Bestrahlung
Einige unserer Interviewpartner haben eine Strahlentherapie als Primärbehandlung durchführen lassen. Andere unterzogen sich nach einer Operation oder in Kombination mit einer Hormontherapie einer Bestrahlung.
Die Geschichten, die uns die Männer erzählten, zeigen, dass die Entscheidung für eine Therapie von vielen Faktoren abhängt und sehr individuell verläuft. Manche Interviewpartner beschreiben, dass sie medizinische Entscheidungen nicht immer selbst trafen beziehungsweise vor eine Wahl gestellt wurden, sondern ihren Ärzt*innen vertrauten und deren Empfehlung folgten. Andere betonen, dass sie sich bei ihrer Entscheidung letzten Endes allein fühlten, da ihnen keiner zu einhundert Prozent sagte, was zu machen sei.
Einige begannen sehr schnell mit der Strahlentherapie, andere gaben an, dass die Entscheidung, sich einer Strahlentherapie zu unterziehen, erst in ihnen reifen musste. Dabei spielten für unsere Interviewpartner verschiedene Faktoren eine Rolle, wie zum Beispiel ihr Alter und ihre angenommene Lebenserwartung sowie mögliche negative Auswirkungen der Behandlung. So berichten einige von ihrer Befürchtung, inkontinent zu werden.
Rudolf Kammerer hatte die Wahl, bei der er sich durch einen Freund und seinen Urologen beraten ließ.
Manche Männer entschieden sich direkt für eine Strahlentherapie nach der Diagnose Prostatakrebs, weil sie ihnen von Ärzt*innen empfohlen wurde, wobei sie jedoch betonen, dass kein Arzt/keine Ärztin eine hundertprozentige Empfehlung abgibt. Bei anderen wurde eine Bestrahlung als zusätzliche Therapie nach einer Operation oder in Kombination mit einer Hormontherapie durchgeführt. Ein Mann berichtet, dass lediglich seine Metastase bestrahlt wurde, um die Schmerzen zu reduzieren.
Andere Gesprächspartner beschreiben, dass eine gewählte Therapie doch nicht möglich war und schon getroffene Entscheidungen revidiert wurden. Die Umentscheidung erfolgte durch eine andere Sichtweise der Interviewpartner auf ihre Erkrankung oder durch die Ärzt*innen, die die medizinische Ausgangslage neu beurteilten.
Die Interviewpartner berichten von verschiedenen Arten von Bestrahlungen. Sie wurden sowohl mit der äußeren (perkutane) Bestrahlung (Nachladetechnik, HDR-Brachytherapie) behandelt als auch mit der inneren Bestrahlung (Seeds, LDR-Brachytherapie). Die Anzahl der Bestrahlungen variiert bei unseren Gesprächspartnern und auch die Richtlinien der Therapieoptionen haben sich über die Jahre verändert und weiterentwickelt.
Äußere Bestrahlungen zogen sich über mehrere Wochen hin, wurden ambulant durchgeführt und die einzelne Sitzung dauerte meist nur wenige Minuten. Während ein Interviewpartner beschreibt, selbst mit dem Auto zur Bestrahlung gefahren zu sein, berichten andere davon, die An- und Abreise aus Sicherheitsgründen mit dem Taxi, mit der Bahn oder in Begleitung der Partnerin organisiert zu haben.
Für Rudolf Kammerer waren die 38 Bestrahlungen ungewöhnlich und er hatte ein komisches Gefühl.
Neben den äußeren Bestrahlungen haben die Männer auch Erfahrungen mit inneren Strahlentherapien gemacht, bei denen im Krankenhaus operativ kleine radioaktive Stifte in die Prostata eingesetzt werden und dort bleiben. Alternativ wurden durch Nachladetechnik Strahlungsquellen bei ihnen eingesetzt und nach kurzer Zeit wieder entfernt sowie eine anschließende äußere Bestrahlung durchgeführt.
Bei Dieter Bauer verlief die Afterloading Therapie gut.
Während manche Männer nach einer Operation vorsorglich beziehungsweise prophylaktisch nachbestrahlt wurden, machte bei anderen ein erhöhter PSA-Wert eine Bestrahlung nötig. Bei manchen machten unsaubere Schnittränder nach einer Operation eine Nachbehandlung erforderlich. Unsere Gesprächspartner berichten, dass die Bestrahlung dabei häufig in Kombination mit Hormontherapien eingesetzt wurde.
Curt Scholz unterzog sich nach seiner Operation 36 Bestrahlungen 5-mal die Woche.
Der erkennbare Erfolg einer Therapie war für viele unserer Interviewpartner wichtig. Diesen erschlossen sie sich aus dem PSA-Wert. Sie schildern, wie der PSA-Wert im Laufe der Strahlentherapie sank, so dass für sie erkennbar war, dass die Bestrahlung anschlug. Bei manchen Männern stieg der PSA-Wert wieder nach einiger Zeit, manchmal auch erst nach vielen Jahren, bei anderen blieb er konstant niedrig und unauffällig.
Rudolf Kammerer hat es bestärkt, als die Bestrahlung anschlug.
Alfred Brandt wurde nach seiner Operation bestrahlt und war zufrieden, dass die Therapie wirkte.
Nebenwirkungen
Rolf Fuchs berichtet, dass es bei ihm während der Bestrahlung zu einem Harnverhalt gekommen sei, wobei man nicht wisse, ob es Folge der Operation oder der Bestrahlung ist, worüber er sich aber nicht weiter den Kopf zerbrach. Bei Gerhard Haas kam es zu einer Blasenhalsverengung, die er auf das veraltete Bestrahlungsgerät zurückführt, so dass eine Harnröhrenspiegelung durchgeführt werden musste.
Guenther Neumann wurde aufgrund eines vorübergehenden Harnstaus ein Katheter gesetzt.
Manche Männer sprechen von einem Brennen beim Urinieren oder Problemen beim Entleeren der Blase sowie Schmerzen im Zusammenhang mit Harndrang. Des Weiteren traten Probleme beim Stuhlgang oder der Verdauung auf sowie Hautreizungen, die sich bei einigen mit der Zeit legten. Dieter Bauer hatte Blut im Urin, woraufhin sein Urologe ihm versicherte, es handele sich um absterbende Zellen.
Jens Kaiser spürte Veränderungen beim Stuhlgang und beim Wasserlassen.
Friedel Kessler hatte infolge der Bestrahlung eine Perforation des Darms.
Für Alfred Brandt war der Juckreiz schmerzhaft, hörte dann aber plötzlich auf.
Einige berichten von Veränderungen ihres Schlafs und ihrer Müdigkeit. Sie geben an, dass sie sich müde fühlten oder dass sich ihre Tiefschlafzeit verringerte.
Bei einigen wurde auch ihre Inkontinenz, die sie nach einer Operation hatten, zusätzlich durch eine Strahlentherapie verstärkt.
Helmut Wurm wurde bestrahlt, obwohl er noch inkontinent war.
Manche Männer vermuten, dass ihre Potenz unter der Bestrahlung gelitten hat, glauben aber auch, dass dies altersbedingt aufgetreten sein kann. Neben körperlichen Beschwerden seien auch psychische Belastungen aufgetreten. Sie spürten Veränderungen in sich und es kam während oder nach der Behandlung bei ihnen zu Depressionen (Link Psychologische Unterstützung und Begleitung).