Die Erfahrungen von Alfred Brandt

Portrait Der 77-jährige Alfred Brandt ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Als er 1997 die Prostatakrebsdiagnose erhielt, war er noch als Chemiker tätig. Seit seiner Pensionierung wirkt er ehrenamtlich als Schauspieler in einem Seniorentheater mit, was ihm sehr große Freude und Glück bereitet.

Alfred Brandt war bei der jährlichen Früherkennung, als ein erhöhter PSA-Wert festgestellt wurde. Sein Hausarzt klärte ihn sofort darüber auf, dass dieser Wert zunächst einmal noch nichts zu bedeuten haben müsse und überwies ihn zu einem Urologen. Mittels einer Biopsie und eines Ultraschalls diagnostizierte dieser dann Prostatakrebs – ein Schock für den damals 62-Jährigen.

Die radikale Prostatektomie sei „scheußlich“ gewesen, so Alfred Brandt. Er verbrachte vier Wochen im Krankenhaus und hatte starke Schmerzen. Die Kontinenz konnte er durch Krankengymnastik schnell wiederherstellen, allerdings ist er seit der Operation impotent. Zum Ausgleich der Erektionsstörung testete er einige Hilfsmittel, die für ihn und seine Ehefrau allerdings nicht zufriedenstellend waren, so dass sie sich gemeinsam für andere Formen der Sexualität entschieden. Diese „freie Sexualität“, wie Alfred Brandt sie nennt, war sogleich wunderbar, entspannend und toll.

Nach drei Jahren wurde bei einer Nachsorgeuntersuchung ein erneuter PSA-Wertanstieg festgestellt, der durch eine Bestrahlung gesenkt werden konnte. Diese hatte für Alfred Brandt starke Begleiterscheinungen: psychische Belastung und Anstrengung, starke Schmerzen und Juckreiz, was durch Schädigungen der Enddarmhaut hervorgerufen wurde. Im Jahr 2007 war der PSA-Wert erneut erhöht und wurde dann mittels einer Hormontherapie gesenkt. Das damit einhergehende Verschwinden der Libido, war für Alfred Brandt wenig dramatisch – er sei immerhin schon 71 Jahre alt gewesen. Viel wichtiger war, dass er die Gefühle der Liebe weiterhin spüren konnte.

Alfred Brandt erzählt, dass ihm der Austausch mit anderen sehr geholfen habe, insbesondere während seines Krankenhausaufenthaltes. Diese „erste kleine Selbsthilfegruppe“ habe ihm Beruhigung gegeben und gezeigt, dass er mit seinen Gedanken nicht alleine ist. In Gesprächen mit einer Psychotherapeutin konnte er konkret über seine starken Ängste bezüglich des Krebses und andere Lebensbereiche sprechen, was er heute als überaus nützlich und stützend bewertet.

Der Krebs habe seine Gedanken deutlich auf das Thema Sterblichkeit gelenkt. An den Gedanken sterben zu müssen, habe er sich gewöhnt und spreche auch mit anderen Betroffenen über persönliche Vorstellungen über den Tod. Auch wenn dies traurig sei, so sei es dennoch gut, erzählt Alfred Brandt, denn auf diesem Weg sei er zu der Erkenntnis gekommen: Das Leben hat einen Sinn.

Das Interview wurde Anfang 2012 geführt.

 

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