Helga Dietrich führte ihrem Mann die Hand und zeigte ihm, dass er sie streicheln kann.
Sie sagen, Sie fühlen sich jetzt wieder als vollwertige Frau durch diesen Brustaufbau. Hat das auch die Beziehung zu Ihrem Mann noch einmal verändert?
Ja. Also wir sind uns dann ganz arg näher gekommen. Er fand das so toll, dass da wieder eine Brust war, obwohl er mich vorher auch so akzeptiert hat, aber wir hatten sehr lange Zeit gebraucht, bis wir sexuell wieder zusammen gekommen sind, denn es ist halt doch ein Einschnitt und er hat immer vor dieser Narbe, vor dieser zweiten Hälfte Angst gehabt, das zu berühren. Die Berührungsängste waren da: Oh, ich könnte da etwas verletzen oder ich vergesse mich oder ich tu ihr weh oder so.
Er hat auch sehr schwer gelitten. Er kann zum Beispiel heute nicht ins Krankenhaus gehen, also wenn irgendjemand im Krankenhaus liegt, da kann er nicht rein gehen. Er sagt: "Nein, da ist zu viel abgelaufen." Ja, auch die Männer müssen das verarbeiten und ich glaube, ich bin auch auf ihn zu gegangen. Ich hatte dann, ich weiß nicht, wann das war, aber ich hatte dann damals seine Hand genommen, habe gesagt: "Schau mal, du kannst mich trotzdem streicheln." Ja, ich war eigentlich die, die ihm dann gezeigt hat: Du, ich bin doch kein anderer Mensch. Ich habe mich zwar verändert, ich sage jetzt: "Nein,"- nicht immer: "Ja," sondern auch mal "Nein" zu sagen, ist auch nicht einfach für die Frau. Aber ich bin immer noch die gleiche Frau, die du geheiratet hast. Die Frau, die du geliebt hast, vorher und nachher.
Und das hat ihm viel geholfen, das miteinander reden. Auch in stillen Stunden oder in Einsamkeit oder gemeinsam zu sitzen und miteinander zu reden, weil die Gefahr besteht, auseinander zu gehen, sich dem Anderen nicht mehr zu vermitteln. Die besteht, weil du dann so beschäftigt bist mit deiner Therapie und mit deinem Denken: Sterbe ich, lebe ich, was mache ich jetzt? Komme ich da durch? Ja, da bist du so beschäftigt, da vergisst du Anderes oftmals. Und es passiert auch oft, dass ein Wort den größten Krach ausrichten kann, obwohl es gar nicht so schlimm gewesen wäre. (...)
Und deswegen finde ich die Psychoonkologie so wichtig, weil da es gibt es einen Ort, wo man hingehen kann, wo man reden kann, wo die einen auch auffangen können. Und weil die Tipps geben können und sagen können, so und so ist es. Man kann sich anschreien, man kann miteinander zärtlich sein, man kann miteinander sprechen, weil ich denke, in dieser Situation ist es oft so, dass du dann nicht mehr kannst und nicht magst, weil du immer mit dir selber beschäftigt bist. Und deswegen finde ich das gut, dass es so eine Anlaufstelle gibt, um einfach wieder zueinander zu finden.
Und das haben mir auch diese Frauen von der Frauenselbsthilfe gesagt, die ja auch Handicaps hatten. Die haben mir auch Tipps gegeben: "Geh auf deinen Mann zu, wenn er nicht kommt, geh." Und ich hatte damals seine Hand genommen und habe gesagt: "Schau, du kannst es berühren, du kannst mich streicheln, mein Arm ist noch da, mein Körper ist noch da, es fehlt halt bloß ein Teil." Und ich glaube, das war dieser Durchbruch.
Und Sie wollten auch gestreichelt werden?
