Die Erfahrungen von Thies Kühn
Thies Kühn ist 15 Jahre alt und geht noch zur Schule. Er erhielt die Diagnose ADHS im Alter von ungefähr sieben Jahren. Ungefähr seit dieser Zeit nimmt er regelmäßig Medikamente. Er lebt zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder bei den Eltern. Thies hat einer Veröffentlichung seines Interviews in der Audioversion zugestimmt.
Aufgrund von häufigen Auseinandersetzungen zu Hause beschloss seine Mutter, Thies testen zu lassen. Die Diagnose ADHS wurde gestellt, als Thies in der 2. Klasse war. Bereits kurz darauf bekam er Medikamente und berichtet, dass es danach zu Hause deutlich besser lief und es weniger Streit gab. Mit Hilfe der Medikamente sei er „ruhiger“ geworden und könne sich „besser konzentrieren“. Er plant, die Medikamente auch in Zukunft weiter zu nehmen. Thies kann sich noch gut an die schwierige Zeit davor erinnern. Seine Mutter habe damals z. B. mit Videoaufnahmen von Alltagssituationen gearbeitet, um ihn seine Verhaltensweisen aufzuzeigen. So hat sie zum Beispiel gefilmt, wie Thies Hausaufgaben machen sollte und welche Konflikte es dabei gab.
Thies merkt die Wichtigkeit der Tabletten besonders dann, wenn er vergisst, sie vor der Schule einzunehmen. Dann gerät er beispielsweise schnell in Konfliktsituationen mit seinen Klassenkameraden. Für Thies bedeutet ADHS: nicht ruhig sitzen können, leicht aggressiv zu werden, sich in der Schule schlecht konzentrieren zu können und insgesamt sehr aufgeregt und hibbelig zu sein, sich immer beschäftigen zu müssen. Er versucht einen eher offenen Umgang mit ADHS in der Schule und im Freundeskreis. Für ihn ist ADHS nicht eine „Erkrankung“; er sei halt im Vergleich zu „gesunden“ Kindern „einfach ein bisschen anders“. Er informiert sich über sein ADHS, in dem er zum Beispiel mit seiner Mutter Filme darüber schaut. Seine Eltern sind außerdem in einer Selbsthilfegruppe aktiv. Thies geht zu den regelmäßigen Kontrollterminen und hat darüber hinaus Neurofeedback ausprobiert, konnte allerdings nur eine kleine Verbesserung des Konzentrationsvermögens feststellen.
ADHS ist für Thies nicht nur in der Schule, sondern auch in seiner Freizeit allgegenwärtig. Wenn er sich mit Freunden trifft oder Konsole spielt, habe er oft keine Geduld und werde schnell aggressiv, wenn etwas nicht so klappt. Körperliche Tätigkeiten, wie Holzhacken, erzeuge bei ihm „ein befreiendes Gefühl“. Er fühle sich allgemein besser, wenn er sich viel bewegt und sich so „auspowern“ kann.
Das Interview wurde 08.12.2015 geführt.