Nachsorge

Die Nachsorge ist ein wesentlicher Bestandteil der onkologischen Versorgung, von der auch unsere Interviewpartner berichten. Da bei Ihnen die erste Behandlungsphase unterschiedlich weit zurückliegt, befindet sich jeder in einem anderen Stadium seiner Tumornachsorge. Wesentliche Unterschiede in den Erfahrungen ergeben sich bei unseren Gesprächspartnern zum Beispiel abhängig davon, ob die Prostata noch erhalten ist, ob sie operativ entfernt wurde und ob Bestrahlungen oder palliative Behandlungen stattfanden (Leben mit Metastasen).

Wenn die Erstbehandlung noch nicht so weit zurückliegt, müssen manche unserer Erzähler alle 3 Monate zur Nachsorgeuntersuchung. Bei anderen wird sie mit wachsendem zeitlichen Abstand nur noch jedes halbe Jahr bzw. einmal pro Jahr durchgeführt. Der Abstand hängt dabei von der jeweiligen Vorbehandlung und dem Krankheitsverlauf ab, kann sich aber auch nach dem eigenen Befinden und Bedürfnis nach Sicherheit richten. Holger Andres ging zuerst alle drei Monate zur Nachsorge; als er dann nur noch halbjährlich einbestellt werden sollte, ließ er sich dennoch im Abstand von vier Monaten untersuchen, weil ihm die Spanne zu lang war.

Zur Nachsorge gehört neben der Tastuntersuchung die regelmäßige Kontrolle des PSA-Wertes, die nach unseren Erzählern unterschiedlich ablaufen kann. Einige haben ein paar Tage nach der Blutentnahme einen Gesprächstermin zur Mitteilung der Ergebnisse, andere rufen deshalb selbst in der Praxis an oder werden kontaktiert. Bei einigen werden regelmäßig die Nieren oder auch Darm und Blase mit Ultraschall untersucht. Die Männer schildern uns, dass sie die rektalen Untersuchungen als unangenehm empfinden, sie sie aber als „notwendiges Übel“ machen lassen.

Wolf Jung geht aus Prinzip zu seiner Sicherheit vierteljährlich zur Kontrolle, obwohl es nicht mehr vorgesehen ist.

Andere Männer erzählen, dass sie anfangs die Nachsorge nicht ganz so ernst nahmen, weil sie sich eigentlich ganz gut und gesund fühlten und auch ihr PSA-Wert unter der Nachweisgrenze war. Joachim Pelzer spricht davon, dass er nach ein paar Jahren gleichgültig wurde und ein Verdrängungseffekt bei ihm entstand.

Rudolf Kammerer erzählt, dass er die ersten zwei Jahre nicht bei der Nachsorge war und es darauf ankommen ließ.

Einstellung zur Nachsorge

Von unseren Interviewpartnern berichten einige, dass sie vor den Nachsorgeterminen nervös und angespannt sind, wohingegen andere angeben, sich keine allzu großen Sorgen zu machen. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die Erkrankung schon besteht, sondern es hängt mit der persönlichen Einstellung zusammen (Mit der Erkrankung umgehen lernen).

Einigen ist nach ihren Schilderungen sehr bewusst, dass der Wert auch nach Jahren noch ansteigen kann, so dass sie deshalb immer etwas gehemmt sind. Vor der Nachsorgeuntersuchung fragen sie sich, wie es womöglich weitergeht, wenn der Wert sich verändert haben sollte.

Luca Giordano ist froh, dass bei der Nachsorge immer alles in Ordnung ist, macht sich aber auch keine Sorgen.

Einige berichten, dass Krebs für sie, in der Phase der Tumornachsorge, keine Krankheit im eigentlichen Sinne mehr ist. Für Norbert Kramer ist nie ausgeschlossen, dass sich der Wert verändert, wenngleich er hofft, dass es so weitergeht wie bisher.

Rainer Wolff hat mit dem Krebs abgeschlossen, solange sich nichts tut; wenngleich er weiß: Einmal Krebs, immer Krebs.

Bei Rolf Fuchs ist auch nach 14 Jahren die Sorge im Hinterkopf immer noch da.

Rudolf Kammerer hat ein komisches Gefühl, weil er nicht weiß, was auf ihn zukommt; jedoch hilft sein Optimismus.

Andere sprechen von einem „unguten Gefühl in der Magengrube“ nach Abgabe des Blutes für den PSA-Test und dass die Nachsorge sehr belastend für sie sei. Für manche war die Aufregung nur am Anfang zu verspüren, mittlerweile sei es Routine, ähnlich wie ein Zahnarzttermin, so Andreas Wolke. Der PSA-Wert wird dabei als hilfreich beschrieben, da er Aufschluss über den aktuellen Status geben kann. Gleichzeitig hat das Wissen um seine Werte auch Nachteile.

Für Alfred Brandt ist es unterstützend, dass man durch den PSA-Wert kontrollieren kann, wo man steht.

Manche haben „Bammel“ und empfinden die Tage um die Nachsorge, wie Wolf Jung uns berichtet, als Veränderung des Lebensrhythmus, weshalb er immer seine Partnerin anrufen lässt.

Josef Mayer lässt die Briefe von seiner Frau öffnen, die Glücksmomente sind größer für sie als für ihn.