Ja, ich habe es dann auch angenommen, weil diese Frauen mir das gesagt haben. Am Anfang nicht, am Anfang war ich so: "Nein, rühr mich nicht an, da ist eine Wunde." Ich habe es ja auch geschützt, deswegen war ich ja auch verdreht, deswegen war ja auch meine Wirbelsäule nicht mehr in Ordnung. Ich habe nicht gemerkt, dass ich eigentlich so gelaufen bin. Und meine Frauen haben mir gesagt, nachdem ich dann den Aufbau gemacht habe und als ich das erste Mal wieder zurück in die Gruppe kam nach der langen Prozedur, da haben die gesagt: "Mensch [Name der Interviewpartnerin], Du läufst ganz anders, Du läufst aufrecht, gerade." - "Hä?" habe ich gesagt: "Das kann nicht sein." - "Doch, du läufst ganz anders."
Es ist ein Unterschied, ob du wieder etwas am Körper hast oder bloß einen Teil, der weghängt. Also manche Frauen können die Klebeprothese tragen, aber ich konnte es nicht tragen, weil ich durch die zwei Bestrahlungen - ist ja auch selten, man macht ja nicht immer zwei Bestrahlungen und dann die Hyperthermie - habe ich so eine empfindsame Haut bekommen, dass ich immer Bläschen darauf bekommen habe. Wenn irgendetwas war, kamen lauter kleine Bläschen und da die Haut feiner geworden ist, musste ich die ja auch schützen. Und das ist auch ein Punkt, da war ich mit mir beschäftigt und habe gar nicht gemerkt: Mensch, hoppla, ich schiebe ja meinen Mann eigentlich auf die Seite.
Und dann bin ich auf ihn zu gegangen und danach haben wir wieder zueinander gefunden und komischerweise hat uns diese Krankheit so eng zusammengeschweißt, wir würden nie wieder auseinander gehen. Wir sind so glücklich miteinander, wir können streiten, wir können uns auch wieder versöhnen. Das ist ganz wichtig, sich wieder zu versöhnen, wieder zueinander zu finden, das ist etwas Wunderbares. Und jetzt sind wir schon so alt geworden und gehen Händchen haltend durch die Straßen oder umarmen uns, das hätten wir vielleicht dann in der Krankheit gar nicht mehr gemacht. Und diese Wege zu finden, das ist so etwas Wunderschönes, wieder die zweite Liebe zu entdecken. Ja, das ist etwas Herrliches. Aber auch wir Erkrankte müssen einen Schritt auf den Partner zu gehen, auf die Kinder zu gehen.
Ja. Also wir sind uns dann ganz arg näher gekommen. Er fand das so toll, dass da wieder eine Brust war, obwohl er mich vorher auch so akzeptiert hat, aber wir hatten sehr lange Zeit gebraucht, bis wir sexuell wieder zusammen gekommen sind, denn es ist halt doch ein Einschnitt und er hat immer vor dieser Narbe, vor dieser zweiten Hälfte Angst gehabt, das zu berühren. Die Berührungsängste waren da: Oh, ich könnte da etwas verletzen oder ich vergesse mich oder ich tu ihr weh oder so.
Er hat auch sehr schwer gelitten. Er kann zum Beispiel heute nicht ins Krankenhaus gehen, also wenn irgendjemand im Krankenhaus liegt, da kann er nicht rein gehen. Er sagt: "Nein, da ist zu viel abgelaufen." Ja, auch die Männer müssen das verarbeiten und ich glaube, ich bin auch auf ihn zu gegangen. Ich hatte dann, ich weiß nicht, wann das war, aber ich hatte dann damals seine Hand genommen, habe gesagt: "Schau mal, du kannst mich trotzdem streicheln." Ja, ich war eigentlich die, die ihm dann gezeigt hat: Du, ich bin doch kein anderer Mensch. Ich habe mich zwar verändert, ich sage jetzt: "Nein,"- nicht immer: "Ja," sondern auch mal "Nein" zu sagen, ist auch nicht einfach für die Frau. Aber ich bin immer noch die gleiche Frau, die du geheiratet hast. Die Frau, die du geliebt hast, vorher und nachher.
