Sarah Herzbergs Sohn erfüllt oft nicht die schulischen Arbeitsaufforderungen, kann aber sehr konzentriert Anderes machen. Und das imponiert auch der Lehrerin, selbst wenn der Unterricht manchmal an ihm vorbeiläuft.
Also sie hat als störend empfunden, das der Junge sich nicht nur auf dem Tisch, sondern auch unter dem Tisch immer ausgebreitet hat. Und wenn sie also Arbeitsaufforderungen gegeben hat: „Ihr macht jetzt bitte das und das" –, dass er einfach gar nicht angefangen hat, weil er war damit beschäftigt, zum Beispiel seine Stifte nach Farben zu sortieren. Weil das für ihn sehr viel wichtiger und schöner war oder eben hat auch einfach nur einen Teil der Arbeitsanweisung überhaupt mitgekriegt. Und während er damit beschäftigt war, das eine abzuarbeiten, hatte er den Rest schon wieder vergessen und das hat sie einfach gestört, weil er dann natürlich bei anderen Kindern nachfragen musste: „Was hatten wir denn jetzt noch, was muss ich denn noch machen?" Und dadurch ist er einfach unangenehm aufgefallen. Logischerweise. Nicht weil er den Unterricht an sich gestört hätte, sondern einfach weil er eben nicht strukturiert ist. Aber das ist er heute auch noch. Also er wandert – seine Gedanken wandern dann einfach weg. Er sieht irgendwas und dann ist er damit beschäftigt. Also er war auch immer damit beschäftigt sich darüber aufzuregen, dass sie immer die gleiche graue Strickjacke anhatte. Und es ist noch heute so, er hat eine Englisch-Lehrerin, die also immer mal wieder ihren Schmuck wechselt und auch den Nagellack, dass er ihr dann einfach sagt: „Passen Sie mal auf, der Nagellack, der passt aber jetzt nicht zu dem, was Sie da anhaben." Sie weiß das inzwischen. Und sie weiß das auch zu schätzen, weil sie weiß, dass er ein Auge dafür hat und sie ändert es dann auch entsprechend. Aber so ist er einfach. Er kann da nichts für. Er sieht das und es fällt ihm auf und es beschäftigt ihn so sehr, dass er den eigentlichen Unterricht eben leider nicht mitkriegt. Der läuft an ihm vorbei.