Ursula Bach erzählt, wie sie sich ihren Wunsch erfüllte, Saxophon zu spielen.
Etwas ganz Wichtiges habe ich noch vergessen: Es ist mein Wunsch, mein sehnlichster Wunsch, wieder anzufangen Saxophon zu spielen. Ich habe vor fünf Jahren, sechs Jahren, angefangen, jetzt erst im Alter, Saxophon spielen. Das ist ein Lebenstraum von mir, Saxophon zu spielen. Und als ich dann vor vier oder fünf Jahren wieder in Reha war, sagte die Physiotherapeutin oder die Psychologin zu mir: „Was haben Sie noch für Wünsche oder Träume im Leben?“ Dann habe ich gesagt: „Ja, ich habe einen Lebenstraum, immer noch, das ist Saxophonspielen.“ Dann sagte sie: „Warum machen Sie es nicht?“ Dann habe ich gesagt: „Na ja, jetzt bin ich schon 56.“ Dann hat sie gesagt: „Ja und? Wenn das Ihr Lebenstraum ist, machen Sie es, probieren Sie es. Wenn Sie es nicht probieren, dann wissen Sie es nie.“ Die hat so auf mich eingeredet.
Ich bin von der Reha nach Hause. Dann habe ich gedacht: Jawohl, ich kaufe mir vielleicht mal ein Gebrauchtes. Ich weiß nicht, ob ich die Luft habe, ob ich das kann. Ich bin nach [Stadt] gefahren in das Musikgeschäft. Nach zwei Stunden bin ich mit einem neuen Saxophon hinaus. Ich bin stolz wie Oskar mit dem Saxophon, mit dem Koffer durch die Straßen an das Auto gelaufen. Wir haben in unserem Bekanntenkreis einen Vollblutmusiker, der schon fünfzig Jahre Saxophon spielt und Klarinette. Da habe ich bei dem gleich Stunden genommen. Das hat so fantastisch geklappt. Ich hatte von Anfang an so viel Luft. Es war Wahnsinn.
Es war so toll, dass wir dann, es war ein Jahr vor dem sechzigsten Geburtstag meines Mannes, habe ich geprobt. Das wusste er schon. Aber heimlich habe ich auf den Geburtstag hin mit meinem Saxophonlehrer zwei, drei Lieder einstudiert. Ein paar Lieblingslieder wie "Amazing Grace", und ein paar Sachen, die er halt gerne hört. Ich habe die einstudiert und dann haben wir das als Überraschung an dem großen Geburtstagsfest gespielt. Niemand wusste das, also es war alles geheim. Ich habe alles geheim gehalten. Mein Musiklehrer und ich bauen da vorne das Saxophon auf und fangen erst einmal das "Happy Birthday" an zu spielen. In dem Saal, in dem Raum hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Das war ein Erlebnis für mich. Ich kriege gerade Gänsehaut. Meine Schwester sagte: „Was. Das spielt sie doch nicht. Das ist doch Playback.“ Und der [Name]: „Also, das ist doch Playback.“ Dann hat er gesagt: „Nein, nein. Die spielt echt. Ich lasse sie mal alleine spielen.“
Das war Wahnsinn. Das waren ein ganz tolles Gefühl und ein Erlebnis für mich. […]
Es war unglaublich. Ich habe dann weitergemacht, gespielt, bis zu der Zeit, wo das Morphium kam, wo die Schmerzen so schlimm wurden, da ging es ja auch nicht mehr. Es ging dann nicht mehr. Ich habe mich noch nicht getraut. Ich habe mich noch nicht getraut. Ich müsste mir wahrscheinlich einen Spezialgurt holen. Das Saxophon hängt ja hier, das hängt ja am Hals. Im Sitzen kann ich einfach nicht so -. Ich konnte damals im Sitzen nicht so gut spielen wie im Stehen. Man ist freier, man kriegt mehr Luft. Aber jetzt hat mir jemand gesagt, dass es einen Spezialgurt gibt, wo man es, glaube ich hier und hier noch fest binden kann, damit das Gerät nicht so an einem hängt. Das habe ich jetzt noch ein bisschen vor mir, denn ich habe schon den Wunsch wieder anzufangen. Dann muss ich halt gucken mit den Fingern, ob ich das Gefühl noch habe.
Wenn das Taubheitsgefühl noch da ist -.
Ja. Ich würde unbedingt wieder anfangen wollen. Das war so schön. Das kann ich nur jedem empfehlen, wenn er so einen Traum hat, so etwas zu machen. Das ist so schön.