Die Erfahrungen von Alessia Rütten
Alessia Rütten ist zum Zeitpunkt des Interviews im Oktober 2012 28 Jahre alt. Frau Rütten arbeitet in Vollzeit und lebt als Single. Bereits als kleines Mädchen hatte sie Beschwerden, im Teenageralter wurde die Diagnose Morbus Crohn gestellt. Zurzeit hat sie einen künstlichen Darmausgang, der wieder rückverlegt wird. Frau Rütten hat einer Veröffentlichung ihres Interviews in der Textversion zugestimmt.
Alessia Rütten hatte schon als kleines Mädchen Beschwerden, die sich Ärzte nicht vollständig erklären konnten. So kam es auch zwischenzeitlich zur Verdachtsdiagnose Zöliakie. Im Teenageralter kam dann die endgültige Diagnose Morbus Crohn, die dann auch Basis der Therapie wurde, die zunächst gut anschlug. Als Frau Rütten die 11. Klasse des Gymnasiums besuchte, führte eine Verengung des Darms zu massiven Schmerzen und einer bedrohlichen Gewichtsabnahme, so dass sie operiert werden musste. Auch in den darauffolgenden Jahren litt Frau Rütten immer wieder unter Schüben mit Bauchschmerzen und Hautveränderungen. Im Jahr 2005 stellte Frau Rütten nach einer weiteren Operation – die chronisch entzündeten Mandeln mussten entfernt werden – und einem grippalen Infekt während eines neuen Krankheitsschubs fest, dass sich eine rektovaginale Fistel gebildet hatte. Die Therapie mit Infliximab war nur vorübergehend erfolgreich, neue Behandlungen wurden angesetzt. Trotz der Unannehmlichkeiten z.B. durch Luftabgänge durch die Fisteln, ließ sich Frau Rütten nicht davon abhalten, weiterhin in Vollzeit mit häufigen Überstunden zu arbeiten. Im Jahr 2011 waren jedoch die behandelnden Ärzte, mit denen sie sprach, einstimmig der Meinung, dass die Fisteln operiert werden müssten und zumindest vorübergehend ein künstlicher Darmausgang nicht zu umgehen sei. Die Aussicht auf ein Stoma stürzte Frau Rütten in tiefe Verzweiflung, entgegen ihrer sonstigen Haltung, sich nicht unterkriegen zu lassen. Durch die beteiligten Ärzte, psychologische Unterstützung und einer Stomatherapeutin fühlte sie sich jedoch sehr gut aufgeklärt und aufgehoben. Als äußerst gewinnbringend erlebte sie die anschließende Kur, in der sie gleich am ersten Abend bei einem für sie peinlichen Erlebnis spürte, dass hier genau die Menschen waren, bei denen sie auf Verständnis und Hilfe stoßen würde, so dass sie sich für den Alltag zuhause wappnen können würde. Nach einigen Monaten mit dem Stoma sieht sie durchaus die Vorteile, vor allem die Unabhängigkeit, nicht ständig an erreichbare Toiletten gebunden zu sein, weniger Schmerzen zu haben, fitter und leistungsfähiger zu sein. Sie fühlt sich jedoch zu jung und im Privatleben zu wenig angekommen, um das als endgültige Lösung zu sehen. Aber ihr ist klar geworden, dass ein Stoma „nicht das Ende der Welt“ wäre. Diese Einsicht erlebt sie als sehr entlastend. Ihr offener Umgang und ihre Lebensfreude spiegeln sich auch darin wieder, dass sie bereits häufiger das Erlebnis hatte, anderen Patienten in ähnlicher Lage Mut geben zu können.
Das Interview wurde am 02.10.2012 geführt.