Die Erfahrungen von Natascha Kipp

Portrait Zum Zeitpunkt des Interviews im April 2024 lebte die 42-jährige Natascha Kipp mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in einem Haus. Vor ihrer COVID-19-Infektion im April 2022 war sie dreifach geimpft. Drei Wochen nach ihrer Erkrankung testete sie sich erneut positiv und erlebte bei der zweiten Infektion Symptome wie Glieder- und Kopfschmerzen sowie postexertionale Malaise (PEM), die über Monate anhielten. In den folgenden Monaten testete sie sich mit Antigen-Schnelltests mehrfach auf das Virus positiv (Rebound-Effekt), zuletzt im Dezember 2023. Ihre Post-COVID-Diagnose mit ausgeprägter Fatigue erhielt sie im November 2022 in einer Post-COVID-Ambulanz.

Der Sohn und der Ehemann von Natascha Kipp bekamen nach einem Konzert hohes Fieber und Husten. Ihr Sohn wurde mit einem Antigen-Schnelltest positiv auf das Coronavirus SARS-Cov-2 getestet, woraufhin sich die Familie gemäß den damals geltenden Schutzmaßnahmen zu Hause isolierte. Freunde versorgten sie mit Lebensmitteln. Natascha Kipp und ihrem Mann war es wichtig, dass sich ihre Kinder während einer solchen Erkrankung gut betreut fühlen und isolierten sich deshalb bewusst nicht von ihrem Sohn zu Hause. Kurz nacheinander erkrankte erst ihr Mann, dann ihre Tochter. Natascha Kipp testete sich als letzte positiv und beschrieb ihren Verlauf als mild. Sie hatte Husten und Schnupfen. Geholfen hat ihr vor allem, dass sie ihr Asthmaspray in dieser Zeit höher dosieren konnte.

Da Natascha Kipp im medizinischen Sektor arbeitete, testete sie sich im Frühjahr 2022 gemäß den damals geltenden Schutzmaßnahmen regelmäßig vor Dienstbeginn mit Antigen-Schnelltests. Wenige Wochen nach ihrer ersten Erkrankung fiel ein Antigen-Schnelltests positiv aus, auch ein PCR-Test bestätigte die erneute Infektion. Diese zweite Infektion unterschied sich deutlich von der ersten: Natascha Kipp entwickelte Symptome wie Brainfog, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und starke Erschöpfung.

Danach testete Natascha Kipp sich etwa alle drei Wochen mit einem Antigen-Schnelltest positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2, während die PCR-Tests negativ ausfielen. Während dieser Zeit litt sie an kognitiver Trübung (Brainfog), Kopf- und Gliederschmerzen. Wegen der anhaltenden Erschöpfung suchte Natascha Kipp ihre Hausärztin auf. Diese überwies sie an eine Post-COVID-Ambulanz, wo sie im November 2022 einen Termin erhielt. Dort wurde eine Post-COVID-Diagnose mit ausgeprägter Fatigue (Erschöpfung) gestellt und ihr wurde eine Rehabilitation empfohlen.

Während der Wintermonate arbeitete Natascha Kipp weiter, ohne auf ihre Belastungsgrenzen zu achten, und wurde sehr erschöpft. Sie setzte bei ihrem Arbeitgeber durch, dass sie hauptsächlich im Homeoffice arbeitete. Das ermöglichte ihr, ihre Arbeitszeiten flexibel zu gestalten und sich während der Arbeit ausreichend Pausen zu gönnen. Im März 2023 verschlechterten sich ihre kognitiven Fähigkeiten und sie hatte Schwierigkeiten, Gespräche zu führen. Aufgrund ihrer zunehmenden Symptome beschloss Natascha Kipp, sich krankschreiben zu lassen. Da die Post-COVID-Ambulanz erst am Ende des nächsten Quartals einen Termin anbieten konnte, suchte sie nach alternativer Unterstützung. Sie schloss sich einer Selbsthilfegruppe an, erkannte, dass ihre Beschwerden auf Überlastung und nicht auf Infektionen zurückzuführen waren, und fand eine Ergotherapeutin, die auf Post-COVID-Therapie spezialisiert war und sie seither beriet.

Im Mai 2023 stellte Natascha Kipp einen Antrag auf Rehabilitation, der im Juni abgelehnt wurde, da ihre Erwerbsfähigkeit als nicht gefährdet oder gemindert angesehen wurde. Daraufhin legte sie Widerspruch ein. Im Januar 2024 wurde dem Widerspruch stattgegeben.

Im Dezember 2023 erkrankte sie erneut an COVID-19. Obwohl ihr erster Antigen-Schnelltest negativ war, spürte sie bereits, dass sie COVID-19 hatte, da sich ihr Zustand rapide verschlechterte. Am Abend war der Test positiv und sie begann sofort mit der Einnahme von einem antiviralen Arzneimittel. Trotz der Medikation hatte sie in der Nacht starken Schüttelfrost. Einige Tage später kam es zu einem erneuten Aufflackern der Symptome (Rebound-Effekt), was sich in erneutem Fieber und allgemeinem Unwohlsein äußerte. Durch den erneuten Infekt verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand.

Im März 2024 absolvierte Natascha Kipp eine auf chronische Müdigkeit spezialisierte Rehabilitation, bei der kognitive Beeinträchtigungen und Gleichgewichtsprobleme festgestellt wurden. Sie erfuhr, dass sie inzwischen eine hirnorganische Schädigung erlitten hatte und derzeit nicht mehr arbeitsfähig war.

Zum Zeitpunkt des Interviews im April 2024, etwa zwei Jahre nach ihrer ersten COVID-19-Infektion, war Natascha Kipp arbeitsunfähig. In der Ergotherapie kombinierte sie Aufmerksamkeitstraining zur Verbesserung ihrer kognitiven Fähigkeiten mit Übungen zum Wiederaufbau ihres durch die Krankheit beeinträchtigten Selbstwertgefühls. Nach der Reha wurden auch Gleichgewichtsübungen in die Therapie integriert. Darüber hinaus lernte sie mit Hilfe von Tagebüchern und Pacing-Strategien, ihre Überlastung besser einzuschätzen, da sie Schwierigkeiten hatte, ihre eigenen Grenzen zu erkennen.