Umgang mit dem Stoma

Mit einem Stoma umzugehen, ob dauerhaft oder vorübergehend, ist für die meisten Menschen eine große Herausforderung. Direkt nach der Operation sollte im Regelfall, so schildern es unsere Interviewpartner*innen, eine Einführung durch eine Stomatherapeutin/einen Stomatherapeuten erfolgen.

Die Menschen, die wir interviewten, sind Expert*innen im Umgang mit ihrem Stoma. Deshalb fragten wir sie zu ihren persönlichen Erfahrungen. Sie wiesen immer wieder darauf hin, dass jede*r selbst ausprobieren müsse, was für ihn/sie der beste Umgang und die beste Versorgung seien. Was bei der einen Person hilft, kann bei der anderen zu Problemen führen (siehe auch „Stomaanlage und Allgemeines zum Stoma").

Berührungsängste

Viele unserer Interviewpartner*innen berichten über anfängliche Berührungsängste, beschreiben, dass sich das Stoma zunächst wie ein „Fremdkörper“ anfühlte und wie schwer es war, dieses anzunehmen. Dabei half es, wenn der Partner oder die Partnerin sich für das Stoma interessierte.

Sarah Lemke stellte es sich anfangs schlimmer vor als es war.

Anfangsschwierigkeiten und Entdeckungen mit dem Darm

Unsere Interviewpartner*innen, die selbst im medizinischen Bereich als Arzt/Ärztin oder Pflegefachpersonn arbeiteten, berichten, dass ihre Kolleg*innen häufig dachten, sie würden sich auskennen, was aber gar nicht stimmte.

Henriette Schiller war anfangs überfordert.

Besonderheiten beim Dünndarmstoma (Ileostoma)

Einen wichtigen Unterschied im Umgang macht es, ob es sich um ein Dünndarmstoma (Ileostoma) oder ein Dickdarmstoma (Colostoma) handelt (siehe auch „Stomaanlage und Allgemeines zum Stoma“). Beim Dünndarmstoma, was meist vorübergehend angelegt wird oder dann eingerichtet wird, wenn der gesamte Dickdarm entfernt werden muss, tritt der Stuhl in der Regel flüssig und aggressiv aus dem Ausgang. Dieser ist häufig nicht zu kontrollieren. Auch kann die sogenannte Darmspülung (Irrigation) (s.u.) beim Dünndarmstoma nicht durchgeführt werden.

Gerd Osten beschreibt die Ileostomapflege als handwerkliche Kunst.

Viele unserer Interviewpartner*innen erzählen, wie es anfangs noch befremdlich sei, den eigenen Darm zu sehen und anzufassen. Einigen half dabei ihr Humor.

Gunther Kraft machte Witze über seinen Darm und stellte fest, dass dieser schmerzunempfindlich ist.

Wie funktioniert die Versorgung?

Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, dass an der Stelle, wo der Darm nach außen verlegt wurde, eine Platte auf den Bauch geklebt wird, auf die mit einem Klicksystem ein Beutel aufgesetzt wird, oder es wird ein Beutel unmittelbar auf die Bauchhaut geklebt. Viele unserer Erzähler*innen berichten, dass sie verschiedene Artikel ausprobierten, bis sie zu der Versorgung kamen, die sie heute nutzen. Die Handhabung müsse dabei erst geübt werden, manchmal vor dem Spiegel. Viele erzählen außerdem, dass ihnen das am Anfang schwer gefallen sei.

Anna Rusch erklärt, wie ihre Versorgung funktioniert.

Lotte Buchs wurde von ihrer Familie unterstützt und übte vor dem Spiegel.

Unsere Erzähler*innen haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht, wie lange sie brauchten, um die Versorgung in den Griff zu bekommen. Während manche das innerhalb weniger Monate relativ gut beherrschten, brauchten andere Jahre, bis sie sicher damit zurecht kamen. Wieder andere hatten das Stoma nur vorübergehend und mussten sich daran nicht dauerhaft gewöhnen. Einige Erzähler*innen, die in Zeiten der DDR ein Stoma bekamen, berichten, dass dort die Materialien viel schlechter gewesen seien als heute.

