungen in ihrem Alltag berichten viele (Leben mit Inkontinenz, Partnerschaft und Sexualleben, Leben mit Metastasen).
Viele der Männer sprechen davon, dass sie den Krebs als eine chronische Erkrankung betrachten wollten, mit der man gut weiterleben könne. Einige Erzähler berichten, dass sie praktisch wie vorher leben würden. Dies machten sie daran fest, dass sie weder Schmerzen spürten noch andere Beeinträchtigungen in ihren alltäglichen Aktivitäten merkten. Für manche sei ihre Prostataoperation wie andere Operationen vorher auch gewesen und sie fühlten sich nicht beeinträchtigt, zu fast 100% wiederhergestellt und gesund. Bei einigen dauerte es ein paar Wochen, bis sie ihre Vitalität wiederherstellten, bei anderen mehrere Monate, um in ihre alltäglichen Routinen zurückzukehren. Andere Interviewpartner sprechen aber auch von dauerhaften Folgen der Behandlungen und der Erkrankung, die sie dazu zwangen, Änderungen an ihrem gewohnten Alltag vorzunehmen. Weiterhin berichtet ein Interviewpartner, dass er durch die Medikamenteneinnahme vergesslicher geworden ist.
Ulrich Richter betrachtet seinen Alltag als normal, auch wenn er mit Einschränkungen leben muss.
Für viele Erzähler hatten die Behandlungen mindestens vorübergehend spürbare Auswirkungen auf ihren körperlichen Zustand (Rehabilitation). Zum Beispiel durften einige unserer Interviewpartner direkt nach der Operation nicht Schwimmen oder Radfahren. Ebenso erzählen sie, dass ihnen schweres Heben direkt nach der Operation oder andere Anstrengungen verboten waren, was für viele, die davon berichteten, einen Verzicht bedeutete. Viele der Männer waren an Bewegung gewöhnt; so erzählen einige auch davon, dass sie ihren Körper überlasteten.
Juergen Hoffmann fährt gern Fahrrad, der Verzicht darauf nach der Operation fiel ihm schwer.
In den Erzählungen wurde auch deutlich, dass für viele diese Einschränkungen meist nach ein paar Monaten vorbei waren und sich der körperliche Zustand der Männer wieder erholte, so dass sie wie gewohnt ihren Aktivitäten nachgehen konnten.
Peter Engel brauchte etwas Zeit und gewann schließlich langsam wieder Zutrauen in seinen Körper.
Andere erkannten, dass die Probleme körperlicher Art gravierender waren. Bei manchen ließ insgesamt die Kraft und Ausdauer nach, berichten viele der Gesprächspartner. Einige führen dies auch aufs eigene Alter zurück, auch weil sie noch andere Beschwerden wie Hüftprobleme oder Rückenbeschwerden hatten, wodurch sie ohnehin Anstrengungen reduzieren und anpassen mussten. Manchen Männern falle die Rücksichtnahme auf die schwindende Kraft des eigenen Körpers schwer. Auch das Fahrradfahren war manchen nur noch eingeschränkt unter Schmerzen oder mit negativen Auswirkungen auf die Kontinenz möglich. Für andere hingegen war Fahrradfahren besser als zu Fuß gehen, weil sie den Urin so besser halten konnten. So wollten viele unserer Erzähler nicht auf das Fahrradfahren verzichten und suchten nach Möglichkeiten, dies zu tun.
Wilhelm Berger ist leidenschaftlicher Radfahrer, sein Urologe empfahl ihm einen Spezialsattel.
Walther Girtler musste durch seine Inkontinenz aufs Bergsteigen verzichten, was er bedauert.
Die körperlichen Beeinträchtigungen, von denen uns die Männer berichteten, schränkten nicht nur ihre Alltagstätigkeiten ein oder veränderten sie. Manche erzählen auch davon, auf Reisen und Veranstaltungen, wie Konzerte, verzichten zu müssen. Durch den Verzicht auf viele Aktivitäten waren selbstverständlich auch ihre Partnerinnen betroffen sowie die Familie und der Freundeskreis, was einige psychisch sehr belastete. Auch für das Berufsleben bedeuten die Einschränkungen für manche unserer Erzähler große Verluste und Umstellungen, was für einige schwer zu ertragen war.
Otto Vengler will weiter aktiv sein, sich nicht zurückziehen und zumindest Kurzreisen unternehmen.
Für Rainer Wolff war es schwer, dass mit ihm seine Frau auf vieles verzichten musste.
Helmut Wurm gerät in peinliche Situationen, die psychisch sowie physisch belastend für ihn sind.
Die körperlichen Veränderungen und Einschränkungen im Alltag sind unmittelbar mit den psychischen Folgen und der Stimmung der Betroffenen verknüpft. So berichten insbesondere die Interviewpartner, die anhaltende Folgen der Krebserkrankung spüren, von fehlender Motivation, negativen Stimmungen und psychischer Belastung (Mit der Erkrankung umgehen lernen, Psychologische Unterstützung und Begleitung). Auch, dass sich der Körper infolge der Therapien verändert, ist für manche der Erzähler schambehaftet, sodass sie sich sozial zurückziehen. Ein Interviewpartner erzählt beispielsweise, dass er nicht nur aufgrund der Inkontinenz nicht mehr in die Sauna geht, sondern auch, weil er aufgrund der Hormontherapie Brüste entwickelt, keine Haare mehr hat und sich nicht mehr wohl in seinem Körper fühlt. Weiterhin spielen Ängste und Sorgen eine Rolle im Alltag unserer Interviewpartner. Martin Pels erzählt, dass er bei kleinsten Auffälligkeiten an seine Prostata denkt und daher nicht mehr so unbeschwert seinen Alltag führen kann, wie vor der Erkrankung.
Jörg Runde fühlt sich an schlechten Tagen psychisch sehr belastet und demotiviert.