Die Erfahrungen von Hans Guckt

Portrait Hans Guckt ist zum Zeitpunkt des Interviews 29 Jahre alt. Seit einem Berufsunfall vor 2 ½ Jahren ist er querschnittsgelähmt und war zunächst auf einen Rollstuhl, dann auf eine Gehhilfe angewiesen. Nach dem Unfall und der Akutversorgung verbrachte er 4 ½ Monate in einer berufsgenossenschaftlichen Klinik. Hans Guckt ist Lehramtsstudent für Biologie und Deutsch und steht kurz vor dem Abschluss. Seit dem Unfall bezieht er eine Unfallrente aus seiner selbständigen Tätigkeit als Forstwirt.

Bei einem Arbeitsunfall stürzte Hans Guckt mehrere Meter tief ab und erlitt dabei Verletzungen, die zu einer inkompletten Querschnittslähmung führten. Nach einer kurzen Zeit auf der Intensivstation wurde er in eine berufsgenossenschaftliche Unfallklinik auf eine Spezialstation für Querschnittslähmung verlegt. Er erlebte die Verlegung und die Klinikabläufe, als sei er in eine Maschinerie geraten. Anfangs fühlte er sich in der Reha nicht wohl, lernte dann aber schnell Leute kennen. Die Stimmung unter den Patienten und die Krankenhausatmosphäre empfand Hans Guckt als sehr deprimierend. Er machte es sich dann selber in seinem Zimmer schön. Er fand es toll, wie sich die Pflegenden trotz Zeitdrucks um ihn kümmerten in dieser Phase, in der er sich als sehr abhängig erlebt hat.

Anfangs erhielt er viel Besuch von Angehörigen und Freunden. Später war das Alleinsein ebenfalls wichtig für ihn, um Zeit für sein Training zu haben. Sobald es ging, war er am Wochenende zuhause zur Mobilisierung und Alltagserprobung. Die Ausnahmesituation brachte auch Konflikte und Krisen mit der Mutter und seiner damaligen Freundin mit sich.

Hans Guckt erlebte die Kommunikation mit den Ärzten hinsichtlich der Diagnose und Prognose als entmutigend und wünscht sich mehr Bewusstheit bei Ärzten darüber, welches Gewicht eine ärztliche Aussage für Patienten hat. Als besonders belastend erlebte er, dass sein Therapieziel, wieder Laufen zu lernen, im Konflikt stand mit dem Ziel der Einrichtung, auf das Leben im Rollstuhl vorzubereiten. Die Angebote Rollstuhltraining und -sport sah er als nicht ausreichend für seinen Heilungsprozess an. Hans Guckt organisierte sich daraufhin über private Kontakte unabhängig von der Klinik ein eigenes Trainingsgerät zur koordinationsdynamischen Therapie und trainierte daran in seinem Zimmer. Dies führte zu Konflikten mit den Ärzten und Pflegern, die an rechtliche Vorgaben gebunden waren. Er erlebte sich in diesem Prozess als Störfaktor im Reha-Betrieb. Seine Mitpatienten sahen sich allerdings von seiner Initiative ermutigt, schlossen sich zum Teil an sein Training an und halfen sich untereinander.

Es wurde eine Einigung gefunden, die es Hans Guckt ermöglichte, neben dem offiziellen Therapieprogramm sein eigenes Training zu machen. Er setzte sich darüber hinausgehend auch für Akupunktur- und Hypnosebehandlungen ein, da die Heilung für ihn ganzheitlicher zu begreifen war. Er konnte dann auch verhandeln, dass ihm statt eines ambulanten Trainings nach der Entlassung ein einwöchiger Aufenthalt in der Schweiz bezahlt wurde, wo er sein Training weiterführen konnte. Für seine berufliche Umorientierung wurde ihm ein Berufshelfer zur Seite gestellt. Insgesamt ist er sehr froh und dankbar, dass ihm dies alles letztlich ermöglicht wurde. Mithilfe all dieser Initiativen gelang es Hans Guckt tatsächlich, sich vom Rollstuhl unabhängig zu machen und sich in noch eingeschränkter Weise das Laufen wieder beizubringen.

Für Hans Guckt hat seine eigentliche Reha in Eigeninitiative stattgefunden und hält für ihn immer noch an. Die Einrichtung bot die Tagesstruktur für das eigene Training, denn alleine ist es für ihn manchmal schwierig, die notwendige Motivation und Ausdauer aufzubringen. Seine optimistische Grundeinstellung und Experimentierfreude hat er als sehr hilfreich im Reha-Prozess erlebt. Ganz wichtig war für ihn, sich nicht von der Diagnose und Prognose der Ärzte abhängig zu machen. Besondere Momente in der Natur, die er auch unter den erschwerten Bedingungen in der Reha aufsuchte, haben für ihn viel dazu beigetragen, sich mit der neuen Situation anzufreunden.

Das Interview wurde im Frühjahr 2014 geführt.