Austausch mit Familie, Freund*innen und Anderen

Um Sorgen und Ängste zu lindern, suchten alle unsere Interviewpartner*innen mit langanhaltenden Symptomen Gespräche und den Austausch mit anderen, sowohl in ihrem privaten, als auch im beruflichen Umfeld. Die Unterstützung der eigenen Familie bzw. der Lebenspartner*innen waren den Interviewpartner*innen besonders wichtig. Dies gab ihnen Halt in der neuen Lebenssituation. Manchen genügte bereits die Anwesenheit ihrer Liebsten, um Kraft zu schöpfen und Energie zu tanken.

Ilona Bergmann und ihr Ehemann redeten viel miteinander, um die Erkrankung und ihre Folgen zu bewältigen.

Die Mutter von Melanie Tietz saß bei ihr und hielt ihr stundenlang die Hand und die Füße, was ihr sehr gut tat.

Stella Paul fand in ihrer Ehefrau ihren größten Rückhalt.

Die meisten unserer Interviewpartner*innen, die langanhaltende Symptomen erlebten, gingen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld mit diesen offen um. So sprachen sie auch mit Kolleg*innen oder Vorgesetzten über die Symptome, wenn sie bereits wieder arbeiteten oder wenn sie kurz davor waren, wieder in das Arbeitsleben zurückzukehren. Besonders die Gespräche mit Vorgesetzten halfen dem Großteil der Interviewteilnehmer*innen, wenn sie dort Verständnis erlebten.

Tobias Egger hatte immer Kontakt zu seiner Firma und sein Vorgesetzter riet ihm, auf sich zu achten und seine Grenzen zu akzeptieren.

Monika Steiner teilte allen mit, dass sie Wortfindungsstörungen hatte, und ging sehr offen mit ihren langanhaltenden Symptomen um.

Natascha Kipp sprach offen über ihre Post-COVID-Diagnose, sowohl mit ihrem Team als auch mit ihrem Vorgesetzten.

Der Austausch mit anderen Betroffenen, vor allem in Selbsthilfegruppen und/oder im Rahmen von Reha-Maßnahmen, wurde von vielen unserer Interviewpartner*innen als besonders hilfreich beschrieben. Dort erfuhren sie Verständnis, sie wurden ernst genommen, trafen Menschen mit ähnlichen Symptomen und konnten sich dort über neueste Therapie- sowie Behandlungsmöglichkeiten von Long-/Post-COVID informieren. Mit anderen Betroffenen zu sprechen, brauchten manche unserer Interviewteilnehmer*innen so dringend, dass sie eine Selbsthilfegruppe in ihrer Region gründeten, wenn es noch keine gab. Manchmal erzählten unsere Interviewpartner*innen, dass sich auch Kontakte zu Mitgliedern der Selbsthilfegruppe außerhalb der Gruppentreffen entwickelten, um sich austauschen zu können. Vereinzelt sagten aber auch Interviewpartner*innen, dass sie beim ersten Besuch des Treffens der Selbsthilfegruppe etwas schüchtern waren, wie auch Dominique Kouri. Ihr war es zunächst auch etwas peinlich, anderen von ihrer Erkrankung zu erzählen, dies legte sich aber bald.

Julia Unruh beschrieb, dass sie sich das erste Mal mit ihrem Krankheitsverlauf und ihren Symptomen in der Selbsthilfegruppe verstanden fühlte.

Lothar Winkler erzählte, dass er eine Selbsthilfegruppe gründete und sich mit dieser auch zum Waldbaden verabredete.

Karl Metz hatte in der Reha eine schlechte Phase und war froh sich mit einer Bekannten aus der Selbsthilfegruppe, der es ähnlich ging, austauschen zu können.

Dominique Kouri erfuhr im Rahmen der Treffen der Selbsthilfegruppe, dass es Gehirntraining gab.

Anna Schwenke-Korac konnte im Rahmen ihrer Selbsthilfegruppe einen Termin mit einem Professor arrangieren, der ihr und den anderen Mitgliedern schneller Termine in einer Long-/Post-COVID-Ambulanz vermittelte.

Einige Interviewpartner*innen äußerten, dass es in Selbsthilfegruppen gelegentlich vorkam, dass sich die Mitglieder gegenseitig verunsicherten oder sich in ihrer Unsicherheit bestärkten. Daher empfahlen sie darauf zu achten, dies nicht zu tun. Die in den Gruppen geteilten Informationen zu Therapien oder anderen Behandlungen wurden teilweise von unseren Interviewpartner*innen kritisch hinterfragt. Einige schlossen mögliche Behandlungen aus, die bislang nicht durch wissenschaftliche Studien (evidenzbasiert) belegt waren. Andere probierten diese aus.

Stella Paul empfand ihre Selbsthilfegruppe ebenfalls als sehr hilfreich, wies jedoch darauf hin, dass man darauf achten müsse, sich nicht gegenseitig unnötig zu verunsichern.

Marie-Luise Torf prüfte die Informationen aus der Selbsthilfegruppe sorgfältig und schenkte ihnen nur dann Vertrauen, wenn sie evidenzbasiert waren.