Die Erfahrungen von Dagmar Schuster
Idiopathische Epilepsie, tonisch-klonische Anfälle. Dagmar Schuster ist 53 Jahre alt und lebt mit ihrem Partner zusammen. Im Alter von 18 Jahren traten bei ihr Anfälle auf. Über Jahre hatte sie tonisch-klonische Anfällen und Absencen, nun ist sie seit einigen Jahren anfallsfrei. Trotz großer Hindernisse hat Dagmar Schuster eine Ausbildung zur Bürofachhelferin erfolgreich absolviert und arbeitet heute, zusätzlich zu ihrer Frührente, in einem Sozialberuf.
Von den ersten Anfällen bis zur eindeutigen Diagnose einer idiopathischen generalisierten Epilepsie war es für Dagmar Schuster ein langer Weg mit einigen Fehldiagnosen und Rückschlägen. Sie erzählt, dass die Ursache ihrer Anfälle bis heute nicht eindeutig geklärt ist. Sie vermutet, schon in ihrer Kindheit unbemerkt unter Absencen gelitten zu haben.
Während der Anfangszeit der Anfälle gab es immer wieder Probleme mit der Einstellung der Medikamente. Nach einiger Zeit verloren diese an Wirkung und die Anfälle traten wieder auf. Als sie noch sehr jung war, wurde sie trotz Einnahme der Antibaby-Pille ungewollt schwanger, da sie nicht über die Wechselwirkungen der Pille mit diesen antiepileptischen Medikamenten informiert war. Dagmar Schuster wünscht sich heute in der Rückschau und für andere Betroffene kompetentere Ärzte und Psychologen zur Betreuung.
Im Elternhaus fand Dagmar Schuster nicht den notwendigen Rückhalt, so dass sie früh beschloss, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie schildert, dass sie gegen viele Widerstände kämpfen musste, als sie mit Anfang 20 eine Umschulung zur Bürofachhelferin machte, da viele Menschen ihr aufgrund der Krankheit, keinen erfolgreichen Abschluss zutrauten. Davon unbeirrt beendete Dagmar Schuster ihre Ausbildung, wurde jedoch aufgrund der Erkrankung kurze Zeit später frühberentet. Heute arbeitet sie stundenweise zusätzlich zu ihrer Rente in einem Sozialberuf.
Lange Zeit zog Dagmar Schuster sich aufgrund der Ablehnung, die ihr wegen der Anfälle entgegen gebracht wurde, zurück. Über Kontakte zu anderen Betroffenen und Selbsthilfegruppen kam sie Stück für Stück wieder aus sich heraus. Die Gemeinschaft mit anderen, die die gleichen Probleme haben, war für sie in dieser Zeit sehr hilfreich.
Da Dagmar Schuster seit einigen Jahren anfallsfrei ist, legt sie heute nicht mehr jedem gegenüber ihre Anfälle offen. Auf diese Weise versucht sie, eine Benachteiligung z.B. durch Arbeitgeber zu vermeiden. Sie erzählt, wie sie mit der Zeit ein feines Gespür entwickelt hat, wem sie von der Erkrankung erzählen kann, und wer kein Verständnis dafür aufbringt. In ihrer Freizeit kann Dagmar Schuster heute wieder Auto fahren, macht Sport und versucht, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.
Große Willenskraft und der Glaube an sich selbst helfen Dagmar Schuster bis heute mit den Auswirkungen ihrer Anfälle umzugehen. Sie beschreibt sich als Kämpfernatur und appelliert auch an andere, es immer zu versuchen. Vor einigen Jahren gründete sie mit Unterstützung eines Arztes eine Selbsthilfegruppe; das war für sie eine wichtige Erfahrung, die jedoch auch einige Konflikte mit sich brachte. Heute findet Dagmar Schuster Kraft in kreativen Tätigkeiten, wie Malen, Trommeln und Wandern.
Das Interview wurde im Frühjahr 2012 geführt.
Alle Interviewausschnitte von Dagmar Schuster
Dagmar Schuster machte schlechte Erfahrungen mit Arbeitgebern.
Dagmar Schuster kann wieder Auto fahren, seit sie anfallsfrei ist.
Dagmar Schuster wollte sich jahrelang nicht mit ihrer Erkrankung beschäftigen
Dagmar Schuster fand in der Selbsthilfe Gleichgesinnte
Dagmar Schuster erzählt, dass ihr das Autofahren anfangs wegen der Konzentration sehr schwerfiel
Dagmar Schuster berichtet, wie schwer es ist, einen Psychotherapieplatz zu bekommen