Erfahrungen mit Rehamaßnahmen ohne Spezialisierung auf Long-/Post-COVID

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie gab es in Deutschland nur wenige Rehabilitationskliniken, die auf die Behandlung von Long- oder Post-COVID spezialisiert waren. Laut der Deutschen Rentenversicherung stieg diese Zahl bis 2024 auf etwa 100 spezialisierte Kliniken an.

Die Mehrheit unserer Interviewpartner*innen berichtete, dass die Wartelisten für einen Platz in spezialisierten Einrichtungen bis ins Jahr 2024 lang waren. Daher wurden viele von ihnen zunächst in Rehabilitationskliniken geschickt, die nicht auf Long-/Post-COVID ausgerichtet waren. Sie erzählten, dass sie stattdessen in Einrichtungen für neurologische, kardiologische oder psychosomatische Rehabilitation behandelt wurden.

Lore Pfeffer wartete monatelang auf ihre Reha und konnte schließlich eine psychosomatische Maßnahme antreten. Trotz Nachfrage wurde ihr keine Long-COVID-Reha angeboten.

Die von den Interviewpartner*innen beschriebenen Anwendungen während ihrer Rehamaßnahmen umfassten: Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Body-Mind Therapie (Einklang Körper und Geist) und Atemtherapie sowie Entspannungstechniken wie Qi Gong. Einige Interviewpartner*innen beschrieben, dass ihnen die Reha trotz fehlendem Long-/Post-COVID Fokus guttat, sie etwas zur Ruhe kommen konnten und/oder sich manche Symptome verbesserten.

Ruth Großer besuchte eine psychosomatische Reha-Maßnahme und hatte aufgrund ihrer Fatigue keine Kraft für aktivierende Therapieangebote. Sie empfand die Reha trotzdem erholsam.

Sina Steltner besuchte eine Rehabilitation mit dem Fokus auf Herz-Kreislauf. Sie konnte zwar ihre Leistung in der Reha etwas steigern, machte sich selbst aber zu viel Druck.

Aktivierende Behandlungsansätze waren besonders für unsere Interviewpartner*innen mit starker Erschöpfung, Myalgischer Enzephalomyelitis (ME), Chronischem Fatigue-Syndrom (CFS) und Post-Exertioneller Malaise (PEM) überfordernd und führten eher zu einer Verschlimmerung der Symptome. Viele der Interviewpartner*innen hatten daher den Eindruck, dass während der Rehamaßnahme wenig auf ihre Symptome eingegangen wurde und kein individuell zugeschnittener Therapieplan vorhanden war. Sie empfanden, dass ihnen nicht zugehört wurde und sie nicht ernst genommen wurden. Weil sie keine Besserung in der Rehamaßnahme erlebten, entschieden sich einige unserer Interviewpartner*innen, diese vorzeitig abzubrechen, auch wenn der Abbruch ihrer Reha Konsequenzen für ihr Krankengeld bedeuten konnte. Andere beantragten nach der psychosomatischen oder neurologischen Reha sofort eine „Long-/Post-COVID“- Reha.

Die Symptome von Karl Metz wurden in der neurologischen Reha schlimmer, daher beantragte er im Anschluss sofort eine Rehamaßnahme in einer Klinik, die sich auf Long-/Post-COVID spezialisiert hatte.

Felicitas Welter beschrieb detailliert über ihre Erfahrungen in einer psychosomatischen Reha mit Extra-Programm für Long-Post-COVID, in der sich ihre Symptome verschlimmerten und die sie schließlich nach neun Tagen abbrach.