Julia Sommer fühlte sich überfordert, als sie zum ersten Mal hörte, sie solle in eine psychosomatische Klinik gehen.

Wie war das denn beim allerersten Mal, als Sie gehört haben, es geht in eine psychosomatische Klinik nach [Ort]?
Das war ganz schlimm, in der Zeit. Ich habe das dann praktisch meinen Eltern erstmal beibringen müssen, was das war. Die hatten ja meine Kinder dann. Oder unsere Kinder. Und dann bei der Arbeit. Nein, da habe ich ja noch nicht gearbeitet.
Aber so, wenn ich dann darüber gesprochen habe, geredet habe, habe ich das immer so ein bisschen verdrängt. Also, nicht unbedingt großartig allen erzählt, wo ich bin. Also Bekannten natürlich, die haben gefragt. Aber ich habe auch gar nicht oder ganz bewusst nicht darauf geachtet, wie die Leute mich angucken oder wie sie Blicke wechseln mit anderen. Weil das war auch für mich, ja. Ja, bin ich jetzt verrückt? Ich hatte zwar das Gefühl, dass ich verrückt werde, aber es war natürlich auch damals noch nicht so gut erklärt.
[...]
Wie sind Sie da dieses Mal damit umgegangen, also dass Sie jetzt in eine psychosomatische Reha gegangen sind?
Ganz anders, weil ich gewusst habe, dass das eben für mich alles beinhaltet dann. Nicht nur jetzt die Krankheit. Wobei ich ja auch schon mehr weiß jetzt über diese Colitis Ulcerosa, dass es eben auch psychisch bedingt ist. Die Schmerzen, hatte ich schon mitgekriegt durch die Schmerzklinik, dass es auch viel mit der Psyche zu tun hat. Und ich kenne mich ja mittlerweile wirklich auch selber, habe ja auch schon viel an mir gearbeitet, mit mir, mich mit mir beschäftigt. Und da habe ich dann auch gewusst: Ich muss was für, in der Hinsicht auch tun für mich. Weil sonst komme ich nach einer dreiwöchigen Kur, komme ich dann zurück und mir geht es vielleicht körperlich etwas besser, aber seelisch? Und das ist für mich im Moment, glaube ich, immer noch das Wichtigste. Weil, wenn es da besser geht, dann kann man das andere besser verkraften. Entweder verkraften oder es geht einfach besser dann.
Was haben Sie denn jetzt so bei der Arbeit oder zu entfernten Bekannten gesagt?
Och, da war das ganz klar. Ich habe das meinen direkten Vorgesetzten dann gesagt, dass ich in so eine Klinik gehe, eine psychosomatische Klinik gehe. Den direkten Mitarbeitern, also Arbeitskollegen dann auch. Alle anderen, weiß ich nicht, ob die das gewusst haben. Aber, ja, es war für mich eigentlich jetzt nicht mehr schlimm. Beim ersten Mal, war es, da war es happig, ja. Oder auch beim ersten Mal [Ort], vor zehn Jahren noch. Da war es auch relativ schwierig.
Und wie waren die Reaktionen dann jetzt?
Erstaunlicherweise, ich will jetzt nicht sagen desinteressiert, aber ja, sie haben es angenommen, denke ich. Die haben wohl ja auch mitgekriegt, dass es eben manchmal stressig zugeht. Und durch das, dass meine Kollegin ja schon lange krank war, haben die es schon mehr mitgekriegt. Und ganz bewusst dann. Und, ja, ich habe mich ja jetzt nicht verändert. Ich bin etwas ruhiger vielleicht, ja. Und vor allen Dingen bin ich ja jetzt auch wieder ein bisschen offener.

Rehas bei chronischem Schmerz, Depression, Colitis Ulcerosa, Tinnitus