Christiane Gertz recherchierte viel zu Chemotherapie und entschied sich dagegen.
Ja, also erholt habe ich mich, wie gesagt. Und mir ist auch bewusst geworden, dass es Krebs ist, als ich wirklich zuhause war und angefangen habe, zu recherchieren. Nach dem Motto: Was will ich jetzt? Weil man hat mir dann gesagt: "Ja, Chemo muss sein." Und dann habe ich gesagt: "Das verstehe ich nicht. Wenn das im Gesunden raus ist, was soll die Chemo?" Aber dann haben sie mir gesagt: "Ja, also es stehen ja auch noch Befunde offen." Das würde man dann in Ruhe besprechen. Gut, dann habe ich angefangen, wirklich zu recherchieren. (...)
Was weiß man eigentlich über Frauen, die keine Chemo machen? Und es war erschreckend wenig. Ich bin dann nach [Stadt] gefahren und habe dort mit Professor [Name des Mediziners] gesprochen. Und habe ihn gefragt- es gibt ja so eine Regel der Mediziner, die heißt: "Number to needed to treat." Also wer braucht es wirklich und wie wirkt es bei denen. Da habe ich gesagt: "Und das würde ich jetzt gerne einmal wissen." Und der war sehr ehrlich und hat gesagt: "Ja, also bei Brustkrebs, da könnte man so sagen, ungefähr 20 Prozent profitieren von einer Chemo." Und dann habe ich gesagt: "20 Prozent, das ist ja eine unglaubliche Aussage. Jeder kluge Mensch würde sagen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ich zu den 80 Prozent gehöre, ist ja viel, viel größer." (…)
Bezeichnend ist für mich eine Aussage gewesen, die für mich wirklich dramatisch war, das kann ich nicht anders sagen. Und zwar sagte die Oberärztin, die mich da beraten hat, die sagte dann zu mir: "Ja, [Name der Interviewpartnerin], Sie müssen sich das so vorstellen, Sie sind dann auf der sicheren Seite." Also wenn ich diese Therapien alle mache. Und da habe ich zu ihr gesagt: "Das ist doch nicht wahr. Das ist doch einfach nicht wahr." Ich sage: "Ich bin hier, auf der- wenn ich das alles nicht mache, genauso unsicher, wie ich unsicher auf der anderen Seite bin. Ich kann nicht wissen, ob ich zu den 20 Prozent gehöre oder zu den 80 Prozent. Und weil Sie das auch nicht wissen, empfehlen Sie das alles. Sie empfehlen das doch, wenn man ganz ehrlich ist, weil das versicherungsrechtliche Gründe hat. Weil ich sonst vielleicht in einem Jahr hier stehe und sage: "Ich habe einen Rückfall, ich habe ein Rezidiv und Sie hätten mir alles empfehlen müssen und das haben Sie nicht getan."
Was weiß man eigentlich über Frauen, die keine Chemo machen? Und es war erschreckend wenig. Ich bin dann nach [Stadt] gefahren und habe dort mit Professor [Name des Mediziners] gesprochen. Und habe ihn gefragt- es gibt ja so eine Regel der Mediziner, die heißt: "Number to needed to treat." Also wer braucht es wirklich und wie wirkt es bei denen. Da habe ich gesagt: "Und das würde ich jetzt gerne einmal wissen." Und der war sehr ehrlich und hat gesagt: "Ja, also bei Brustkrebs, da könnte man so sagen, ungefähr 20 Prozent profitieren von einer Chemo." Und dann habe ich gesagt: "20 Prozent, das ist ja eine unglaubliche Aussage. Jeder kluge Mensch würde sagen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ich zu den 80 Prozent gehöre, ist ja viel, viel größer." (…)
Bezeichnend ist für mich eine Aussage gewesen, die für mich wirklich dramatisch war, das kann ich nicht anders sagen. Und zwar sagte die Oberärztin, die mich da beraten hat, die sagte dann zu mir: "Ja, [Name der Interviewpartnerin], Sie müssen sich das so vorstellen, Sie sind dann auf der sicheren Seite." Also wenn ich diese Therapien alle mache. Und da habe ich zu ihr gesagt: "Das ist doch nicht wahr. Das ist doch einfach nicht wahr." Ich sage: "Ich bin hier, auf der- wenn ich das alles nicht mache, genauso unsicher, wie ich unsicher auf der anderen Seite bin. Ich kann nicht wissen, ob ich zu den 20 Prozent gehöre oder zu den 80 Prozent. Und weil Sie das auch nicht wissen, empfehlen Sie das alles. Sie empfehlen das doch, wenn man ganz ehrlich ist, weil das versicherungsrechtliche Gründe hat. Weil ich sonst vielleicht in einem Jahr hier stehe und sage: "Ich habe einen Rückfall, ich habe ein Rezidiv und Sie hätten mir alles empfehlen müssen und das haben Sie nicht getan."
