Nachsorge

Mit dem Abschluss der Behandlungsphase begann für unsere Interviewpartnerinnen die Nachsorge, das heißt eine Zeit, in der sie in regelmäßigen Abständen Untersuchungen durchführen lassen sollten, um zu kontrollieren, ob der Brustkrebs in derselben oder der anderen Brust erneut auftritt. Manche unserer Erzählerinnen sprechen auch von „Vorsorgeterminen“. Je länger die Diagnose zurückliegt, desto größer werden die Abstände zwischen den Terminen. In der Regel führen die Ärzt*innen eine Tastuntersuchung der Brust, eine Mammographie und/oder einen Brust-Ultraschall (Sonographie) durch. Auch die Begleiterscheinungen und Folgen der Therapien werden in den Blick genommen, zum Beispiel wird geprüft, ob es zu Lymphstauungen an der operierten Seite gekommen ist. (Einschränkungen im Alltag, Lymphödem) Gegebenenfalls wird in der Nachsorge auch die Hormontherapie betreut, die einige Jahre andauern kann. (Hormon- und Antikörpertherapie (Immuntherapie)) Manche unserer interviewten Frauen beschreiben die Zeit, die zwischen ihrer letzten Behandlung und dem ersten Nachsorgetermin lag, als sehr verunsichernd, da ihnen keine Ärzt*innen mehr zur Verfügung standen, die sie zu körperlichen Auffälligkeiten befragen konnten. Denn die Angst, dass wieder etwas auftritt, war und ist bei vielen unserer Frauen eine ständige Begleiterin, gerade wenn ein Nachsorgetermin ansteht.

Jasmin Nussing hatte Sorge, dass die Nahtstelle aufplatzt, wenn sie zu früh eine Mammographie machen lässt.

Annette Huber fühlte sich nach der letzten Bestrahlung bis zur Nachsorge von den ÄrztInnen alleine gelassen.

Wie unsere Erzählerinnen gegebenenfalls mit der Angst umgehen, dass sie bei der Nachsorge wieder eine schlechte Nachricht erhalten, ist sehr unterschiedlich. Viele berichten, dass sie schon tagelang vor dem Termin nervös und unruhig waren, manche entwickelten davor Schlafstörungen. Ute Schuhmacher beschreibt ihre Gefühle am entscheidenden Tag der Untersuchung: „Dann liegt man auf dem Bett, dann werden die Finger kalt und dann wartet man immer, bis sie sagt: ‚Alles in Ordnung.‘ Und dann denkt man, das ganze Blut fließt in den Keller. Ist ja dann jedes Mal so richtig eine Erlösung.“ Einige der Frauen sagen, dass die Angst sie auch nach Jahren immer noch begleitet. Aber sie werde weniger, sie ist „nicht mehr so krass“, meint Annette Huber. Es gibt auch Frauen unter unseren Interviewpartnerinnen, die keine Angst verspüren.

Carolin Zenning schiebt ihre Angst bis zum Tag der Nachsorge auf, dann erlaubt sie sich, zu zittern.

Bei der Nachsorge erhielt Claudia Kressmann einen Befund und musste operiert werden. Ihre Sorgen zeigt sie nicht.

Die Nachsorge muss halt sein, denkt Gerda Martin und hat keine Angst.

Anke Schwartz will mit der Einhaltung des Nachsorgeplans eine gewisse Sicherheit und Ruhe für sich finden.

Wenn die Erstdiagnose dann schon länger her ist, fühlen sich manche der Gesprächspartnerinnen durch die Nachsorgetermine an den Krebs erinnert und würden dies lieber gerne einmal abschließen. Andere sind froh, die Untersuchungen wahrnehmen zu können, um eine Bestätigung zu erhalten, dass alles in Ordnung ist. Wiederum bei anderen sind die Termine zur Routine geworden, vor allem bei Frauen, deren Diagnose schon einige Jahre zurückliegt. Einzelne der älteren Erzählerinnen geben es nach einiger Zeit auf, zu den Nachsorgeterminen zu gehen. Für sie hätte es keine Konsequenz: Sollte der Krebs wiederkommen, würden sie keine Therapien mehr durchlaufen wollen.

Durch die Nachsorge wird Tanja Auer immer wieder an den Krebs erinnert, sie will sich mit Schönem ablenken.

Rosemarie Berthel geht gerne zum Nachsorgetermin, denn dann weiß sie, dass alles okay ist.

Für Waltraud Amann ist die Nachsorge Routine und sie ist froh, wenn sie einmal vier Wochen nicht zu Ärzt*innen muss.

Die achtzigjährige Irmgard Hansen geht nicht mehr zur Nachsorge, denn sie würde sowieso nichts mehr machen lassen.

Manchmal kann es notwendig sein, neben der Mammographie und dem Ultraschall weitere Untersuchungen durchzuführen, um zu prüfen, ob der Krebs in verschiedene Organe und/oder die Knochen gestreut hat. Einige unserer Interviewpartnerinnen fordern von sich aus bildgebende Verfahren ein und lassen zum Beispiel zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Brust machen. Andere sind aufgrund ihres individuellen Befundes in engmaschiger Kontrolle. Die meisten unserer Erzählerinnen sind der Meinung, dass eine frühe Erkennung eines Wiederauftretens des Brustkrebses bessere Behandlungsmöglichkeiten eröffne und plädieren deshalb auch dafür, bei körperlichen Veränderungen sofort zum Arzt zu gehen.

Irmgard Hansen hat Schmerzen an den Narben bei der Mammographie, das Brust-MRT erträgt sie dagegen besser.

Brigitte Rose ist in einem Projekt zur Nachsorge, denn sie geht davon aus, wieder zu erkranken.

Tova Goldblum schiebt Beschwerden nicht mehr weg und geht jedes halbe Jahr zu Untersuchungen.