Und das hat ihm viel geholfen, das miteinander reden. Auch in stillen Stunden oder in Einsamkeit oder gemeinsam zu sitzen und miteinander zu reden, weil die Gefahr besteht, auseinander zu gehen, sich dem Anderen nicht mehr zu vermitteln. Die besteht, weil du dann so beschäftigt bist mit deiner Therapie und mit deinem Denken: Sterbe ich, lebe ich, was mache ich jetzt? Komme ich da durch? Ja, da bist du so beschäftigt, da vergisst du Anderes oftmals. Und es passiert auch oft, dass ein Wort den größten Krach ausrichten kann, obwohl es gar nicht so schlimm gewesen wäre. (...)
Und deswegen finde ich die Psychoonkologie so wichtig, weil da es gibt es einen Ort, wo man hingehen kann, wo man reden kann, wo die einen auch auffangen können. Und weil die Tipps geben können und sagen können, so und so ist es. Man kann sich anschreien, man kann miteinander zärtlich sein, man kann miteinander sprechen, weil ich denke, in dieser Situation ist es oft so, dass du dann nicht mehr kannst und nicht magst, weil du immer mit dir selber beschäftigt bist. Und deswegen finde ich das gut, dass es so eine Anlaufstelle gibt, um einfach wieder zueinander zu finden.
Und das haben mir auch diese Frauen von der Frauenselbsthilfe gesagt, die ja auch Handicaps hatten. Die haben mir auch Tipps gegeben: "Geh auf deinen Mann zu, wenn er nicht kommt, geh." Und ich hatte damals seine Hand genommen und habe gesagt: "Schau, du kannst es berühren, du kannst mich streicheln, mein Arm ist noch da, mein Körper ist noch da, es fehlt halt bloß ein Teil." Und ich glaube, das war dieser Durchbruch.
Und Sie wollten auch gestreichelt werden?
Ja, ich habe es dann auch angenommen, weil diese Frauen mir das gesagt haben. Am Anfang nicht, am Anfang war ich so: "Nein, rühr mich nicht an, da ist eine Wunde." Ich habe es ja auch geschützt, deswegen war ich ja auch verdreht, deswegen war ja auch meine Wirbelsäule nicht mehr in Ordnung. Ich habe nicht gemerkt, dass ich eigentlich so gelaufen bin. Und meine Frauen haben mir gesagt, nachdem ich dann den Aufbau gemacht habe und als ich das erste Mal wieder zurück in die Gruppe kam nach der langen Prozedur, da haben die gesagt: "Mensch [Name der Interviewpartnerin], Du läufst ganz anders, Du läufst aufrecht, gerade." - "Hä?" habe ich gesagt: "Das kann nicht sein." - "Doch, du läufst ganz anders."
Es ist ein Unterschied, ob du wieder etwas am Körper hast oder bloß einen Teil, der weghängt. Also manche Frauen können die Klebeprothese tragen, aber ich konnte es nicht tragen, weil ich durch die zwei Bestrahlungen - ist ja auch selten, man macht ja nicht immer zwei Bestrahlungen und dann die Hyperthermie - habe ich so eine empfindsame Haut bekommen, dass ich immer Bläschen darauf bekommen habe. Wenn irgendetwas war, kamen lauter kleine Bläschen und da die Haut feiner geworden ist, musste ich die ja auch schützen. Und das ist auch ein Punkt, da war ich mit mir beschäftigt und habe gar nicht gemerkt: Mensch, hoppla, ich schiebe ja meinen Mann eigentlich auf die Seite.
Und dann bin ich auf ihn zu gegangen und danach haben wir wieder zueinander gefunden und komischerweise hat uns diese Krankheit so eng zusammengeschweißt, wir würden nie wieder auseinander gehen. Wir sind so glücklich miteinander, wir können streiten, wir können uns auch wieder versöhnen. Das ist ganz wichtig, sich wieder zu versöhnen, wieder zueinander zu finden, das ist etwas Wunderbares. Und jetzt sind wir schon so alt geworden und gehen Händchen haltend durch die Straßen oder umarmen uns, das hätten wir vielleicht dann in der Krankheit gar nicht mehr gemacht. Und diese Wege zu finden, das ist so etwas Wunderschönes, wieder die zweite Liebe zu entdecken. Ja, das ist etwas Herrliches. Aber auch wir Erkrankte müssen einen Schritt auf den Partner zu gehen, auf die Kinder zu gehen.