Die Erfahrungen von Hertha Pfeiffer
Hertha Pfeiffer ist zum Zeitpunkt des Interviews 72 Jahre und verwitwet. Anfang der 90er Jahre wurde bei ihr die Diagnose Diabetes gestellt. Anfänglich wurde sie mit Tabletten behandelt. Seit 2004 spritzt sie Insulin.
Da Hertha Pfeiffer ihre Eltern gepflegt hatte und beide unter Diabetes mellitus Typ 2 litten, machte sie bereits vor ihrer eigenen Erkrankung Erfahrungen im Umgang mit der Insulingabe und einer entsprechenden Ernährungsumstellung. Häufig erlebte sie auch Unterzuckerungen bei ihrer Mutter, wenn diese heimlich auf eine Mahlzeit verzichtete. Trotz ihres Wissens über die Krankheit war die Diagnose zunächst ein Schock für sie. ( )
Nach dem Tod der Eltern, etwa 1990, bemerkte Frau Pfeiffer erste Anzeichen. Es wurde ihr häufig schwindelig und sie bekam Schweißausbrüche. Heute denkt sie, dass der Stress während der Pflege ihrer Eltern und gleichzeitiger Berufstätigkeit ein Auslöser gewesen sein könnte. Gegessen habe sie in dieser Phase nebenbei und auch sonst hatte sie keine Zeit, sich um die eigene Gesundheit zu kümmern. Auch als ihr Mann 2001 an einem Hinterwandherzinfarkt verstarb, bemerkte sie, welchen Einfluss solch ein Erlebnis auf ihre eigene Gesundheit hat. Da ihre Werte in die Höhe gestiegen waren, musste sie noch ein paar Tage in der Klinik behandelt werden, in der auch ihr Mann zuvor operiert worden war. Von 1995 bis 2004 bekam Frau Pfeiffer Tabletten. Als diese nicht mehr wirkten und der Langzeitzucker bedenklich stieg, wurde auf Insulin umgestellt. Nach zwei Jahren zeigte auch dieses nicht mehr die gewünschte Wirkung und sie bekam ein neues Insulin.
Frau Pfeiffer findet, dass es zu wenige Anlaufstellen für Diabetiker gibt. Erst eine Diabetesberaterin vermittelte ihr viele wichtige Informationen. ( ) So war ihr z.B. vorher nie nahegelegt worden, bei jedem Spritzen eine neue Nadel zu benutzen. Auch in ihrem Bekanntenkreis bemängelt sie, dass viele dieses Wissen nicht hätten. Ihr Hausarzt konnte ihr bei der Behandlung nicht helfen, da er sich mit der Diabetesbehandlung nicht gut auskennt.
Da ihre Nieren bereits geschädigt sind und sie die Dialyse vermeiden möchte, ist Frau Pfeiffer sehr bemüht, genau auf ihre Ernährung und die Behandlung des Diabetes zu achten. ( ) Manchmal stößt sie in ihrem Umfeld auf Unverständnis. Wenn sie zu einer Feierlichkeit geht, passt sie die Broteinheiten so an, dass sie beispielsweise weniger zum Mittag ist, dafür aber ein Stück Kuchen zum Kaffee essen kann.
Regelmäßig reist Frau Pfeiffer zu Verwandten in die USA. Da sie immer gut vorbereitet ist, hat sie auch dort keine Probleme mit dem Diabetes. ( ) Ihre Schwägerin besorgt ihr außerdem immer Brot mit einem geringeren Weizengehalt von einem nahegelegenen deutschen Bäcker. ( ) Frau Pfeiffer findet, dass die Amerikaner noch „viel schlimmeren Diabetes“ haben, was sie mit der fett- und zuckerhaltigen Ernährung verbindet.
Das Interview wurde im Herbst 2010 geführt.