Die Erfahrungen von Irmgard Steinert
Zum Zeitpunkt des Interviews im Juni 2024 war Irmgard Steinert 65 Jahre alt und lebte gemeinsam mit ihrem Mann in einem Haus. Aufgrund einer Autoimmunerkrankung bezog sie bereits seit Jahren eine Erwerbsminderungsrente. Im Dezember 2020 infizierte sich Irmgard Steinert zum ersten Mal mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Nach dieser Infektion entwickelte sie anhaltende Symptome wie Erschöpfung und Konzentrationsschwierigkeiten. Im Jahr 2021 erhielt sie in einer Post-COVID-Ambulanz die Diagnose Post-COVID und ließ sich im selben Jahr zweimal mit dem COVID-Impfstoff impfen. Dennoch erkrankte sie im Juni 2022, im Februar 2023 und im Dezember 2023 erneut an COVID-19, was ihre langanhaltenden Symptome weiter verschlechterte.
Im Dezember 2020 erlebte Irmgard Steinert einen milden Verlauf ihrer COVID-19-Erkrankung. Etwa vier Wochen später fühlte sie sich jedoch ständig müde und erschöpft. Sie war sich jedoch nicht sicher, ob dies an ihren Vorerkrankungen, einer Autoimmun- und einer Krebserkrankung, lag. Aufgrund der Autoimmunerkrankung bezog sie bereits seit Jahren eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Irmgard Steinert litt bereits seit über 20 Jahren unter Atemnot bei Belastung, die sich nun ebenfalls verschlimmerte. Zudem entwickelte sie starke Konzentrationsstörungen und hatte zunehmend Schwierigkeiten, mit Stress umzugehen. Vor allem abends, nach einem anstrengenden Tag, hatte sie Wortfindungsstörungen. Dies verschlimmerte sich mit der Zeit.
Im Spätsommer 2021 suchte Irmgard Steinert wegen ihrer Autoimmunerkrankung eine interdisziplinäre Sprechstunde in einer Klinik auf. Ein Arzt schlug vor, sie stationär aufzunehmen, um mehrere Untersuchungen gleichzeitig durchführen zu können. Irmgard Steinert willigte zwar ein, wurde aber bald wieder entlassen, weil die Betten dringend gebraucht wurden und kaum Untersuchungen stattfanden. Das Krankenhaus bot jedoch Post-COVID-Ambulanzen in den Bereichen Kardiologie, Atemwege und Neurologie/Psychiatrie an. Sie wurde der neurologischen Abteilung zugewiesen und erhielt im September 2021 einen Termin beim Chefarzt, der bei ihr Post-COVID diagnostizierte und eine Rehabilitation empfahl. Irmgard Steinert beantragte daraufhin zunächst eine Reha, sagte diese aber ab, da die zugewiesene Klinik einen schlechten Ruf hatte und sie sich unwohl fühlte.
Im Jahr 2022 befand sich Irmgard Steinert in einer Spezialklinik, in der sie aufgrund ihrer Autoimmunerkrankung alle zwei Jahre behandelt wurde. Dort stieß sie mit ihren Langzeitsymptomen, insbesondere der Erschöpfung, auf wenig Verständnis. Der Chefarzt, ein Kardiologe, drängte auf körperliche Aktivität, der sie aufgrund ihrer Erschöpfung nicht nachkommen konnte. Erst nach einem Gespräch mit der Oberärztin konnte der Behandlungsplan angepasst werden.
Ende Juni 2022 erkrankte Irmgard Steinert trotz Schutzmaßnahmen erneut an COVID-19. Obwohl der Verlauf milde war, verschlechterten sich ihre anhaltenden Symptome wie Konzentrationsstörungen, starke Müdigkeit, Erschöpfung und Wortfindungsstörungen. Sie bemerkte, dass Überanstrengung zu einem Zusammenbruch oder "Crash" führte, der sie 24 bis 48 Stunden später völlig außer Gefecht setzte. Im Februar 2023 erkrankte Irmgard Steinert zum dritten Mal an COVID-19 mit Fieber und zwei Tagen völliger Erschöpfung. Obwohl sie sich danach besser fühlte, verschlechterten sich ihre anhaltenden Symptome weiter. Noch im selben Monat schloss sie sich einer neu gegründeten Selbsthilfegruppe für Post- und Long-COVID-Betroffene an, die sich alle sechs Wochen traf und auch Öffentlichkeitsarbeit betrieb.
Irmgard Steinert versuchte, sich Ziele zu setzen, erlebte aber immer wieder Rückschläge in Form von Erschöpfung, insbesondere nach starken Anstrengungen. Auf Reisen benötigte sie beispielsweise regelmäßig Pausen, um sich zu erholen.
Im Dezember 2023 hatte Irmgard Steiner ihre vierte Corona-Infektion, bei der sie zwei Tage im Bett lag, kaum aß, aber versuchte zu trinken. Das viele Schlafen half ihr, sich etwas zu erholen. Dennoch blieben die langanhaltenden Symptome bestehen.
Zum Zeitpunkt des Interviews im Juli 2024 wartete Irmgard Steinert immer noch auf einen neuen Reha-Antrag, den eine Neurologin seit Februar 2024 stellen will. Sie versuchte weiterhin, ihre Grenzen im Alltag einzuhalten. Eine große Unterstützung war ihr Physiotherapeut, der individuell auf ihre Bedürfnisse einging und sehr flexibel in der Behandlung war.