Obwohl es ihm sehr schwer fiel, die Arbeit aufzugeben, fühlte Gunther Kraft sich mit der Berentung entlastet.
Ich war krank geschrieben in der Zeit. Ich habe dann immer nur geguckt, ob mich jetzt jemand sieht und habe mir immer etwas ausgedacht, was ich sagen kann, um das zu entschuldigen. Ich war ein aktiver Arbeiter. Ich habe also relativ viele Stunden, so im Monat um die drei-, vierhundert Stunden gearbeitet, wo ich unterwegs war. Und auf einmal sitzt man zu Hause. Und da war praktisch der psychische Druck groß gewesen. Und man konnte auch viele Leistungen nicht mehr so bringen, wie man wollte. Und auch der Erklärungsdruck nach außen. Und das ging dann soweit, dass ich in die Psychiatrie gekommen bin. Und da hat man dann eine schwere Depression festgestellt. Da war ich dann fünf Wochen drin und bin medikamentös eingestellt worden. Und danach habe ich dann, hat man mir geraten, ich sollte mit sechzig die Rente beantragen. Und das war dann nochmal ein großer Schritt. Ein Teil hat gesagt: "Ach, das kriegst du hin. Da guckst du, dass du 65 wirst dabei, machst krank und arbeitslos. Und dann hast du keine Abzüge und nichts." Aber da ich an sich bis dorthin immer, sagen wir mal, ein offenes Leben geführt habe und ein freies habe ich gesagt: "Das ist nicht meine Art, mich rumzudrücken." Wobei es finanziell eine Rieseneinbuße war. Das hab ich von allen Seiten, selbst von offizieller Seite hat man gesagt, ich würde es mir überlegen, die Vollrente zu beantragen weil die bleibt dann bis ans Lebensende. Ich habe mich dann doch dafür entschieden, die normale Altersrente anzugehen. Ich wollte frei sein. Ich wollte nicht den Psychodruck haben, wieder Erklärungsbedarf. Du bist jetzt schon eineinhalb Jahre krank und dann auf einmal arbeitslos. Immer wieder dieses Hingehen und sagen: "Ich kann doch nicht, ich will doch nicht." Der eine kann es, ich konnte es nicht. Bin dann also mit großer finanzieller Einbuße in die Rente gegangen. Was vom Schritt her richtig war, finanziell war es natürlich nicht in Ordnung. Aber von der Psyche her, ich war dann mit einem Schlag frei. Also von allen Drücken und Erklärungsdrücken. Ich konnte dann sagen: ich bin jetzt Rentner.