Bei Martin Pels wird durch die Nachsorge jedes Mal eine Lawine an Fragen und Sorgen ausgelöst.

Das Gefühl nach der Übermittlung des Wertes, wird, wie von Rainer Wolff, als ein tiefes Durchatmen beschrieben; danach könne man normal weitermachen, zumindest bis zum nächsten Nachsorgetermin. Frank Moll spricht in diesem Zusammenhang von „der Zulassung bis zum nächsten Mal“. Die Männer beschreiben es als schön, dass hinterher Gewissheit herrscht und freuen sich auch, dass es weitergeht und sie beruhigt sind.

Manche Interviewpartner sprechen davon, dass sie mit dem Thema Krebs im eigentlichen Sinne nicht mehr allzu viel oder gar nichts zu tun haben, wenngleich die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen sie daran erinnern. Sie empfinden die Zwischenzeit als Entlastung, und sind nicht beunruhigt, so dass die Nachsorgetermine keine Belastung mehr sind. Manche, wie Detlev Winter, sprechen auch davon, den Krebs besiegt zu haben.

Bernd Voigt betrachtet es als Routineuntersuchung, wenngleich er weiß, dass man Glück haben muss.

Unsere Gesprächspartner wünschen sich, dass ihr Wert konstant bleibt und nicht weiter ansteigt, finden aber, wie Heinz Seidel, dass sie sowieso nichts daran ändern können. Sollten die Werte doch schwanken, würde Jens Kaiser erst einmal abwarten.

Bei vielen Interviewpartnern hat sich der Zustand stabilisiert. Sie schauen dabei auf ihre medizinischen Werte und geben an, sich wieder gesund bzw. geheilt zu fühlen, etwa wenn der PSA-Wert schon über mehrere Jahre konstant niedrig und unauffällig ist. Manche Männer berichteten uns auch, ihre PSA-Werte dokumentiert zu haben und Verlaufskurven bzw. Graphen erstellt zu haben. Dieter Bauer nutzte seine Werte sogar für ein Nomogramm im Internet.

Andreas Wolke fühlt sich gesund und sein PSA-Wert ist konstant, was für ihn sehr befriedigend ist.

Einige berichten uns, dass ihr PSA-Wert sich stabilisiert habe und sie sich gut fühlen. Bei anderen ist er nach einer gewissen Zeit wieder gesunken, wie bei Hans Berger. Rolf Fuchs sollte nach seiner Operation bestrahlt werden, jedoch blieb sein PSA-Wert auf 0, seit nunmehr 7 Jahren.

PSA-Anstieg

Einige Männer hingegen berichten von Veränderungen ihres PSA-Werts und schildern, wie sie damit umgingen, als ihr PSA-Wert irgendwann, manchmal auch erst nach mehr als zehn Jahren, wieder zu steigen begann. Dabei war für unsere Gesprächspartner wichtig, wie stark der Wert stieg und in welcher Zeitspanne. Auch das eigene Alter im Verhältnis zum PSA-Wert wurde als Kriterium von unseren Erzählern als wichtig empfunden.

Ernst Lehmann lässt sich nicht verrückt machen und verfällt nicht in Panik, auch wegen seines Alters.

Ein Anstieg des PSA-Werts war auch damit verbunden, dass sich die davon betroffenen Männer Gedanken machten, wie sie damit umgehen. Dabei war besonders das Vertrauen zu ihrem Arzt/ihrer Ärztin wichtig, der/die gemeinsam mit ihnen das weitere Vorgehen besprochen hat. Leicht erhöhte Werte ließ sich Juergen Hoffmann von seinem Professor erklären, was ihn beruhigte, anderen wurde versichert, dass der PSA-Wert noch keine Gefahr darstelle. Denn nicht immer bedeutet ein PSA-Wert-Anstieg eine Wiedererkrankung oder einen Rückfall, was auch unsere Erzähler in ihren Erfahrungen schildern. Wenngleich sie davon sprechen, im ersten Moment erschrocken gewesen zu sein. Viele sprechen auch davon, Ungewissheit und damit verbunden Angst, gespürt zu haben, dass Metastasen bei der Diagnose vorhanden waren oder aufgetreten sein können (Leben mit Metastasen).

Bei Otto Vengler wurden nach der Biopsie mehrere Untersuchungen gemacht, die negativ waren, was ihn beruhigte.

Nicht immer war eine einmalige Steigerung des PSA-Werts gleich Anlass für Maßnahmen, berichten unsere Gesprächspartner. Erst, wenn der Wert regelmäßig bei mehreren Kontrollen hintereinander anstieg, unterzogen sie sich einer Bestrahlung oder begannen (wieder) eine Hormontherapie (Bestrahlung und Hormontherapie).

Bernd Zimmermanns PSA-Wert stieg plötzlich an, was sich auch sein Arzt nicht erklären konnte.

Den Interviewpartnern, die eine Brachytherapie gemacht haben, wurde gesagt, dass es einen Anstieg des PSA-Werts („PSA-Bump“) geben wird, der aber normal sei.

Jens Kaisers „PSA-Bump“ kam verspätet; er bekam versichert, dass es normal sei und nichts Ungewöhnliches.