Die Erfahrungen von Richard Linde

Portrait Richard Linde ist 61 Jahre alt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seinem Beruf als Waldorfschullehrer kann er seit seiner Erkrankung vor zwei Jahren nicht mehr in vollem Umfang nachgehen. Ein Sondermodell ermöglicht es ihm aber, auch weiterhin für die Schule zu arbeiten.

Richard Linde nahm zunächst keine gesundheitliche Veränderung wahr und wurde erst durch die wiederholte Wahrnehmung von Blut auf dem Stuhl aufmerksam. Auch als er sich deshalb nach drei Tagen an seinen Hausarzt wendete, hatte er keine Gedanken an Krebs. Sein Hausarzt veranlasste sofort einen Termin zur Darmspiegelung, wobei eine auffällige Gewebeprobe zur Untersuchung ins Labor geschickt wurde.

Im Diagnosegespräch schätzte er besonders, dass der Arzt nicht drumherum geredet habe. Schon damals war klar, dass er ohne künstlichen Darmausgang auskommen würde. Da die weiteren Untersuchungen auch Metastasen an der Leber ergaben, wurden sehr schnell der Darmtumor und nach vier Wochen die Lebermetastase operiert. Richard Linde fühlte sich dabei stets medizinisch kompetent betreut und betont, dass nur die außerordentliche Gründlichkeit seines Arztes dazu geführt habe, dass die Metastasen an der Leber entdeckt wurden. Obwohl er sich über den Ernst der Sache im Klaren war, habe er den ganzen Vorgang sehr aufmerksam und neugierig verfolgt. In jeder Phase sei es ihm ein Anliegen gewesen, zu den Informationen und Abläufen, mit denen er sich konfrontiert sah, etwas von sich aus beizutragen. Er beschreibt, wie er auf der einen Seite die Notwendigkeit des medizinischen Eingriffs und die damit verbundene Abhängigkeit einsehen musste, auf der anderen Seite aber auch seine Selbstbestimmtheit nicht aufgab.

Heute hat er immer noch mit geringer Belastbarkeit und allgemeiner Müdigkeit zu kämpfen, was er unter anderem auf die Chemotherapie zurückführt. Parallel zur Chemotherapie, bei der er förmlich merkte, dass körperlich etwas zerstört wurde, machte Richard Linde eine Misteltherapie, die er durch die Waldorfpädagogik kannte, um seinen Körper zu stärken. Im anschließenden Rehaaufenthalt schätzte er die besondere Qualität der Gespräche mit anderen Betroffenen.

Den Belastungen begegnet er mit Humor und einem offenen Umgang mit der Krankheit. Besonders den E-Mailkontakt zu seinen Bekannten, die er regelmäßig über seine Krankheit informiert, empfindet er als sehr hilfreich.

Auch wenn es in seinem Leben keine Dinge gibt, von denen er glaubt, sie noch unbedingt tun zu müssen, gehen ihm die Ziele nicht aus. So erfüllte er sich erst kürzlich den Wunsch, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen.

Das Interview wurde im Frühjahr 2013 geführt.

 

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