Nele Ewert bemerkte verschiedene, durchweg positive Auswirkungen der Tabletten, auch wenn ihr Sohn sie nicht gern nehmen wollte.
Der (Name des Kindes) mochte die Tablette sehr ungern nehmen. Er hat, was hat er gesagt? Dass es sehr unangenehm ist für ihn, die zu nehmen und dass er auch lieb sein kann ohne. Und wenn man das so hört, dann tut es einem schon sehr weh. Man möchte ja auch nicht sagen: „Nein, du kannst ohne Tablette nicht lieb sein." Sondern ich sage ihm dann, dass es darum gar nicht geht, sondern dass er sowohl lieb sein kann, sondern dass er sich nicht so konzentrieren kann. Und er hat eine über durchschnittliche visuelle Wahrnehmung. Ergotherapeutin hat das gesagt. Aber erklärt auch einiges, dass er so gerne zocken möchte oder das er im Kickern unschlagbar ist oder vieles auf einmal sieht und wahrnimmt – und, dass das in der Schule zu viel wird und er sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren kann. Aber, weil ich habe das Gefühl, dass er jetzt auch langsam sieht, dass es besser läuft als im Kindergarten und dass er sich angenommener fühlt. Also beim (Name des Kindes) hätte ich nie gedacht, dass das bei ihm schon ein bisschen am Selbstbewusstsein gekratzt hat – das ADHS. Tut es sehr wohl. Da kann jeder sagen was er will. Ich glaube schon, dass das, wenn man intelligent genug ist, auch am Selbstbewusstsein kratzt. Bei ihm habe ich das nie gedacht, weil er immer so ein Sonnenschein aufblühender war. Aber es gibt einige Situationen, wo mir das schon aufgefallen ist. Also in der Waldorfschule: Wachsmalstifte, jede Woche eine neue Farbe. „Mama guck mal, ich habe heute drei Farben bekommen. Wer weiß, was wir nächste Woche machen. Vielleicht Mathematik?" Er dann so: „Was ist eigentlich Mathematik?" Obwohl er das Wort selber gesagt hat. Ich so: „Rechnen" „Ach ne, das will ich nicht. Das können alle viel besser als ich." Und das ist halt überhaupt nicht wahr. Der Junge hat sich das Rechnen selber beigebracht, er hat gar keinen Grund, dass so zu denken und tut es dennoch. Und da habe, ich gesagt: der hat schon Erfahrungen gesammelt im Kindergarten – was man so von außen vielleicht gar nicht gesehen hat aber wo er sich hinterfragt hat. „Die können das besser als ich." Und der Junge kann im sechziger Bereich rechnen. Warum denkt er sowas, frage ich mich. Oder das er ein Bild gemalt hat. Und der Lehrer wollte das sehen und er wollte das nicht. Und da gab es einen richtigen Streit zwischen ihm und dem Lehrer. Also ist ein bisschen eskaliert und der Lehrer hat gesagt: „Komm, wir gehen raus spazieren. Da kannst du dich beruhigen." Ging gar nichts. Und mittlerweile ist es so, da kam der Lehrer zu mir und hat gesagt: „Der (Name des Kindes) ist heute das erste Mal nach vorne gekommen und hat mir ein gemaltes Bild von ihm gezeigt." Und also der merkt schon. Also die sind da sehr feinfühlig und wissen auch, dass mir das wichtig ist. Aber das zeigt mir, dass das ganz früh am Selbstbewusstsein kratzt, dass sie merken, dass sie anders sind. Was er mal mit vier gesagt hat, dass er nicht mehr in Kindergarten gehen will. Der ist immer gern in Kindergarten gegangen. Die Erzieher lieben ihn, er die Erzieher. Und irgendwann abends beim Einschlafen, sagt er: „Mama, ich will nicht mehr in den Kindergarten gehen. Ich kriege immer nur geschimpft." Und das sind dann halt schon Situationen, wo man denkt: „Wer weiß, was er die Nächte zuvor gedacht hat." Oder so. Und von daher bin ich schon froh, dass es die Tabletten gibt. Man sollte nicht sofort dazu greifen, aber man sollte auch nicht zu spät.