Die Erfahrungen von Mara von Peter
Zum Zeitpunkt des Interviews im November 2023 war Mara von Peter 24 Jahre alt und lebte mit ihren Mitbewohner*innen in einer Großstadt. Sie war Studentin und arbeitete nebenbei Teilzeit in einem Unternehmen. Vor ihrer Infektion mit SARS-CoV-2 im Mai 2022 hatte sie bereits eine COVID-Impfung erhalten. Während der akuten Infektion litt sie unter Fieber, Husten und Schnupfen. Auch Monate später erlebte sie weiterhin anhaltende Symptome wie Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Atemprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten. Ihre Hausärztin diagnostizierte bei ihr Long-COVID und Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS). Im August 2023 erkrankte sie erneut an COVID-19.
Im Jahr 2021 ließ sich Mara von Peter mit einem COVID-Impfstoff impfen, der als Einzeldosis empfohlen wurde. Nach der Impfung verspürte sie leichte Erkältungsbeschwerden, die jedoch nach wenigen Tagen wieder abklangen.
Im Mai 2022 lebte Mara von Peter in einer großen Wohngemeinschaft und war in dieser Zeit sehr vorsichtig. Sie trug überall eine FFP2-Maske, um sich und andere vor einer möglichen COVID-19-Infektion zu schützen. Einer ihrer Mitbewohner zeigte zu dieser Zeit Erkältungssymptome und hatte ein positives Testergebnis. Kurz darauf bemerkte auch Mara von Peter erste Erkältungssymptome wie Husten und testete sich positiv. Das war kurz vor ihrem geplanten Umzug. Entsprechend den damaligen Schutz- und Hygienemaßnahmen isolierte sie sich sofort in ihrem Zimmer und trug in der Wohnung weiterhin eine FFP2-Maske, ebenso, wenn sie gelegentlich Spaziergänge unternahm. Mara von Peter bekam Husten, Schnupfen, Schüttelfrost und Fieber und fühlte sich sehr erschöpft, ähnlich wie nach der COVID-Impfung. Zwei bis drei Tage blieb sie im Bett, bevor es ihr etwas besserging. In dieser Zeit trank sie viel Salbeitee in der Hoffnung, die Symptome schnell loszuwerden. Eine Woche später bekam sie plötzlich Atemnot, Herzstolpern und Herzrasen, was sie sehr beunruhigte. Entspannungsübungen halfen nicht, also rief sie die 116117 an. Die Mitarbeiter*innen beruhigten sie und empfahlen ihr einen nahen gelegenen Arzt, der auf COVID-19 spezialisiert war. Dieser beruhigte sie, dass die Symptome vorübergehen würden. Sie wurde insgesamt 12 Tage lang positiv getestet, auch am Tag des Umzugs. Da der Umzugstermin nicht verschoben werden konnte, öffnete sie die Fenster und hielt Abstand zu den Umzugshelfer*innen.
Die Erschöpfung und Atemprobleme, die Mara von Peter während und nach der Infektion verspürte, hielten auch Wochen danach noch an. Vor der Infektion studierte sie zwei Fächer parallel, merkte aber, dass sie dazu kognitiv nicht mehr in der Lage war. Deshalb reduzierte sie ihr Studium auf ein Fach. Sie begann auch einen neuen Job. Trotz der zusätzlichen Belastung ruhte sie sich viel aus.
Im Dezember 2022 erkrankte Mara von Peter an einer Erkältung unbekannter Ursache, die ihre Erschöpfung nochmal verstärkte. Sie reduzierte daraufhin ihre Arbeitszeit und ließ sich häufiger krankschreiben. Ihr Zustand verschlechterte sich weiter, sie brauchte viel Schlaf, sie hatte Schmerzen in den Händen und im Brustkob, konnte nur noch etwa 250m am Stück gehen, konnte Gesprächen kaum folgen und hatte Schwierigkeiten, ihre Studienarbeiten selbst in kleinen Schritten von 20min zu formulieren. Sie musste in dieser Zeit neben dem Nachtschlaf bis zu 6 Stunden am Tag mit verbundenen Augen ruhen. Sie konsultierte verschiedene Ärzt*innen, darunter auch Kardiolog*innen, doch es wurden keine Auffälligkeiten festgestellt.
Der Austausch und die Informationen in einer Selbsthilfegruppe für Long-/Post-COVID-Betroffene halfen Mara Leonhardt, besser mit der Situation umzugehen. Sie erfuhr dort, dass nicht alle Reha-Maßnahmen hilfreich waren und entschied sich für einen Aufenthalt in einem Kloster, was sie als ihre Reha bezeichnete. Trotz der Erholung fühlte sie sich weiterhin sehr schwach und ihre Konzentration verbesserte sich nur langsam. Sie nahm Kontakt zu ihrer Hausärztin auf, die sie seit ihrer Kindheit kannte und die die Diagnose Long-COVID und ME/CFS bestätigte.
Im März 2023 besuchte sie erneut das Kloster, was sie rückblickend als Wendepunkt bezeichnete. Der Aufenthalt bot ihr einen stressfreien Alltag mit einem klaren Tagesrhythmus, frischer Luft, Gebeten und der Unterstützung der Gruppe. Ihre Freunde organisierten für sie einen Rollstuhl, der es ihr ermöglichte, längere Spaziergänge zu machen und sich zwischendurch auszuruhen. Auch zu Hause half ihr ein Rollstuhl, ihre Grenzen zu wahren und Überlastungen zu vermeiden. Außerdem entschied sie sich für ein Urlaubssemester, da die Bedingungen für eine Verlängerung der Masterarbeit zu unsicher waren. Dies brachte Erleichterung. Durch diszipliniertes Einhalten der Belastungsgrenze verbesserte sich Mara Leonhardts Gesundheitszustand nach und nach. Die Einführung des Jobsharings mit einer Kollegin verringerte den Druck, bei Erschöpfung durchhalten zu müssen. Trotz gelegentlicher Rückschläge machte sie Fortschritte, indem sie ihren Puls überwachte und ihre Aktivitäten anpasste. Alltägliche Dinge wie das Putzen des Badezimmers und kleine Spaziergänge wurden wieder möglich. Sie erzählte auch von ihrem großen Traum, zur Weltsynode nach Rom zu reisen. Diese Reise konnte sie in Etappen antreten und war für sie eine Bestätigung, dass wieder mehr möglich war.
Im August 2023 infizierte sie sich erneut mit COVID-19. Auch in dieser Zeit blieb sie in ihrem Zimmer isoliert und betrat die Gemeinschaftsräume ihrer Wohngemeinschaft nur mit FFP2-Maske und viel Lüften. Von dieser erneuten Infektion erholte sie sich vollständig.
Zum Zeitpunkt des Interviews, fast eineinhalb Jahre nach ihrer COVID-19-Infektion, konnte Mara von Peter wieder einige Stunden arbeiten. Obwohl ihr Puls oft zu hoch war und sie unter Atemnot litt, hatte sie gelernt, sich nicht stressen zu lassen. Sie hörte auf ihren Körper und legte sich ins Bett, wenn sie erschöpft war. An manchen Tagen verbrachte sie den ganzen Tag im Bett und hoffte auf Heilung. Die Unterstützung und Liebe ihrer Mitmenschen tat ihr sehr gut. Auch ihr Glaube gab ihr immer viel Kraft.