Behandlungsansätze
Bis zum Jahr 2024, dem Zeitpunkt der letzten Interviews in diesem Erfahrungsbereich, gab es keine standardisierten Behandlungsansätze oder Therapieformen für Long-/ und Post-COVID. Daher konzentrierten sich viele dieser Ansätze auf die Linderung spezifischer Symptome, wie z.B. Müdigkeit, Atembeschwerden, Schmerzen oder kognitive Schwierigkeiten. Diese Ansätze umfassten unter anderem Physiotherapie, psychologische Unterstützung, Schmerztherapie und Behandlungen wie Logopädie oder Ergotherapie.
Viele unserer Interviewpartner*innen berichteten, dass sie verschiedene Ansätze wie psychologische Betreuung, Ergo- und Physiotherapie sowie Logopädie (z. B. Atemtherapie) ausprobiert haben. Einige von ihnen entwickelten daraus ein individuelles Behandlungskonzept, das ihnen Linderung und in manchen Fällen sogar eine Verbesserung ihrer körperlichen Beschwerden brachte (siehe auch „Umgang mit langanhaltenden Symptomen“). Dabei konzentrierten sie sich gezielt auf Behandlungs- und Therapieansätze, die sie als hilfreich und wohltuend empfanden.
Besonders hilfreich war für Sina Steltner die Teilnahme am Reha-Sport-Programm und Psychotherapie.
Felictas Welter lernte mit der Atemtherapie, ihre Symptome zu lindern.
Besonders Interviewpartner*innen mit Myalgischer Enzephalomyelitis/ Chronischem Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) sowie Post-Exertional Malaise (PEM) machten unterschiedliche Erfahrungen mit den oben genannten Behandlungen. Viele berichteten, dass aktivierende Ansätze für sie schwierig waren, da sie ihre Belastungsgrenzen überschritten, was zu einer Verschlechterung ihrer Symptome und sogenannten „Crashs“/Zusammenbrüchen führte . Sie wünschten sich mehr Verständnis dafür, dass körperliche Aktivität bei ME/CFS oder PEM nicht immer hilfreich ist und oft individuell angepasst werden muss. Gleichzeitig beschrieben andere positive Erfahrungen mit Therapeut*innen, die sich im Bereich Long-/Post-COVID weitergebildet hatten. Diese passten ihre Behandlungsansätze gezielt an die individuellen Symptome an und unterstützten unsere Interviewpartner*innen dabei, ihre persönlichen Grenzen besser zu erkennen und zu respektieren.
Einige Interviewpartner*innen erzählten, dass der Zugang zu Behandlungen, wie z.B. Ergo-oder Physiotherapie, aufgrund der großen Entfernungen zu den entsprechenden Einrichtungen schwierig war. Für manche erschwerten die Distanz oder die Schwere ihrer Erkrankung das Reisen zu weiter entfernten Orten, was die Behandlung ihrer langanhaltenden Symptome zusätzlich beeinträchtigte.
Die Mehrheit unserer Interviewpartner*innen war auch in Selbsthilfegruppen aktiv (siehe auch Austausch mit Familie, Freund*innen und Anderen) und tauschte sich dort über ihre Erfahrungen mit Therapien für Long-COVID und das Post-COVID-Syndrom aus. Zu den von den Interviewpartner*innen diskutierten Behandlungsmethoden gehörten u.A. HELP-Apherese, Blutwäschen (Hämodialyse), Homöopathie, Naturheilkunde, Osteopathie, Ernährungsberatung und/oder Höhentherapie. Einige Interviewpartner*innen waren durch ihren Gesundheitszustand so stark belastet, dass sie verzweifelt nach Möglichkeiten suchten, ihre langanhaltenden Symptome zu lindern. In ihrer Hoffnung auf Besserung probierten sie verschiedene Therapieansätze aus. Andere hingegen betonten, dass ihnen wissenschaftliche Belege fehlten, um diese Therapien in Erwägung zu ziehen. Welche Therapien unseren Interviewpartner*innen halfen und welche nicht, war sehr unterschiedlich. Vielen halfen Entspannungstechniken (z.B. Meditation und Qi Gong), Ernährungsumstellungen, Akupunktur und Osteopathie, während andere keine Besserung durch diese Methoden erfuhren.
Regina Kopp half die Osteopathie.
Einige der genannten Behandlungsansätze, wie z.B. Hämodialysebehandlung (Blutwäsche), waren wissenschaftlich noch nicht bestätigt und wurden nicht von der Krankenkasse übernommen. Die Kosten trugen die Interviewpartner*innen.