Die Erfahrungen von Mara Schnaiter
Mara Schnaiter ist zum Zeitpunkt des Interviews 53 Jahre alt. Sie ist gelernte Buchhändlerin und arbeitet als Sekretärin in einer Bibliothek. Sie hat eine Tochter (22) und zwei Söhne (17, 23), von denen der jüngere noch bei ihr zu Hause wohnt. Nach dem Tod ihres Ehemannes erlitt sie eine Depression und beantragte eine psychosomatische Reha, die sie nach einer ersten Ablehnung ein Dreivierteljahr später antreten konnte.
Für Mara Schnaiter war die Krebsdiagnose ihres Ehemannes ein gravierender Einbruch in ihrem Leben. Bis zu seinem Tod erlebten sie gemeinsam 18 intensive Monate. Während der Zeit der Trauer erlitt Mara Schnaiter eine Depression und auf Rat ihrer befreundeten Hausärztin beantragte sie eine psychosomatische Reha. Sie hatte nach dem Tod ihres Mannes noch weiter funktioniert, konnte aber nicht mehr regenerieren. Es war für sie ein Schritt, sich selbst einzugestehen, eine Reha zu benötigen.
Der Weg zur Reha erwies sich für Mara Schnaiter als schwierig. Sie berichtet, dass ihr erster Antrag von der Rentenversicherung abgelehnt worden sei, wogegen sie einen Widerspruch einlegte. Der bürokratische Aufwand, der sich aus der Notwendigkeit eines Gutachtens ergab, verzögerte die Zeit bis zum Reha-Antritt erheblich. Dies motivierte Mara Schnaiter aber dazu, die anfängliche Unsicherheit, ob in ihrem Fall eine Reha angebracht sei, abzulegen und sich für sich selbst und ihr Recht auf Rehabilitation einzusetzen. Nachdem der Antrag bewilligt wurde, konnte Mara Schnaiter die eigentliche Wartezeit von ca. einem halben Jahr verkürzen, indem sie kurzfristig für jemanden, der abgesagt hatte, einsprang.
Die fünfwöchige Reha empfand Mara Schnaiter als wohltuende Auszeit, in der sie nur für sich sein konnte, und war dankbar für den geschützten Rahmen, sich um nichts kümmern zu müssen. So fand sie in der Reha für sich einen Raum zu Trauern. Sie wollte in der Reha auch keinen Besuch bekommen, da sie in der Zeit dort in einer anderen Verfassung war als sonst in ihrem Alltag.
Sie schildert, dass sie während dieser Zeit bewegende und wertvolle Begegnungen hatte und eine Vielzahl an Therapie-Angeboten wahrnahm. Sie besuchte unter anderem Veranstaltungen zu den Themen Trauer, Selbststeuerung und Lebensführung, in denen sich herauskristallisierte, dass nicht die Trauer an sich das Problem war, sondern vielmehr alte, verhärtete Haltungen. Mara Schnaiter spürte, wie sie sehr viel Energie verbrauchte, indem sie sich mehr um andere als um sich selbst kümmerte. Die Reha half ihr dabei, diese alten Haltungen zu verändern und sich selbst und ihre Bedürfnisse besser wahrnehmen zu können. Gerade solche Mitpatienten, die sie zunächst eher schwierig fand, waren ihr bei diesem Lernprozess in der Reha eine große Hilfe.
Nach der intensiven Zeit in einem geschützten Umfeld war für sie das Heimkommen zunächst schwer. So zog sie sich im Übergang auch zuhause noch eine Weile zurück. Mara Schnaiter schildert, dass sie es als große Herausforderung erlebte, die Früchte der Reha im Alltag umzusetzen. Schon während der Reha war für sie klar, dass sie für diese Zeit psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen würde, was sie dann auch zuhause umsetzte.
Mara Schnaiter erlebte die Reha als eine große Chance, sich neu zu orientieren, Belastendes hinter sich zulassen und etwas über die eigenen krankmachenden Muster zu lernen. Was Mara Schnaiter aus der Reha mitgenommen hat, ist eine neue Achtsamkeit und Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber. Sie hat gelernt, sich besser abgrenzen zu können, besser für sich selbst zu sorgen und in einer positiven Weise sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.
Das Interview wurde im Frühjahr 2014 geführt.
Mara Schnaiter schildert es als Zugewinn an Freiheit, sich ihre Rückzugsräume zu bewahren.
Mara Schnaiter wünscht anderen, dass sie sich auf die Reha einlassen können.
Durch den Abhol-Service am Bahnhof hatte Mara Schnaiter das Gefühl, erwartet zu werden.
Mara Schnaiter ging zum ersten Mal in ihrem Leben ins Casino.