Stomatherapeut*innen

Während die Ärzt*innen sich oft nicht intensiv mit dem Stoma beschäftigten, erlebten viele unserer Interviewpartner*innen die Unterstützung durch spezialisierte Stomaexpert*innen  als sehr hilfreich. Diese kamen in der Regel meist schon vor der Operation während des Krankenhausaufenthaltes zu Besuch, um die Versorgung zu erklären. Aber auch später zuhause unterstützten sie, um dort sicher zu stellen, dass die Versorgung klappte, die Materialen bestellt werden konnten und der Umgang mit dem Stoma gelang. Eine Interviewpartnerin bekam sogar eine Notfallnummer, unter der sie immer anrufen kann, wenn sie Probleme mit dem Stoma hat.

Die Stomatherapeutin führte Gerlinde Zeigert Schritt für Schritt an ihr Stoma.

Sonja Novotny musste sich als Privatpatientin selbst kümmern, dass sie Unterstützung bekam.

Viele berichten über eine erhöhte Lebensqualität mit dem Stoma, weil sie dadurch keine Probleme mit Inkontinenz und Toilettengängen sowie mehr Freiheit bei der Ernährung hätten (siehe auch „Leben mit dem Stoma“).

Sylvia Herrmann, die zuvor an Colitis ulcerosa (siehe „Modul chronisch-entzündliche Darmerkrankungen“) litt, hätte im Nachhinein gerne schon früher ein Stoma gehabt und den Dickdarm entfernen lassen, weil sie so ihren Krebs hätte vermeiden können.

Selbsthilfe und Austausch mit Betroffenen

Für viele war die Selbsthilfegruppe eine wichtige Hilfe. Dort finden sich Informationsbroschüren und andere Betroffene, die sich auskennen (siehe auch „Selbsthilfe“).

Iris Niebling suchte sich eine Selbsthilfegruppe und hat mit dem Stoma mehr Lebensqualität.

Leon Gerspacher hilft unter anderem der Austausch im Internet mit anderen Betroffenen.

Tipps und Tricks

Um die Platte auf den Bauch zu kleben, bedarf es Geschicklichkeit. Einige Interviewpartner*innen wussten sich dabei mit verschiedenen Methoden zu helfen.

Manche vermeiden spezielle Reinigungsmittel auf der Haut oder Flüssigseifen, die Fette enthalten, damit die Platte dicht auf der Haut kleben bleibt und sich nicht entzündet.

Dieter Loewe benutzt Neutralseife und cremt mit Aloe Vera.

Bernhard Kleinstück vermeidet Flüssigseife.

Gunther Kraft trickste seinen Darm mit einem feuchten Lappen aus.

Viele unserer Interviewpartner*innen haben immer ein „Notfallset“ bei sich, damit sie sich zu helfen wissen, wenn mal die Versorgung nicht dicht ist und sie sich umziehen müssen.

Karl Bergmann zeigt sein Notfallset.

Gunther Kraft schildert, was er in seinem „Notpaket“ bei sich hatte.

Darmspülung (Irrigation)

Für manche Träger*innen eines Dickdarmstomas (Colostoma) gibt es die Möglichkeit der sogenannten Darmspülung (auch Irrigation genannt). Hierbei wird der Dickdarm durch das Stoma, entsprechend der noch vorhandenen Darmlänge, mit ein bis zwei Litern Wasser gespült. Hierdurch entleert er sich danach vollständig von selbst und es ist über eine längere Zeit nicht nötig, einen großen Beutel zu tragen; stattdessen kann der Darmausgang mit einem Pflaster oder einem Minibeutel verschlossen werden.

Holger Pfleger erklärt die Darmspülung.

Für viele unserer Interviewpartner*innen stellt die Darmspülung eine große Erleichterung dar und die meisten möchten nicht mehr darauf verzichten. Sie erzählen, dass sie sich über eine gewisse Zeit darauf verlassen können, dass kein Stuhlgang austritt. Bei den meisten funktioniere das problemlos und halte über mehrere Tage. Anderen berichten jedoch, dass diese Frist nur einen halben Tag andauere und trotz der Spülung noch unregelmäßig Stuhlgang austrete.

Joachim Braun kann die Darmspülung auf bis zu 48 Stunden ausdehnen, geht aber meist auf Nummer Sicher.

Manche Interviewpartner*innen kochen das Wasser auch vor der Darmspülung ab, wenn sie mit der Wasserqualität unsicher sind.

Jan Holgersson möchte nicht mehr mit Beutel rumlaufen müssen.

Karl Bergmann kann nach einem Rezidiv und einer erneuten Operation die Darmspülung nicht mehr durchführen, weil sein Dickdarm nun zu kurz ist.