Die Erfahrungen von Lore Pfeffer

Portrait Zum Zeitpunkt des Interviews im Februar 2024 war Lore Pfeffer 56 Jahre alt und lebte allein in einer Wohnung auf dem Land. Vor ihrer ersten Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 war sie bereits mehrfach mit dem COVID-Impfstoff geimpft worden. Sie entwickelte während der akuten COVID-19-Erkrankung einen leichten Schnupfen, Müdigkeit sowie Muskel- und Nervenschmerzen. Diese Symptome bis auf den Husten hielten bis zum Zeitpunkt des Interviews im Februar 2024 an. Lore Pfeffer wurde im September 2023 in einer COVID-Ambulanz mit Long-COVID diagnostiziert und war seit August 2023 arbeitsunfähig.

Im Februar 2022 arbeitete Lore Pfeffer als Krankenpflegerin in einem Pflegeheim. Aufgrund vermehrter COVID-19-Fälle unter Bewohnenden und Pflegekräften galt ein Besuchsverbot im Heim. Lore Pfeffer war sich des hohen Ansteckungsrisikos bewusst und schützte sich und ihr engstes soziales Umfeld durch private Isolation sowie strikte Einhaltung aller Hygiene- und Schutzmaßnahmen bei der Arbeit. An einem Tag im Februar 2024 bemerkte sie erste Anzeichen einer Erkältung wie Schnupfen und blieb zu Hause. Sie testete sich täglich mit Antigen-Schnelltests, die an den ersten beiden Tagen negativ ausfielen. Am dritten Tag war das Testergebnis jedoch positiv. Gemäß den damals geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen begab sie sich daraufhin für 14 Tage in häusliche Isolation. Sie blieb im gesamten Zeitraum positiv. Ihre Eltern, die über ihr wohnten, stellten ihr das Essen vor die Tür. Die örtliche Bezirksverwaltung erkundigte sich täglich nach ihrem Wohlbefinden und bot Unterstützung an, falls sie Lebensmittel oder andere Dinge benötigte. Während der Isolation litt sie unter großer Erschöpfung und starken Muskel- und Nervenschmerzen, die sie sehr verunsicherten. Rückblickend beschrieb sie ihren Krankheitsverlauf jedoch als eher mild. Sie habe die Ruhe in ihrem sonst hektischen Arbeitsalltag während der Isolation sehr genossen und intensiv zur Erholung genutzt. Nach den Tagen Isolation hatte sie immer noch starke Schmerzen, weshalb sie von ihrem Hausarzt weiter krankgeschrieben wurde. Insgesamt blieb sie etwa sechs Wochen zu Hause, bevor sie wieder zur Arbeit ging.

Wegen anhaltender Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Nerven- und Muskelschmerzen suchte sie nach ein paar Wochen erneut ihren Hausarzt auf. Dieser konnte ihr jedoch nicht helfen und überwies sie an eine Neurologin. Nach verschiedenen Untersuchungen ohne Befund bei der Neurologin und einer anschließenden Konsultation bei einem Neuropsychologen, den sie bereits aus ihrer Arbeit im Altenheim kannte, fühlte sich Lore Pfeffer nicht ernst genommen und fand keine Linderung ihrer Beschwerden.

Von einer Freundin erfuhr sie von einer Selbsthilfegruppe und nahm Kontakt auf. Die Leiterin der Gruppe empfahl ihr, sich in einer nahen gelegenen Ambulanz für Long-COVID vorzustellen. Nach langem Warten bekam Lore Pfeffer im September 2022 einen Termin. Sie unterzog sich verschiedenen Tests und erhielt schließlich die Diagnose Long-COVID und die Empfehlung für eine Rehabilitationsmaßnahme. Daraufhin stellte sie einen Reha-Antrag und erhielt Anfang 2023 die Zusage der Rentenkasse für eine psychosomatische Reha. Sie erkundigte sich bei ihrer Rentenkasse, ob eine spezielle Long-COVID-Reha möglich sei, was leider nicht der Fall war.

Bis zur Reha arbeitete Lore Pfeffer, musste sich aber wegen ihres Zustandes immer wieder krankschreiben lassen, weil sie sich überlastet fühlte und nichts mehr ging. In dieser Zeit hörte sie mit dem Rauchen auf. In der Reha wurde sie körperlich fit gemacht, sie begann zu joggen, schwamm täglich und stellte ihre Ernährung um. Sie fühlte sich dort sehr wohl, wie in einer Seifenblase ohne Störungen von außen. Sie verzichtete bewusst auf Besuch, um sich ohne soziale Verpflichtungen ganz auf sich konzentrieren zu können. Lore Pfeffer beantragte eine Verlängerung der Reha um zwei Wochen, die ihr auch gewährt wurde, und verbrachte insgesamt sieben Wochen in der Reha.

Nach ihrer Rückkehr nach Hause fühlte sie sich zunächst wieder körperlich fit und nahm ihre Arbeit wieder auf. Etwa vier bis sechs Wochen später erlitt sie einen Zusammenbruch, bei dem sie tagelang im Bett lag und am Ende ihrer Kräfte war. Von diesem Crash erholte sie sich nicht mehr vollständig und war seit August 2023 arbeitsunfähig. Daraufhin entwickelte sie ein eigenes Rehabilitationsprogramm, das aus Reha-Sport und Ergotherapie bestand und ihr besonders bei der Linderung ihrer Schmerzen half. Zudem empfand sie die Lymphdrainage als besonders entlastend.

Da sich Lore Pfeffer vermutlich während ihrer pflegerischen Tätigkeit im Pflegeheim mit COVID-19 infiziert hatte, informierte sie auch die Berufsgenossenschaft (BG). Die BG erkannte Long COVID bereits als Berufskrankheit an. Bis zum Zeitpunkt des Interviews im Februar 2024 hatte Lore Pfeffer außer der Befreiung von den Kosten für Ergo- und Physiotherapie keine weiteren Unterstützungsleistungen erhalten.

Aufgrund ihrer Long-COVID-Symptome trennte sie sich von ihrem Partner, da sie die Beziehung überforderte. Auch einige Freunde zogen sich zurück. Doch ihre Familie stand ihr in dieser Zeit fest zur Seite und gab ihr Kraft.

Im Februar 2024, zum Zeitpunkt des Interviews, hatte Lore Pfeffer gerade eine eigene Selbsthilfegruppe gegründet, die ihr viel Mut und Unterstützung im Umgang mit der Krankheit gab. Sie bemühte sich, regelmäßig in die Sauna zu gehen. Auch wenn sie manchmal nur eine halbe Stunde darin verbringen konnte, half ihr schon das kurze Aufwärmen, die Schmerzen zu lindern. Auch das Schwimmen tat ihr gut. All dies konnte sie nur bewerkstelligen, indem sie ihre Kräfte sorgfältig einteilte und darauf achtete, sich täglich nicht zu sehr zu verausgaben.