Medizinische Betreuung
In der Reha wurde die Rolle der Ärzte von unseren Interviewpartnern deutlich anders erlebt als in der ambulanten oder Krankenhausversorgung. Diese hatten nun vor allem die Aufgabe, die Therapien auszuwählen und zu koordinieren. So erlebten viele das Aufnahmegespräch mit dem Arzt oder der Ärztin im Zusammenhang mit einer Eingangsuntersuchung als eine wichtige Weichenstellung. Dies konnte sehr unterschiedlich verlaufen: viele berichteten, dass sie sehr ausführlich untersucht worden seien; die Ärzte hätten sich ausgiebig mit den Vorbefunden und Röntgenaufnahmen auseinandergesetzt. Danach sei entsprechend ihrer Beschwerden ein spezifischer Therapieplan aufgestellt worden, zu dem sie auch Wünsche und Vorstellungen einbringen konnten (siehe Mitsprachemöglichkeiten in der Reha). Heike Tschirner fühlte sich dadurch in medizinischer Hinsicht gleich sehr gut aufgehoben. Ali Kaya freute sich, dass er dem türkischen Arzt seine Krankengeschichte ausführlich in seiner Landessprache erzählen konnte.
Claudia Gross war vom Aufnahmegespräch positiv überrascht, als die Ärztin sich viel Zeit nahm.
Marina Horvat erzählt, dass sie bei der Erstuntersuchung so gründlich wie noch nie untersucht wurde.
Zumeist schlossen sich an die Aufnahme noch weitere allgemeine oder spezifische Untersuchungen an (Blutwerte, Herz-Kreislauf-Funktion, Lungenfunktion etc.). Einige berichteten, dass ihr Therapieplan sehr genau auf die Untersuchungsergebnisse abgestimmt wurde; vielfach wurde auch berichtet, dass man jederzeit mit dem Arzt besprechen konnte, ob man Therapien verändern oder neue ausprobieren wollte (siehe Mitsprachemöglichkeiten in der Reha).
Manche Erzähler fanden das Aufnahmegespräch jedoch sehr knapp oder wenig ergiebig. Einige empfanden es als „Standard-Programm“, „Schema F“ oder „08/15“, fühlten sich kaum als Person wahrgenommen und rasch abgefertigt. Melanie und Tobas Brenk erzählen, dass ihre Aufnahmegespräche schwierig gewesen seien, weil die Mehrzahl der Ärzte in der Reha-Einrichtung nur gebrochen deutsch sprechen konnten. Während manche immer den direkten Kontakt zu ihrem Stationsarzt suchen konnten, schilderten andere, dass sie Ärzte kaum zu Gesicht bekommen hätten.
Birgit Voigt fand die Visiten sehr gehetzt und unangenehm.
Während einige erzählten, dass vor allem in fachlich hochspezialisierten Reha-Einrichtungen medizinisch vieles probiert worden sei und auch unkonventionelle Maßnahmen angewandt worden seien, berichten andere, dass die Einrichtung nichts an der vorbestehenden Medikation verändert und alle entsprechenden Wünsche an den Hausarzt verwiesen hätte. Birgit Voigt musste ihre Medikamente für die Zeit der Reha selbst mitbringen.
So waren einige Erzähler enttäuscht und hätten sich mehr Unterstützung und Kontakt oder Auseinandersetzung mit ihrer Person von medizinischer Seite gewünscht.
Wolfgang Krimmel versuchte seine Vorstellungen von Reha mit dem leitenden Arzt zu diskutieren.
Andere berichteten, dass sie zwar wenig Kontakt mit Ärzten hatten, diesen aber auch nicht gebraucht hätten; das Entscheidende für ihre Reha seien die vielen therapeutischen Angebote gewesen.
Vielfach konnten die Erzähler in Gesprächen mit den Ärzten ihren Körper und ihre Gesundheit besser einschätzen lernen, mit ihnen Weichenstellungen diskutieren und Perspektiven für die Zukunft entwickeln. Öfter mussten sie auch erst einmal hinnehmen, dass sie sich ihre körperlichen oder beruflichen Ziele zu hoch gesteckt hatten.
Andreas Gmähle bekam erst mal Ruhe verordnet, um anzukommen.
Für viele war das Entlassungsgespräch mit dem Arzt noch einmal ein wichtiger Zeitpunkt, um zu reflektieren, was sie erreicht hatten.
Andreas Gmähle konnte im Abschlussgespräch zusammenfassen, was er erreicht hatte.
Anderen wurde jedoch im Entlassungsgespräch auch erschreckend klar, dass nun die sehr gute Zeit der Reha vorbei war. Einige schildern, dass sie dies als „Absturz in den Alltag“ empfanden und sich mehr Vorbereitung auf die Zeit nach der Reha gewünscht hätten (siehe Herausforderungen und Schwierigkeiten).
Peter Book war perplex, dass das Abschlussgespräch so plötzlich kam.
Einige berichteten, dass die von Ärzten gehaltenen Vorträge über spezifische medizinische Fragen wie etwa Medikamentenwirkungen sehr kompetent und hilfreich gewesen seien.
Katharina Maulwurf fand die ärztlichen Vorträge zur Asthmatherapie sehr gut und hilfreich.