Die Erfahrungen von Oscar Ruth
Oscar Ruth ist zum Interviewzeitpunkt 15 Jahre alt und hat ADHS. Er ist der Bruder von Tessa und Marco Ruth. Oscar sieht nicht nur Nachteile durch die Störung: Sein Aktivitätsdrang hilft ihm beispielweise, ein guter Sportler zu sein. Oscar Ruth hat einer Veröffentlichung seines Interviews in der Textversion zugestimmt.
Oscar ist 15 Jahre und hat wie zwei seiner Geschwister ADHS. Er selbst erhält im Gegensatz zu ihnen keine Medikamente. Vereinzelt hat er aber schon Tabletten probiert. Nicht zuletzt wegen der möglichen Nebenwirkungen nimmt er keine Tabletten und will es lieber aus „eigener Kraft“ schaffen. Er kann sich aber durchaus vorstellen, Tabletten später einmal zu nehmen, z. b. für das Abitur.
Oscar erzählt von großem „Bewegungsdrang“ und dass er durch Sport und insbesondere Fußball diesen „Energiestau ablassen“ kann. Sein Hauptproblem neben dem Bewegungsdrang ist, dass er vergesslich ist. Das könnte, fürchtet er, auf Andere so wirken, als hätte er keine Lust zuzuhören. Im Unterricht fällt ihm es schwer, aufzupassen und er ärgert sich darüber. Oscar sagt von sich, dass er eher ein „schlechterer Schüler“ ist und kann sich vorstellen, dass die ADHS einen „großen Einfluss darauf hat“. Wobei es sich bei der mündlichen Note eher positiv auswirkt, da er sich viel meldet: für ihn eine Möglichkeit, seine Energie produktiv einzusetzen. In sehr wichtigen Momenten, wie beispielsweise in einer „Drucksituation“, gelingt es ihm meist, sich „zusammenzureißen“, während er sich zuhause nicht „verstellt“, denn da kann er „richtig er selbst sein“.
Er geht „relativ locker“ mit seiner Diagnose um, erzählt anderen meistens direkt darüber. Manchmal aber hat er „keine Lust darüber zu reden“, weil er „kein Fass aufmachen will“. Er hat nicht das Bedürfnis, aktiv gegen ADHS „vorzugehen“, also etwas an den Auswirkungen der Erkrankung zu verändern. Schlechte Erfahrungen mit Reaktionen von Personen, die von seiner Diagnose erfahren, machte er bislang kaum.
Mit seinem Freund, der ebenfalls ADHS hat, tauscht er sich gelegentlich aus und informiert sich im Internet ein wenig über die Definition und Vor- sowie Nachteile von AD(H)S. Als Vorteil sieht er, dass ADHS positiv zu seiner Sportlichkeit beiträgt, indem es ihm „so eine Art Kick gibt“ und „ein Schub mehr kommt“. Außerdem ist er allgemein weniger „zurückgezogen“ sowie „aufgeweckter“ als Andere und geht „wacher durch das Leben“.
Das Interview wurde 29.06.2016 geführt.