Die Erfahrungen von Helmut Wurm

Portrait Helmut Wurm ist 66 Jahre alt und verheiratet. Im Juni 2010 wurde Prostatakrebs festgestellt. Die körperlichen Behandlungsfolgen belasten ihn privat sowie beruflich. Derzeit unterzieht er sich aufgrund einer anderen Krebserkrankung einer Chemotherapie. 2013 wurden Metastasen eines neuroendokrinen Tumors (NET) auf der Leber festgestellt.

Nachdem sein Hausarzt einen sprunghaften PSA-Wertanstieg feststellte, suchte Helmut Wurm einen Urologen auf. Dieser veranlasste zur weiteren Diagnostik eine Biopsie, was Helmut Wurm zunächst ablehnte, um sich vorab Informationen zu beschaffen. Als er erfuhr, dass eine Biopsie auch durch ein MRT begleitet werden und somit eine höhere Trefferquote erzielen könne, ließ er dies durchführen. Das Ergebnis war positiv. Vor der Operation nahm sich Helmut Wurm ebenfalls Zeit für die Informationssuche und entschied sich für die da Vinci-Methode. Während der Operation wurde festgestellt, dass der Tumor die Kapsel durchbrochen und weit überschritten hatte. Der Chirurg habe nach eigener Aussage „weit schneiden“ müssen. Als Folge der Operation leidet Helmut Wurm bis heute an Inkontinenz und Impotenz.

Vor und nach der Bestrahlung unterzog er sich einer Hormontherapie, was sein Leben „gewaltig“ beeinflusst habe: Seine Darmfunktion hat sich verändert, er hat an Gewicht zugenommen, leidet unter starken Schweißausbrüchen, Müdigkeit, Kardiomyopathie und hat keine körperliche Leistungsfähigkeit mehr. Ein „absolutes Chaos“, gerade für einen Berufstätigen, fasst Helmut Wurm zusammen.

Allgemein habe er einen lockeren Umgang mit seiner Inkontinenz. „Es ist, wie es ist“, betont er. Sie sei punktuell psychisch belastend, wenn er einmal den „Blues“ kriege oder peinliche Situationen durchlebe. Dass er durch seine Impotenz kein Sexualleben mehr hat, findet Helmut Wurm schade. Durch die Hormontherapie empfindet er allerdings auch kein sexuelles Verlangen mehr. Seine Ehefrau begegnet ihm hier mit viel Verständnis.

Informationen zu haben gibt Helmut Wurm Sicherheit. Rückblickend fühle er sich durch Ärzte allerdings nicht umfassend aufgeklärt. Erst in der Selbsthilfe habe er beispielsweise von einem möglichen Wirkungsnachlass der Hormontherapie erfahren. Daher würde er heute nach einer Krebsdiagnose sofort eine Selbsthilfegruppe aufsuchen, um dort persönliche Ratschläge zu erhalten. Von Ärzten wünscht er sich vor einer Operation eine umfassende Beratung über Diagnostik-Optionen. Er habe allerdings festgestellt, dass die bestmögliche Diagnostik meist nicht von der Krankenkasse bezahlt wird.

Seinen Pragmatismus bewertet er als hilfreich für den Umgang mit Krebs. Die Krankheitserfahrung habe sein Denken und daraus resultierendes Handeln verändert. Probleme mit dem Sterben habe er nicht mehr, so Helmut Wurm. Gegenwärtig gehe es ihm zwar ganz gut, doch wisse er, dass er nicht mehr gesund werden kann und begegnet seinen Erkrankungen daher mit Sarkasmus: „Warum habe ich zwei Krebse und keinen Hummer?“ Sich selbst beschreibt er als „Fatalisten“ und nimmt die Dinge so, wie sie kommen.

Das Interview wurde Mitte 2013 geführt.

 

Alle Interviewausschnitte von Helmut Wurm

Helmut Wurm sagt, dass ein Misstrauen gegenüber Ärzt*innen und dem PSA-Wert notwendig ist.

Helmut Wurm geht nicht mehr ins Schwimmbad und versucht, vor Flügen und dem Schlafengehen nicht zu trinken.

Helmut Wurm versucht seit vielen Jahren kontinent zu werden, spürt aber die Beckenbodenmuskulatur nicht.

Helmut Wurm wurde nach seiner Operation mitgeteilt, dass weit geschnitten werden musste.

Helmut Wurm meint, das Leben geht weiter. Er braucht nicht weiter darüber zu reden.

Helmut Wurm hat neben Prostatakrebs einen neuroendokrinen Tumor, der auch Lebermetastasen verursachte.

Helmut Wurm hat sich Fragen für Arztgespräche notiert, jedoch halfen ihm die Antworten nicht wirklich.

Helmut Wurm gerät in peinliche Situationen, die psychisch sowie physisch belastend für ihn sind.

Helmut Wurm ist Fatalist und denkt, dass er noch viel Zeit hat, sich übers Sterben Gedanken zu machen.

Für Helmut Wurm galt das Motto: Das Leben geht weiter, es ist wie es ist.

Helmut Wurm wurde bestrahlt, obwohl er noch inkontinent war.

Helmut Wurm bekam bei einem Vortrag neue Informationen zu Hormonentzug und Inkontinenz.

Helmut Wurm hatte einige Probleme und fand, dass sich Leute in der Selbsthilfegruppe genierten.

Helmut Wurm musste zwischen den Nebenwirkungen Brustwachstum und Hitzewallungen abwägen.

Helmut Wurm möchte keine unnötigen Leistungen in Anspruch nehmen.

Helmut Wurm hatte Angst vor einer Infektion, weshalb er eine MRT-kontrollierte Biopsie durchführen ließ.

Helmut Wurm musste trotz der Therapien seiner Arbeit nachgehen, wobei ihn Kollegen unterstützten.