Ernährung, Sport und innere Haltung
Nahezu alle unserer Interviewpartnerinnen machten sich Gedanken, was sie selbst neben den medizinischen und therapeutischen Maßnahmen gegen den Brustkrebs unternehmen könnten. Sie berichten zum einen davon, was sie tun, um während und nach den Behandlungen körperlich wieder fit zu werden und zum anderen, mit welcher inneren Haltung sie versuchen, die Erkrankung zu bewältigen und Konsequenzen für ihren weiteren Lebensweg zu ziehen. Dabei seien Ernährung und Sport wichtige Säulen, berichten viele der Frauen. Daneben bekommen sie auch von ärztlicher Seite empfohlen, auf bestimmte Lebensmittel zu achten und für ausreichend Bewegung zu sorgen. Manche der Erzählerinnen haben sich Bücher und andere Informationen zum Thema Krebs und Ernährung besorgt oder richteten sich nach den Empfehlungen der Deutschen Krebsgesellschaft (Infos und Links).
Brigitte Rose ist der Meinung, dass man mit guter Ernährung und Sport vorbeugen kann.
In der Zeit der Chemotherapie stellten viele der Interviewpartnerinnen ihre Ernährung um, manche bleiben auch danach dabei, je nachdem, ob die Familie mitzieht und wie groß der Aufwand ist. Tanja Auer erzählt zum Beispiel, dass ihr Mann seine Gewohnheiten nicht ändern könne, aber ihre Tochter die Essensumstellung mittrage. Manche unserer Frauen berichten, dass sie sich schon immer bewusst ernährt hätten, deshalb suchen sie auch jetzt nach Möglichkeiten, wie sie sich selbst über ihre Ernährung vor einer Wiedererkrankung schützen könnten. Einige berichten aber auch davon, dass sie trotzdem weiterhin einzelne ungesunde Lebensmittel essen würden, weil sie gut für ihr psychisches Befinden und damit für die Lebensqualität seien. Alina Schillers Ernährungsberaterin hat ihr empfohlen, das zu essen, was der Körper will. Sie hat versucht, ihr Essverhalten dementsprechend anzupassen, indem sie auf ihren Körper gehört hat.
Rosemarie Berthel hält sich heute mit dem Essen mehr zurück und achtet auf Salat und Obst.
Ulrike Blessinger ist schon lange Vegetarierin und hat Spaß, bestimmte Lebensmittel auszuprobieren.
Ähnlich wie bei der Ernährung verhält es sich auch mit der Bewegung: Diejenigen unter unseren Interviewpartnerinnen, die uns erzählten, dass sie schon immer gerne Sport gemacht hätten, halten Bewegung für hilfreich während und nach den Therapien. Monika Hechstein berichtet, dass es für sie positiv war, sich zu überwinden und zu trauen, während der Behandlungen Sport zu machen. Nicole Bissinger findet Bewegung auch gut für die Psyche, denn sie setze damit ihrem Körper ein Zeichen: "Ich bin diejenige, die sagt, wo es langgeht und nicht der Krebs." Während der Chemotherapie fing sie an, Fahrrad zu fahren, auch wenn es nur sehr langsam vonstatten ging. Silke Winter hat sich durch das Wandern in der Natur wieder geerdet gefühlt. Auch Susanne Ricke wandert gerne und fühlt sich nach Bewegung insgesamt leichter, weil sie zusätzlich auf andere Gedanken kommt. Wie einige andere auch, hat Tova Goldblum in all den Jahren den Sport nicht lieb gewonnen, wie sie sagt. Trotzdem versuche sie, sich im „Kleinformat“ körperlich fit zu halten. Je nach Lebenssituation ist es auch für manche unserer Interviewpartnerinnen schwierig, ein geeignetes Sportprogramm zu finden. Great Tietze-Stein beklagt zum Beispiel, dass es bei ihr im Dorf kein gutes Angebot gäbe. Denjenigen, die berufstätig sind oder noch kleinere Kinder haben, fällt es mitunter auch schwer, Sporttermine im vollen Zeitplan unterzubringen. Einige haben deshalb ein schlechtes Gewissen, denn sie halten es grundsätzlich für sinnvoll, sich sportlich zu betätigen. Sonja Zeiss-Wengler findet es deswegen fragwürdig, dem Sport so eine große Bedeutung für die Gesundung zu geben: In mancher Lebenssituation habe er eben keinen Platz.
