Botschaften an Fachpersonal
Grundsätzlich wertschätzen die meisten Interviewpartnerinnen die Arbeit des medizinischen Personals. Auf unsere Frage nach einer Botschaft an die sie behandelnden Personen wussten einige Betroffene nur Positives zu berichten.
Julia Bring findet, dass ihre Ärzt*innen alles richtig gemacht haben.
Aber auch Kritik wird formuliert, denn die Frauen machten in der teilweise langen Zeit der Behandlung auch schwierige Erfahrungen. Einige Betroffene reflektieren dabei, dass die Beziehung zu Ärzt*innen und zu den Pflegenden viel mit dem eigenen Verhalten zu tun habe. Irmgard Hansen drückt es so aus: „Einfach wie man in den Wald hineinschreit, so schreit es zurück, das ist meine Einstellung. Wenn ich natürlich andauernd herummeckere und herummotze, dann hat so eine Schwester auch die Nase voll, dann kommt die Nachtschwester und knallt Dir die Türe zu.“
Den meisten unserer Interviewpartnerinnen ist bewusst, dass Fachpersonen „Unglaubliches“ leisten, wie Gudrun Altmann es formuliert. So geht meist ein Verständnis für die schwierige Situation in der medizinischen Versorgung mit einher, wenn Wünsche an das medizinische Personal gerichtet werden.
Hier wird u.a. deutlich, dass das Sich-Zeit-Nehmen ein zentrales Thema ist, das auch in fast allen Botschaften genannt wird - meist auch im Bewusstsein, dass dieser Wunsch wohl bei allen Beteiligten in der Behandlungssituation bestehe.
Melanie Thiel bemängelt die begrenzte Zeit der Ärzt*innen.
Brigitte Rose will Entscheidungen in Ruhe überlegen.
Ein weiteres zentrales Anliegen der meisten betroffenen Frauen ist es, dass das ärztliche Gespräch achtsam geführt wird.
Elke Ferch bittet Ärzt*innen, vorsichtiger mit ihrer Wortwahl umzugehen.
Eva Manz fände es gut, wenn Ärzt*innen die Gesprächsführung individuell anpassen würden.
Neben einer sensiblen Kommunikation erwähnen einige Interviewteilnehmerinnen auch, dass sie sich Ehrlichkeit und eine umfassende Beratung wünschen, zum Beispiel auch über Behandlungsmöglichkeiten außerhalb der Kassenleistung. Zur Wahrung der Gesamtheit gehört es auch für einige Frauen, dass sie über alternative und komplementärmedizinische Möglichkeiten informiert werden. Weiterhin wünschen sich unserer Interviewpartnerinnen Informationen zur Nachsorge. So äußert Alina Schiller, dass ein Plan für die Zeit nach der Therapie gut gewesen wäre, da sie sich ohne die Termine erst einmal verloren gefühlt hat und nicht wusste, was nächste Schritte sind und was in Bezug auf Nachsorge wichtig ist.
Nicole Bissinger wünscht sich mehr Informationsfluss und Ehrlichkeit.
Greta Tietze-Stein bittet Ärzt*innen, Angebote über das Medizinische hinaus im Blick zu haben.
Einige Interviewte machen Mediziner*innen den Vorschlag, darauf zu achten, in der Beratung kein „Fachchinesisch“ zu sprechen und verständlich zu erklären.
Dagmar Schiffer findet, dass der medizinische Fachjargon aufgeweicht werden müsste.
Dagmar Schiffer denkt über alternative Bezeichnungen für die Tumorkonferenz nach.
Letztlich wünschen sich viele der Betroffenen, als Mensch in seiner Gesamtheit wahrgenommen zu werden. Für Sonja Zeiss-Wengler bedeutet ein „würdevoller Umgang“, anzuerkennen, „was ist und wer da ist“ und die Patientin mit all ihren Beschwerden, Wünschen und Bedürfnissen ernst zu nehmen. Manche Frauen erhoffen sich von Ärzt*innen die Rolle als Begleiter*innen. Für Silke Winter gehört hier auch dazu, sich auf das Thema chronische Erkrankungen, auch in Verbindung mit Tod und Sterben, einzulassen und sensibel zu sein.
Für Sonja Zeiss-Wengler sind Ärzt*innen wichtige Begleiter*innen.
Junge Frauen haben in den Interviews die Erwartung geäußert, dass auf ihre spezifische Situation eingegangen wird. Einige wünschen sich zum Beispiel eine Beratung zum Thema Kinderwunsch oder zum Wiedereinstieg in den Beruf.
Julia Bring fühlt sich als junge Frau mit Brustkrebs wie ein „seltenes Exemplar“.
Auch an Pflegende werden Botschaften gerichtet. Viele erlebten bei ihnen sehr viel Zuspruch und bedanken sich für die liebevolle Unterstützung. Einige Interviewpartnerinnen bitten um Verständnis, dass man durch die Erkrankung kurzfristig ein „bisschen komisch“ werden kann.
Elke Ferch wünscht sich einen „normalen“ Umgang und eine warme Atmosphäre in den Kliniken.
Helga Dietrich bittet Pflegende, nicht böse zu sein, wenn eine Patientin einmal ausrastet.