Richard Linde fällt die Ungewissheit schwer, aber die Nachsorge beruhigt ihn.

Ich würde immer noch sagen, Angst in dem Sinn, hatte ich eigentlich keine. Es war eher dieses Ungewisse. Und dieses Ausgeliefertsein. Also dieses Gefühl, ich bin nicht mehr, sozusagen, Herr über mich und meine Entscheidungen und meine Entwicklungen. Und das ist für einen erwachsenen Menschen schon ein hartes Stück Brot. Also Angst in dem Sinn eigentlich nicht, weil es war mir dann relativ schnell klar, also entweder es klappt, oder es klappt auch nicht. Da kann ich nicht viel tun dafür.
Weiß nicht, ob ich das jetzt richtig formuliere. Was auch noch war, das war so ein bisschen, wie so, klingt jetzt vielleicht witzig, so Enttäuschung für einen Moment: He, soll es das jetzt gewesen sein, ich bin ja erst 59. Ich habe ja noch so viel vorgehabt. Das finde ich jetzt blöd. Also in der Art habe ich gedacht, komischerweise. Das finde ich jetzt blöd, jetzt habe ich doch- und will ich das noch machen und das noch machen. Nein, das kann es ja eigentlich noch nicht gewesen sein. Das war auch so ein Gedanke. Ich interessiere mich für so vieles, also ich könnte noch viele Jahre viele schöne Dinge machen. Und ich würde es auch tun.
Also man kommt ja dann in so ein Nachsorgenetz, oder wie man das auch nennt. Das heißt jetzt in meinem Fall alle viertel Jahre Untersuchung. Musste ich also hierher, an die Klinik. Und am Anfang das volle Programm. Und jetzt wird es so gezielt eingesetzt. Da gehört zum Beispiel CT dazu. Dann gehört Ultraschall dazu, Röntgen dazu. Also es wird einfach alle viertel Jahre geguckt, was ist los. Nach dem ersten Jahr hatte ich auch noch mal eine Darmspiegelung. Und das war schon ein mulmiges Gefühl, vor allem die ersten Male immer dann. Gerade so die Tage vorher dann: Ah, jetzt ist das demnächst wieder. Wie wird es? Und dann kriegt man ja auch nicht gleich das Ergebnis, sondern oftmals erst einen Tag später. Und dann so rein gehen und dann die Ärztin oder der Arzt: „Na, wie geht es Ihnen?“ Und ich: „Ja, das hängt jetzt von der Antwort ab, die Sie mir jetzt geben werden.“ Da kann ja praktisch von jetzt auf nachher, zack, zack, kann dann wieder der Hammer fallen, wenn man das mal ein bisschen salopp ausdrücken will. Und das war- das ist keine schöne Sache.
Und das hat sich jetzt eben reduziert. Es ist- ich werde es nie ganz ablegen können. Muss ja vielleicht auch nicht sein. Aber es bestimmt meinen Alltag nicht. Und bei der letzten Sitzung hatte der Arzt dann gemeint: „So, jetzt haben wir zweieinhalb Jahre geschafft, jetzt gehen wir vom vierteljährlichen auf einen halbjährlichen Zyklus.“ Und da dachte ich: Hey, siehst du, jetzt hast du doch schon wieder einen Schritt geschafft. „Und nach fünf Jahren brauchen Sie dann nicht mehr kommen “, hat er gemeint, „Sie können, wenn Sie wollen, aber Sie müssen nicht mehr.“