Ulrike Blessinger sieht die Endlichkeit als Auftrag, das Leben bewusst zu genießen.
Also im Grunde weiß man es ja schon vorher. Also wie gesagt, ich habe meine Oma begleitet, auch beim Sterben und Freunde und Familienangehörige, die mir nahestanden beerdigt, also vom Verstand her weiß man: Mit der Stunde der Geburt ist auch die Stunde des Gehens eingeläutet. Das ist aber alles im Verstand, im Kopf drinnen. Und das zu spüren und sich dessen bewusst zu werden, verliert oder hat für mich an Dramatik verloren. Weil es ist so, wie es ist. Und es ist nicht so dieses vom Verstand her Besetzte, dem ausgeliefert Sein, ohnmächtig Sein, hilflos: Ich habe ja keine andere Wahl. Sondern: Natürlich, es ist so, wie es ist. Also, es ist vielleicht glaubhafter oder- nicht glaubhafter, das kann man ganz schwer beschreiben. Also es ist nicht mehr nur auf der Verstandesebene: Ich weiß, wenn ich geboren werde, sterbe ich auch. Sondern es ist fassbar, es ist einfach wirklich fühlbar und spürbar und auch genauso, dass es seine Richtigkeit hat. Und damit auch den Auftrag ans eigene Leben impliziert. Eben das Leben hier auch bewusst zu genießen, jeden Tag. Und sich auch seinen Lebenssinn immer wieder zu formulieren und zu suchen und zu hinterfragen und auch einmal wieder über Bord zu werfen, dass das alles sein darf. Also so dieses lockere Dahinleben, das ist schlagartig beendet. Aber das ist ja bei allen Erkrankungen oder massiven Einbrüchen so, also wenn man so seine Unschuld verliert.