Die Erfahrungen von Sophia Gesinger

Portrait Sophia Gesinger ist 24 Jahre alt und wartet aktuell auf einen Masterstudienplatz. Sie war viele Jahre Leistungssportlerin und nahm über das Training und das Einschränken von Essen Gewicht ab. Als sie mit dem Verzicht nicht mehr klarkam, hatte sie zunehmend Ess-Brech-Anfälle, die sie durch die hohen Ausgaben für das Essen auch finanziell belasteten. In schwierigen Momenten hilft es ihr, ihre Gedanken aufzuschreiben.

Sophia Gesinger erzählt, dass sie lange Zeit Laufen als Leistungssport betrieb. Nach einem Vereinswechsel in der Jugend trainierte sie viel mehr und intensiver, wodurch sie Gewicht verlor. Als ihre Mutter erzählte, dass sie darauf angesprochen wurde, fand Sophia Gesinger das gut. Sie begann, Mahlzeiten auszulassen und ihr Essen zu reduzieren, wodurch sie weiter abnahm. Schließlich kam sie mit dem dauernden Verzicht nicht mehr klar. Wenn sie das Gefühl hatte, zu viel gegessen zu haben, trieb sie vermehrt Sport und begann schließlich auch zu erbrechen. Sophia Gesinger erzählt, dass sie dachte, sie könne damit einfach wieder aufhören, doch die Ess-Brech-Anfälle wurden schnell immer häufiger.

Als Sophia Gesinger für einen einjährigen Auslandsaufenthalt in die USA ging, dachte sie, sie könne dort das Essen und Erbrechen sein lassen, was ihr jedoch nicht gelang. Im Nachhinein denkt sie, sie hätte den Aufenthalt viel mehr genießen können, wenn sie nicht so sehr mit dem heimlichen Besorgen von Essen und Erbrechen beschäftigt gewesen wäre. Ihre Gastfamilie erfuhr schließlich von der Essstörung und sie handelten aus, dass Sophia Gesinger mit ihrer Familie sprechen sollte, sobald sie wieder zuhause war.

Nach ihrer Rückkehr verheimlichte Sophia Gesinger ihre Essstörung weiter. Schließich sprach ihre Mutter sie darauf an, und sie begann eine ambulante Psychotherapie, die Essstörung blieb jedoch. Sophia Gesinger schildert, dass die Ess-Brech-Anfälle mit der Zeit richtig teuer wurden. Sie jobbte und finanzierte sich damit die Lebensmittel für die Essanfälle. Manchmal nahm sie heimlich Geld von ihren Eltern, was ihr leidtut. Sie berichtet, dass sie immer mehr das Gefühl hatte, ein Doppelleben zu führen, da sie weiterhin das Ausmaß ihrer Essstörung verheimlichte, die mittlerweile sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Auch Partnerschaften zerbrachen daran.

Als sie sich während ihres Studiums eingestand, dass sie Hilfe brauche, organisierte Sophia Gesinger zwei Klinikaufenthalte. Diese halfen ihr, wieder eine Tagesstruktur aufzubauen. Auch den Kontakt zu anderen Betroffenen fand sie hilfreich. Sie erzählt, dass es ihr guttat und sie zur Ruhe brachte, als sie ein Stück des Jakobswegs lief, die Essstörung sie jedoch auch dort begleitete.

Momentan wartet Sophia Gesinger auf einen Masterstudienplatz und lebt vorübergehend wieder bei ihren Eltern. Sie erzählt, dass es ihr weiterhin schwerfällt, mit den Ess-Brech-Anfällen umzugehen. Es fällt ihr leichter, wenn sie einen geregelten Tagesablauf hat und zum Beispiel durch Freunde abgelenkt ist. Wenn ihre Gedanken um das Essen wieder mehr werden, hilft es ihr, sie aufzuschreiben.

Das Interview wurde im Herbst 2016 geführt.

 

Alle Interviewausschnitte von Sophia Gesinger

Sophia Gesinger ermutigt, bei Rückschlägen nicht aufzugeben.

Sophia Gesinger rät dazu, nicht direkt das Essen anzusprechen, sondern sich zu erkundigen, wie es der Person geht.

Sophia Gesinger dachte, sie könne das Erbrechen einfach wieder lassen, aber es wurde im Gegenteil schnell immer häufiger.

Sophia Gesingers Beziehung zerbrach auch deshalb, weil sie die Essstörung geheim halten wollte.

Sophia Gesinger ekelt sich vor dem Erbrechen, hält es jedoch nicht aus, es zu lassen.

Sophia Gesinger nutzte einen Arztwechsel, um Klartext zu reden.

Sophia Gesinger wollte irgendwann intensive Hilfe, weil sie merkte, dass sie es anders nicht aus der Essstörung heraus schaffen würde.

Sophia Gesinger fand in anderen Betroffenen eine große Unterstützung.

Sophia Gesinger konnte ihre Therapie nicht fortführen, obwohl sie eigentlich ganz zufrieden war.

Sophia Gesinger denkt im Nachhinein, in der Klinik hätte man mehr darauf achten müssen, dass sie ihr Gewicht richtig hält.

Sophia Gesinger fand es hilfreich, dass sie in der Klinik ermutigt und unterstützt wurde, die besprochenen Dinge umzusetzen.

Im geregelten Alltag rücken die Gedanken zum Essen bei Sophia Gesinger in den Hintergrund. Freie Zeiten und Langeweile sind für sie schwieriger.

Sophia Gesinger gab alles Ersparte für Essen aus und nahm in der Not auch Geld von anderen.

Sophia Gesinger macht sich beim gemeinsamen Essen Gedanken, was die anderen gerade über sie und das Essen denken.

Für Sophia Gesinger ist es einfacher, nach einer Portion mit dem Essen aufzuhören, wenn jemand dabei ist.

Sophia Gesinger hat es schon geholfen, ihre Gedanken ums Essen aufzuschreiben, wenn sie wieder mehr werden.

Sophia Gesinger findet es gerade bei Essanfällen hilfreich, zu verstehen, was sie in dem Moment wirklich braucht.

Sophia Gesinger erzählt, dass während eines Essanfalls alles andere unwichtig wurde.

Sophia Gesinger erzählt, wie zeitintensiv das Einkaufen für die Essanfälle ist.