Sonja Zeiss-Wengler denkt darüber nach, warum Leute einem aus dem Weg gehen, wenn man an Krebs erkrankt ist.
Bei einem Patiententag, wo wir eine Psychologin eingeladen hatten, die selbst viele Jahre vorher an Brustkrebs erkrankt war und die als Psychologin das Hauptthema Kommunikation hatte und sich halt auch mit diesem Thema Kommunikation zwischen Arzt und Patient und Kommunikation in Bezug auf Krebs auseinandergesetzt hat. Und das war für mich hoch interessant, wie sie sagte: "Krebs ist mit einem gesellschaftlichen Stigma behaftet, so wie früher Pest." Krebs ist ja nicht ansteckend. Trotzdem ist es so, dass einem viele Leute aus dem Weg gehen, wenn sie wissen, dass man an Krebs erkrankt ist. Selbst völlig aufgeklärte, intellektuelle Menschen gehen einem aus dem Weg, wenn man an Krebs erkrankt ist. Nicht, weil sie Sorge haben, dass sie sich anstecken, ich denke da läuft schon noch einmal etwas anderes ab.
Sie haben Angst vor dem Umgang, Angst vor der Krankheit, vor Trauer, vor Verfall. Angst vor dieser Unversehrtheit. Also vor diesem Verlust von Unversehrtheit. Und das ist, glaube ich, etwas, was mich auch am meisten getroffen hat, mich völlig überraschend getroffen hat, weil ich damit nicht gerechnet habe, dass ich so sehr nach irgend so einem Bild von Unversehrbarkeit stecke. Also mit der Diagnose Krebs verliert man dieses Gefühl von Unversehrbarkeit und Unverletzbarkeit. Also irgendwie dieses Gefühl: Ich stehe mitten im Leben, mir kann nichts passieren, mein Leben geht immer weiter. Also viele sagen ja, so mit der Krebsdiagnose ist von einem Tag auf den anderen alles vollkommen anders. Das stimmt ja nicht, es ist ja gar nicht anders. Im Denken verändert sich schon etwas. Was weiß ich, ich betrachte Sachen sicherlich anders. Was anders ist, ist mein Selbstgefühl.
Bis dahin habe ich gedacht: Ich kenne mich. Ich habe ein gutes Körpergefühl, ich bin unversehrbar, ich werde mein Leben leben, bis ich ganz alt werde. Und das hat sich verändert. Und ich habe das Gefühl,dass das in unserer Gesellschaft zu wenig Platz hat. Was heißt zu wenig Platz hat, es ist irgendwie ein Tabu. Es ist immer noch ein Tabu und die Menschen wollen mit der Unversehrbarkeit nicht in Kontakt kommen und wenden sich deshalb ab. Nicht immer als bewusste Entscheidung, ich denke, es ist oft auch unbewusst. Es wird oft auch argumentiert mit: "Naja, ich dachte, Du wolltest hier Deine Ruhe haben und ich wollte Euch irgendwie nicht stören und wollte irgendwie-" Also viele sagen dann immer, wenn man sie später noch einmal anspricht: "Warum hast Du Dich gar nicht einmal gemeldet?" Oder, "Ich habe Dich das ganze letzte Jahr nicht gesehen, Du hast Dich nicht einmal gemeldet und hast einmal eine Postkarte geschrieben oder so, mit 'Wünsche Dir alles Gute', oder so etwas, warum?" "Ja, ich wollte Dich ja nicht stören. Wenn man krank ist, möchte man ja nicht gestört werden."
Das ist die eine Erfahrung. Es gibt natürlich auch andere Erfahrungen, aber diese Erfahrung ist natürlich die verletzende Erfahrung. Es ist die, wo also ein Gefühl entsteht: Gehöre ich noch dazu? Werde ich noch als Teil des Freundeskreises, als Teil des sozialen Zusammenhanges gesehen? Oder bin ich eigentlich schon abgeschrieben in irgendeiner Form? Und meine Strategie war damals - ich glaube es war schon auch, also teils bewusst, teils unbewusst eine Strategie, die einerseits für mich war und andererseits auch für meinen Sohn - ich habe gesagt: "Ich gehe damit absolut an die Öffentlichkeit, also es soll jeder wissen."
Sie haben Angst vor dem Umgang, Angst vor der Krankheit, vor Trauer, vor Verfall. Angst vor dieser Unversehrtheit. Also vor diesem Verlust von Unversehrtheit. Und das ist, glaube ich, etwas, was mich auch am meisten getroffen hat, mich völlig überraschend getroffen hat, weil ich damit nicht gerechnet habe, dass ich so sehr nach irgend so einem Bild von Unversehrbarkeit stecke. Also mit der Diagnose Krebs verliert man dieses Gefühl von Unversehrbarkeit und Unverletzbarkeit. Also irgendwie dieses Gefühl: Ich stehe mitten im Leben, mir kann nichts passieren, mein Leben geht immer weiter. Also viele sagen ja, so mit der Krebsdiagnose ist von einem Tag auf den anderen alles vollkommen anders. Das stimmt ja nicht, es ist ja gar nicht anders. Im Denken verändert sich schon etwas. Was weiß ich, ich betrachte Sachen sicherlich anders. Was anders ist, ist mein Selbstgefühl.
Bis dahin habe ich gedacht: Ich kenne mich. Ich habe ein gutes Körpergefühl, ich bin unversehrbar, ich werde mein Leben leben, bis ich ganz alt werde. Und das hat sich verändert. Und ich habe das Gefühl,dass das in unserer Gesellschaft zu wenig Platz hat. Was heißt zu wenig Platz hat, es ist irgendwie ein Tabu. Es ist immer noch ein Tabu und die Menschen wollen mit der Unversehrbarkeit nicht in Kontakt kommen und wenden sich deshalb ab. Nicht immer als bewusste Entscheidung, ich denke, es ist oft auch unbewusst. Es wird oft auch argumentiert mit: "Naja, ich dachte, Du wolltest hier Deine Ruhe haben und ich wollte Euch irgendwie nicht stören und wollte irgendwie-" Also viele sagen dann immer, wenn man sie später noch einmal anspricht: "Warum hast Du Dich gar nicht einmal gemeldet?" Oder, "Ich habe Dich das ganze letzte Jahr nicht gesehen, Du hast Dich nicht einmal gemeldet und hast einmal eine Postkarte geschrieben oder so, mit 'Wünsche Dir alles Gute', oder so etwas, warum?" "Ja, ich wollte Dich ja nicht stören. Wenn man krank ist, möchte man ja nicht gestört werden."
Das ist die eine Erfahrung. Es gibt natürlich auch andere Erfahrungen, aber diese Erfahrung ist natürlich die verletzende Erfahrung. Es ist die, wo also ein Gefühl entsteht: Gehöre ich noch dazu? Werde ich noch als Teil des Freundeskreises, als Teil des sozialen Zusammenhanges gesehen? Oder bin ich eigentlich schon abgeschrieben in irgendeiner Form? Und meine Strategie war damals - ich glaube es war schon auch, also teils bewusst, teils unbewusst eine Strategie, die einerseits für mich war und andererseits auch für meinen Sohn - ich habe gesagt: "Ich gehe damit absolut an die Öffentlichkeit, also es soll jeder wissen."