Marion Pfulding bejahte aktiv, durch die Behandlung gehen zu wollen.

Es ist ja dieser erste Moment, dass einem ganz klar ist, dass das Leben ja endlich ist. Und jeder sieht sich ja so als 80-Jähriger durch die Welt- Gegend gehen. Also ich habe das ja immer für mich gedacht. Und dass man auf einmal weiß, es kann auch innerhalb kürzester Zeit zu Ende sein. Ich glaube, dass ich mein Leben immer gelebt habe. Also ich stehe nicht da und habe auch keine Sekunde gedacht: Oh mein Gott, Du hast jetzt so viel verpasst, Du wolltest noch so viel machen. Das ist so nicht. Ich glaube, ich habe immer alles gemacht, was ich machen wollte. Es gab auch einen Moment, als die Diagnose da war. Bevor die Behandlung angefangen hat und bevor ich wusste, in wessen Hände ich komme, bevor ich Frau Doktor [Name der Oberärztin] kennengelernt habe, habe ich auf dem Balkon gestanden und habe so gedacht: Willst du das eigentlich oder springst du jetzt? Also jetzt auch nicht hochdramatisch. Sondern einfach ganz nüchtern und sachlich: Will ich das? Will ich das durchlaufen? Und dann habe ich gedacht: Oder würdest du jetzt springen wollen? Und dann war aber in dieser Sekunde klar: Nein, das mache ich nicht. Außerdem weiß ich ja nicht, wie ich aufkomme. Aber ich will das Leben nicht beenden. Ich ziehe das durch. Aber diese Entscheidung habe ich ganz bewusst und auch ganz sachlich, nüchtern mit mir selber, in Diskussion mit mir selbst, innerhalb von ein paar Sekunden geklärt und dann war das auch gut. Aber ich glaube, das ist auch okay, wenn man das einmal bedenkt: Will ich das? Will ich das nicht? Und Dieses: "Ja, ich will das!", gibt einem ja auch die Kraft zu sagen: "Ich habe mich dazu entschlossen, ich gehe durch die Behandlung." Und es war ja auch längst nicht so schlimm, wie ich es gedacht habe. Ich hatte ja nur immer dieses Bild meiner sterbenden Mutter im Kopf. Andere Leute habe ich ja gar nicht so eng begleitet während der Krebserkrankung. Und ich muss sagen, die Medizin ist so fortgeschritten, man kann das gut durchlaufen.
Ich habe Glück gehabt. Ich weiß, dass andere bei der Chemo wirklich gelitten haben oder auch ins Krankenhaus mussten. Da habe ich schon Glück. Aber ich glaube, dass es insgesamt alles nicht mehr so war. Also das mit meiner Mutter ist 35 Jahre her. Da hat sich wirklich viel getan. Und auf dem kann man vertrauen und man kann eben auch auf sich vertrauen und sagen: "Ich gehe da jetzt durch."