Katrin Oppelner wollte sich gleich beim ersten Abnehmen des Verbandes das Ergebnis der Operation anschauen.
Ich
lag in einem Krankenzimmer, in einem Zweibett-Zimmer, als das erste Mal der
Verband abgenommen wurde. Die Ärztin hatte mich gefragt: "Sind Sie bereit?
Möchten Sie es sehen?" Und ich habe natürlich gesagt: "Natürlich muss
ich das sehen, diese Frage stellt sich gar nicht, ich muss mich damit
auseinandersetzen." Und sie hat gesagt: "Okay, dann machen wir das
jetzt." Und meine Bettnachbarin war schon das vierte Mal brusterhaltend
operiert, das muss ich jetzt dabei sagen. Weil während die Ärztin den Verband
abnahm, die ganz fürchterlich geheult hat und ich da einfach nur versteinert
saß, weil mir dieses tierische Geheule so etwas von auf den Senkel gegangen ist
und ich mich gar nicht mit mir selber beschäftigen konnte. Und ich habe dann
die Ärztin angeguckt und gesagt: "Ist okay, wir gehen jetzt ins
Badezimmer." Weil sie wusste ganz genau, was ich gefühlt habe in dem
Moment. Und ich habe gesagt: "Okay, nehmen Sie ihn
ab, ich möchte alleine ins Badezimmer." Klar sind das natürlich
Situationen, da kommen mir gleich schon wieder die Tränen, aber das sind
einfach Situationen, die wünscht man wirklich keinem anderen. Ich aber bin in das
Badezimmer gegangen, habe mich vor den Spiegel gestellt, habe diese frische
OP-Narbe, die natürlich in so einem Moment ganz grausam aussieht, alleine durch
die Schwellung, die man hat, angeschaut. Ich war grün und blau, ich hatte zwei Drainagen in
meinem Körper noch stecken, das war natürlich nicht so ein toller Anblick, wobei
die Narbe an sich wirklich sehr gut aussah. Und ich habe fünf Minuten vor dem
Spiegel gestanden und irgendwann rief die Ärztin einmal, ob alles in
Ordnung wäre und ich gesagt habe: "Ja, ich komme sofort. Moment." Ich
habe mich dann angeguckt und habe gesagt: "Na und? Jetzt fehlt Dir eine
Brust. Ich habe mich angeguckt und habe gesagt: Deswegen hast Du dich jetzt nicht
verändert. Du bist trotzdem dieselbe Person. Du siehst optisch ein bisschen
anders aus, das ist wohl wahr." Meine Bettnachbarin hatte sich in der Zeit
dann ja auch beruhigt, weil ich ja nicht mehr im Raum war. So und dann habe ich
mir überlegt: So, jetzt gehst Du wieder raus und Du ziehst Dir das Nachthemd
nicht an. Du gehst jetzt genau so nackt wie Du bist wieder raus und Du guckst
einfach, wie sie dann reagiert. Weil das war einfach ein Gefühl, wo ich gesagt
habe: "Nein, das will ich so nicht." Und siehe da, sie war etwas
gefasst und sie hat nicht geweint. Und dann hat sie mich angeguckt und hat
gesagt: "Ich verstehe gar nicht, dass Du dabei so cool bleiben
kannst." Ich sage: Weißt Du was? Bevor, das ist meine Meinung, bevor ich
mich vier Mal brusterhaltend operieren lasse, bei meiner wenigen Brust. Wenn
wir von D sprechen würden, Körbchengröße, dann wäre das sicherlich vielleicht
gar nicht so das Problem. Aber bei meinem B und mindestens ein Drittel der
Brust weg, brauchen wir gar nicht darüber sprechen, das ist für mich
verstümmelt. Dann lieber gar nicht und ich möchte ja auch leben."