Carolin Zenning genießt die Anstrengung, beim Schwimmen wieder acht Bahnen zu schaffen.
Marion Pfulding erzählt, dass Sport sie nicht glücklich mache.
Einige unserer Interviewpartnerinnen nutzen gerne Sport-nach-Krebs-Angebote, weil sie dort auch ihre Reha-Übungen weitermachen können. Sie schätzen auch, sich dort mit anderen Betroffenen auszutauschen (Psychoonkologie, Psychotherapie, Selbsthilfe und Rehabilitation). Andere lehnen das Programm mit der Begründung ab, dass sie nicht unter Kranken sein wollen. Einzelne unserer Erzählerinnen haben an einem Sportfest für Krebskranke teilgenommen oder einen Frauenlauf selbst organisiert.
Sehr beliebt ist bei unseren Erzählerinnen Nordic Walking und Spazierengehen. Sie berichten, dass ihnen auch das Aufhalten an der frischen Luft und in der Natur gut tue. Angelika Keller sieht ihren Radtouren und Spaziergänge auch bewusst als Zeit für sich selbst. Manche erzählen, dass es für sie hilfreich sei, sich mit Gartenarbeit von Grübeleien über den Krebs abzulenken. Für Susanne Ricke trägt es zur Krankheitsbewältigung bei, eine Aufgabe zu haben und beschäftigt zu sein. Einige finden Entspannung in Yoga, Meditationen, Autogenem Training, in der Sauna oder in der Musik. Auch dem Weinen schreiben manche eine entspannende Wirkung zu. Anke Schwartz zum Beispiel sagt: „Einfach mal eine halbe Stunde vor mich hin heulen, mal ein ganzes Packet Taschentücher verbrauchen und dann wieder gut sein lassen. Und dann: Taschentücher weg, Tränen weg und wieder lachen können. Es muss sich alles die Waage halten.“ Je nach individuellen Fähigkeiten und Vorlieben berichten die Frauen von weiteren in der Bewältigung der Erkrankung hilfreichen Tätigkeiten: Schreiben, Malen, Kunst, der Umgang mit Tieren oder das Ausüben eines Ehrenamtes zum Beispiel in der Selbsthilfe. (Psychoonkologie, Psychotherapie, Selbsthilfe) Einige finden auch Halt und Hilfe in ihrem Glauben. Silke Winter beschreibt ihre Naturverbundenheit auch als etwas Spirituelles, das ihr Kraft gibt. So ist der Wald für sie wie ein Freund.
Eva Manz erzählt, wie sie sich mit Yoga während der Chemo entspannen konnte.
Für Julia Bring ist Malen die beste Therapie.
Helga Dietrich hilft es, jeden Abend zu beten.
Die meisten unserer Interviewpartnerinnen erzählen davon, dass sie durch die Erkrankung ihre Haltung zum Leben geändert haben. Viele nehmen sich vor, sich zwischendurch etwas zu gönnen, Pausen zu machen, Hilfe anzunehmen und sich etwas Gutes zu tun: mal eine Reise, mal einfach in der Sonne sitzen und ein Buch lesen, mal ein schönes Bad. Eva Manz nennt dies „auch mal Pause von der Angst machen“ (Botschaft an andere Betroffene). So setzen viele Interviewpartnerinnen neue Prioritäten und können für sich klarer definieren, was im Leben wichtig ist. Während Silke Winter einerseits Angst verliert und beispielsweise bei Bewerbungsgesprächen viel entspannter wird, ist sie andererseits mit ihrem Körper viel achtsamer und vorsichtiger. Sie sagt zudem, dass es die Person, die sie mal war, nicht mehr gebe. Auch Alina Schiller hat ein wachsameres Auge auf ihren Körper, als vor der Erkrankung. Angelika Keller gibt ihr positives Denken Kraft. Sie sagt sich: „Was andere schaffen, schaffst du auch.“
Für Silke Winter hat sich Vieles relativiert.
Anke Schwartz zieht Kraft aus ihren „Ich-Tagen“: Da macht sie nur, worauf sie Lust hat.
Seit dem Krebs schätzt Irmgard Hansen alles viel mehr, was ihr Spaß macht.
Alina Schiller hat neue Grenzen gesetzt.
Angelika Keller fällt es heute viel leichter, Pausen zu machen und Arbeit ruhen zu lassen.