Und dann war sie etwas irritiert und dann habe ich zu ihr gesagt: "Wenn ich allein Ihre Sprache höre, Sie reden von Chemo-Regimen, von Kampf, von Überleben. In der Sozialwissenschaft ist das die Sprache des Krieges. Und ich erlebe das bei mir aber nicht so, ich erlebe mich als gesund." - "Ja, noch sind Sie gesund." - "Ja. Das bleibt vielleicht auch so. Die Wahrscheinlichkeit ist ja viel höher."
Und dann hat sie aufgegeben und hat zu mir gesagt: "Sie haben ja schon Recht, wir schießen hier aus vollen Rohren auf einen Feind", da haben wir wieder die Sprache, "von dem wir nicht wissen, ob er noch da ist." Und ich erinnere mich, dass dieser Satz bei mir eingeschlagen hat, richtig eingeschlagen und ich gedacht habe: Ja, das kann nicht so ganz falsch sein, wie ich mich hier entscheiden möchte.
Und es gab dann noch einen zweiten- und da habe ich etwas gehört in meinem Leben, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes spirituell nennen würde. Und zwar, während sie sagte: "Wenn Sie Angst vor der Chemo haben, da kann ich Sie sehr beruhigen. Viel früher haben die Frauen sich ja sehr übergeben müssen, das ist nicht mehr, wir geben Ihnen vorher noch dieses Medikament und jenes Medikament. Und dann bekommen Sie das noch und das noch und das noch." Und während ich das nur hörte, hörte ich aus meinem tiefsten Inneren ein klares "Nein". Und dieses "Nein", das war irgendwie- das war, als wenn mein Körper sagen würde: "Aber sonst noch etwas?" Und dieses "Nein", das war faszinierend für mich und ich habe sofort gewusst, das ist richtig. Es gibt ein paar Dinge in meinem Leben, wo ich mich dagegen verhalten habe, wenn ich dieses "Nein" in mir gespürt habe. Es war immer falsch. Und ich habe gedacht: Okay, das ist hier kein Spiel, dieses "Nein" ist klar.
Und dann hat sie aufgegeben und hat zu mir gesagt: "Sie haben ja schon Recht, wir schießen hier aus vollen Rohren auf einen Feind", da haben wir wieder die Sprache, "von dem wir nicht wissen, ob er noch da ist." Und ich erinnere mich, dass dieser Satz bei mir eingeschlagen hat, richtig eingeschlagen und ich gedacht habe: Ja, das kann nicht so ganz falsch sein, wie ich mich hier entscheiden möchte.
Und es gab dann noch einen zweiten- und da habe ich etwas gehört in meinem Leben, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes spirituell nennen würde. Und zwar, während sie sagte: "Wenn Sie Angst vor der Chemo haben, da kann ich Sie sehr beruhigen. Viel früher haben die Frauen sich ja sehr übergeben müssen, das ist nicht mehr, wir geben Ihnen vorher noch dieses Medikament und jenes Medikament. Und dann bekommen Sie das noch und das noch und das noch." Und während ich das nur hörte, hörte ich aus meinem tiefsten Inneren ein klares "Nein". Und dieses "Nein", das war irgendwie- das war, als wenn mein Körper sagen würde: "Aber sonst noch etwas?" Und dieses "Nein", das war faszinierend für mich und ich habe sofort gewusst, das ist richtig. Es gibt ein paar Dinge in meinem Leben, wo ich mich dagegen verhalten habe, wenn ich dieses "Nein" in mir gespürt habe. Es war immer falsch. Und ich habe gedacht: Okay, das ist hier kein Spiel, dieses "Nein" ist klar.