Die Erfahrungen von Sedat Gencay
Zum Zeitpunkt des Interviews ist Sedat Gencay 35 Jahre alt. Er ist Feinmechaniker, verheiratet und hat zwei Töchter. 1999 musste Herr Gencay wegen akuter Magenschmerzen ins Krankenhaus und erfährt dort, dass er Diabetes hat. Er war zu diesem Zeitpunkt gerade erst 24 Jahre alt. Herr Gencay nimmt Tabletten und spritzt Insulin.
Nachdem Sedat Gencay bereits seit 1996 immer wieder wegen Magenschmerzen in ärztlicher Behandlung war, wurden an einem Wochenende im Jahr 1999 die Magenschmerzen so heftig, dass er als Notfall in die Universitätsklinik eingewiesen wurde. Dort wurde dann als Ursache für seine Schmerzen Diabetes festgestellt. ( )
Da er den Diabetes nicht spürte, lebte er wie gewohnt weiter. Auch sein Übergewicht nahm weiter zu. Ein dramatischer Herzinfarkt leitete dann im Jahr 2008 eine Wende im Leben von Sedat Gencay ein. Den Herzinfarkt erlebte er wie „einen Schlosserhammer vor das Gesicht“. ( ) Nun erklärte er sich auch zu einem Aufenthalt in einer Diabetesklinik bereit. Ganz entscheidend war dort eine Diabetesberaterin, die mit ihm in seiner türkischen Muttersprache über den Diabetes sprach. Ihr sollte Herr Gencay zunächst einmal zeigen, wie er zu Hause isst, um dann behutsam einiges zu ändern. Motivierend war auch ein Schild in der Klinik „Verbote sind verboten“. Auch das war ein Wendepunkt, weil er früher immer versuchte, auf alles, was ihm schmeckte, zu verzichten - und dies nach einiger Zeit immer ins Gegenteil umschlug. ( )
Ein weiterer Wendepunkt nach dem Aufenthalt in der Diabetesklinik war die Teilnahme an einem Diätprogramm über ein Jahr. ( ) Mittlerweile hat er bereits 24 Kilo abgenommen, sodass er deutlich weniger Medikamente braucht und er auch die Insulineinheiten drastisch reduzieren konnten. ( ) Ganz unerwartet hat ihn dabei die muslimische Fastenzeit unterstützt. Während der Hausarzt ihm vom Fasten während des Ramadan abriet, hat er es doch versucht und allein in dieser Zeit 4 Kilo abgenommen. ( ) Er hält große Stücke auf seinen Hausarzt, aber diese selbständige Entscheidung war für ihn enorm wichtig. Da hat er gemerkt, dass es nicht allein auf Insulin oder Tabletten ankommt, sondern er selbst seine Krankheit beeinflussen kann.
Und diese wichtige Erfahrung hat sich bei einem weiteren Wendepunkt wiederholt: Er treibt nun Sport, fährt vor allem Fahrrad und geht Schwimmen. Ein oder zwei Stunden durchzuhalten: das sind solche schönen Erlebnisse, dass er jetzt auch den Ehrgeiz und die Lust hat, sich weiter zu bewegen.
Nach diesen Wendepunkten und wichtigen Erlebnissen weiß er, dass sein Hausarzt, der ihn so oft zum Besuch der Diabetesklinik, zu einem Diätprogramm und zu Sport überreden wollte, Recht hatte, aber er musste es erst selbst in dieser Form erleben. ( ) Eine große Hilfe für ihn sind auch seine Frau und seine Töchter. Sie versuchen ihn beim Abnehmen und bei der Behandlung des Diabetes zu motivieren. Auch wenn er gelegentlich schlechte Laune hat, stehen sie zu ihm. Dafür ist er sehr dankbar. ( ; )
Das Interview wurde im Herbst 2010 geführt.