Für Wolfgang Kimmel war die Reha schwer erträglich. Er hätte sich einen anderen Reha-Ansatz gewünscht.
Wenn ich nicht
von Haus aus so widerspenstig wäre, wäre ich wahrscheinlich
eingegangen. Vor Hohlheit, Nichtigkeit und daraus resultierender
Langeweile. Es gab kein einziges Buch in diesem Haus. Außer
Fernsehen gab es nichts, was irgendwie einer geistvollen Zerstreuung
vielleicht hätte dienen können. Es gab nichts.
Diese Entschuldigungen habe ich gerne angenommen und habe gesagt: „Naja, also ich könnte Sie ja vielleicht in zehn Jahren mal wieder besuchen.“ Ja, ob es dann noch immer so sei oder vielleicht etwas besser. Ich habe das Ganze eigentlich als ein Unglück, als eine Verkettung ungünstiger Umstände abgehakt, begriffen, und war froh als ich da wieder draußen war. Weil es tatsächlich eben eine Nichtigkeit war. Eine Nichtigkeit, die absolut nicht meinem Bedürfnis nach Erholung entsprochen hatte. Denn ich meine, man kann über Rehabilitation sehr unterschiedlich denken, aber medizinische Rehabilitation ist natürlich ohnehin eine Farce. Wenn es nur bei der medizinischen Rehabilitation bleibt. Wenn da nicht eine einzige Möglichkeit bestünde, mal nachzufragen: „Was hat denn diese Erkrankung für Sie in Ihrem Lebenskontext bedeutet und was machen Sie damit, was machen Sie daraus?“ War nicht. Gab es nicht. Und das sollte möglicherweise in diesen Gruppensitzungen stattfinden. Aber da ich nun mal leider sehr asozial bin, um nicht zu sagen ein kleiner Asperger, ein mühsam sozialisierter Asperger, wäre mir das in Gruppe sowieso nicht möglich gewesen.
[...] Also das ist eine Frage der Kultur, wie man mit Krankheiten umgeht. Und die kulturelle Einsortierung von Krankheitsgeschehen, das ist bei uns so tabuisiert wie der Tod. Also krank ist man am besten in seinem ganzen Leben nie. Und es wird unter allerlei Mänteln versteckt und zugedeckt und das ist eine schwierige Geschichte. Ich erinnere mich, dass man früher auf dem Land, wenn jemand krank war oder wurde, sehr eigentümlich mit ihm umging. Also er wurde auf der einen Seite aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, wurde aber immer so durch einen Schieber an der Tür versorgt. Wenn er ansteckend war, sowieso. Es wurde aber sehr viel über ihn nachgedacht. Also der Rest der Großfamilie hat immer über den Kranken unglaublich viel nachgedacht. Und wenn er sein Krankenzimmer, was es in jedem alten Bauernhaus gab, wieder aus eigener Kraft verlassen hat, war das ein Anlass für ein Fest. Und da finde ich irgendetwas dran. Das ist eine erstaunliche Geschichte. Sozusagen wieder zurück im Kreis der Zurechnungsfähigen. Dass das ein Anlass für ein Fest war, das fehlt mir heute in dem ganzen Rehabilitationsgedanken. Das ist nicht genügend entfaltet. Finde ich schade.
Kardiologische Reha nach einem Herzinfarkt
Diese Entschuldigungen habe ich gerne angenommen und habe gesagt: „Naja, also ich könnte Sie ja vielleicht in zehn Jahren mal wieder besuchen.“ Ja, ob es dann noch immer so sei oder vielleicht etwas besser. Ich habe das Ganze eigentlich als ein Unglück, als eine Verkettung ungünstiger Umstände abgehakt, begriffen, und war froh als ich da wieder draußen war. Weil es tatsächlich eben eine Nichtigkeit war. Eine Nichtigkeit, die absolut nicht meinem Bedürfnis nach Erholung entsprochen hatte. Denn ich meine, man kann über Rehabilitation sehr unterschiedlich denken, aber medizinische Rehabilitation ist natürlich ohnehin eine Farce. Wenn es nur bei der medizinischen Rehabilitation bleibt. Wenn da nicht eine einzige Möglichkeit bestünde, mal nachzufragen: „Was hat denn diese Erkrankung für Sie in Ihrem Lebenskontext bedeutet und was machen Sie damit, was machen Sie daraus?“ War nicht. Gab es nicht. Und das sollte möglicherweise in diesen Gruppensitzungen stattfinden. Aber da ich nun mal leider sehr asozial bin, um nicht zu sagen ein kleiner Asperger, ein mühsam sozialisierter Asperger, wäre mir das in Gruppe sowieso nicht möglich gewesen.
[...] Also das ist eine Frage der Kultur, wie man mit Krankheiten umgeht. Und die kulturelle Einsortierung von Krankheitsgeschehen, das ist bei uns so tabuisiert wie der Tod. Also krank ist man am besten in seinem ganzen Leben nie. Und es wird unter allerlei Mänteln versteckt und zugedeckt und das ist eine schwierige Geschichte. Ich erinnere mich, dass man früher auf dem Land, wenn jemand krank war oder wurde, sehr eigentümlich mit ihm umging. Also er wurde auf der einen Seite aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, wurde aber immer so durch einen Schieber an der Tür versorgt. Wenn er ansteckend war, sowieso. Es wurde aber sehr viel über ihn nachgedacht. Also der Rest der Großfamilie hat immer über den Kranken unglaublich viel nachgedacht. Und wenn er sein Krankenzimmer, was es in jedem alten Bauernhaus gab, wieder aus eigener Kraft verlassen hat, war das ein Anlass für ein Fest. Und da finde ich irgendetwas dran. Das ist eine erstaunliche Geschichte. Sozusagen wieder zurück im Kreis der Zurechnungsfähigen. Dass das ein Anlass für ein Fest war, das fehlt mir heute in dem ganzen Rehabilitationsgedanken. Das ist nicht genügend entfaltet. Finde ich schade.
Kardiologische Reha nach einem Herzinfarkt