Die Erfahrungen von Timo Lindner

Portrait Symptomatische Epilepsie, fokale Anfälle. Timo Lindner ist 38 Jahre alt. Als er 3 Jahre alt war, wurde bei ihm Epilepsie diagnostiziert. Er besuchte eine Sprachheilschule, machte nach einem sehr guten Abschluss eine Lehre und arbeitete heute im Verkauf. Seit kurzem ist er zeitlich berentet. Timo Lindner lebt in einer festen Partnerschaft und hatte seit einer Operation im Jahr 2009 keine Anfälle mehr.

Timo Lindner schildert, dass seine Mutter bereits als er zwei war, bemerkte, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmt. Zu Anfang wurden die Bedenken der Mutter von den Ärzten nicht ernst genommen. Das auffällige Verhalten ihres Sohnes, was sich unter anderem in Absencen, Schmatzen, starrem Blick und Müdigkeit zeigte, wurde damals nicht als Epilepsie erkannt.

Die Anfälle traten bei Timo Lindner sowohl nachts, als auch tagsüber auf. Die Abstände waren unregelmäßig; große Anfälle kamen eher selten vor. Er betont, dass sowohl negative als auch positive Situationen und Gefühle Auslöser für die Anfälle waren. Große Freude hatte beispielsweise häufig einen Anfall zu Folge.

Timo Lindner verbrachte in den darauffolgenden Jahren immer wieder längere Zeit in einem Spezialzentrum für Epilepsie. Er erzählt, dass die Klinik wie eine zweite Heimat für ihn wurde. Die Einstellung mit Medikamenten erwies sich als äußerst schwierig. Da trotz mehrfacher Versuche, eine geeignete Medikation für ihn zu finden, die Anfälle nie weniger wurden, entschloss er sich im Jahr 2009, einen operativen Eingriff durchführen zu lassen. Die Operation verlief komplikationslos und seitdem hatte Timo Lindner keine Anfälle mehr. Einerseits ist er darüber sehr glücklich, da ihm die Situation erlaubt, nun den Führerschein zu machen und beruflich wiedereinzusteigen. Andererseits schildert er, dass er sich innerlich erst an die neue Situation gewöhnen muss, nachdem er sein ganzes Leben mit den Anfällen und der Epilepsie gelebt hat.

Wenn Timo Lindner an seine Kindheit denkt, erinnert er sich, dass es ihm schwer fiel zu verstehen, was mit ihm los war. Er konnte den Sinn der Medikamenteneinnahme nicht verstehen und fand die Schilderungen seiner Mutter von seinen nächtlichen Anfällen komisch, von denen er selbst nichts mitbekam. Erst als er schließlich in seiner Jugend für eine längere Zeit in einem Internat war, begann er seine Krankheit kennenzulernen und zu begreifen.

Er schildert, wie schwer es ihm fiel, seine Erkrankung anzunehmen und wie er Gefühle von Wut und Zorn durchlebte. Verbote seiner Mutter, die diese aus Sorge um ihren Sohn aussprach, verschlimmerten seine Frustration. Heute nimmt Timo Lindner an, dass die Medikamente ebenfalls Einfluss auf seine Stimmung gehabt haben.

In seinem Umfeld erlebte Timo Lindner häufig Ablehnung gegenüber Epileptikern. Aus diesem Grund verschwieg er seine Diagnose oft und war lange Zeit zurückhaltend, offen darüber zu sprechen. Er erzählt, dass er sich durch die Operation befreit fühlt und nun eine neue Geschichte beginnen kann.

Dieses Interview wurde im Sommer 2011 geführt.

 

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