Die Erfahrungen von Julia Brandt

Portrait Epilepsie unbekannter Ursache, einfach fokale Anfälle, tonisch-klonische Anfälle. Julia Brandt ist 28 Jahre alt. Sie erhielt die Diagnose Epilepsie im Alter von 18 Jahren, nach ihrem ersten großen Anfall. Bis zu ihrem sechsundzwanzigsten Lebensjahr hatte sie immer wieder nächtliche Anfälle. Seit fast drei Jahren hat sie keine tonisch-klonischen Anfälle mehr, aber noch regelmäßige Auren. Sie wohnt mit ihrem Freund zusammen, schreibt ihre Promotion und arbeitet als Naturwissenschaftlerin in einem Labor.

Kurz bevor Julia Brandt 18 Jahre alt wurde, hatte sie nach einer Party im Schlaf ihren ersten tonisch-klonischen Anfall. Ihr damaliger Freund erzählte ihr am nächsten Morgen davon, sie selbst hatte von dem Anfall nichts mitbekommen. Kurze Zeit später kam es zu einem weiteren Anfall, daraufhin wurde sie neurologisch untersucht und medikamentös eingestellt. Dennoch hatte sie immer wieder in unregelmäßigen Abständen nächtliche Anfälle und Auren. Die Anfälle werden häufig durch Stress und Übermüdung ausgelöst. Seit fast drei Jahren hat Julia Brandt nur noch Auren.

Diese erlebt Julia Brandt als komischen Zustand, der sich durch ein Déjà-Vu ankündigt und manchmal in ein mulmiges Gefühl im Bauch mit Panikempfinden übergeht. Sie beschreibt, dass sie sich in solchen Momenten kurz hinsetzen oder hinlegen muss. Manchmal kann sie nach einer Aura für einige Minuten nicht sprechen. Aus Sicht ihres Arztes lässt diese Aphasie einen Anfallsherd im Sprachzentrum vermuten. Die Ursache der Anfälle ist bis heute ungeklärt.

Julia Brandt berichtet, dass sie nach der Diagnosestellung Schwierigkeiten hatte, einen Neurologen zu finden, mit dem sie zurechtkam. Sie fühlte sich manchmal nicht ernst genommen und schildert, dass sie über die Art und Weise der Kommunikation zwischen Patient und Arzt teilweise erschrocken war. So gab es einen Arzt, der Schwierigkeiten hatte, sie als erwachsene Person zu behandeln, eine andere Ärztin drückte sich sehr ungeschickt aus, als sie Untersuchungsergebnisse vermittelte, so dass sie sich unnötig Sorgen machte. Sie würde sich wünschen, dass die Ärzte sich mehr in die Situation des Patienten hineinversetzen.

Julia Brandt erzählt, dass sie sich von der Diagnose nie beeinflussen oder einschränken lassen wollte. Da ihre großen Anfälle schlafgebunden waren, gelang ihr dies immer relativ gut. Sie selbst hatte irgendwann beschlossen, dass die Epilepsie ein Teil von ihr sei und versucht auch heute noch, ein ganz normales Leben zu führen.

Unterstützung erfährt Julia Brandt vor allem durch ihre Eltern und ihren Freund. Inzwischen hat sie auch einen Arzt gefunden, von dem sie sich unterstützt fühlt. Um Stress zu verhindern treibt sie viel Sport. Auch Gespräche mit Menschen, die wissen wie es sich anfühlt, Anfälle zu haben, empfindet sie als wohltuend.

Das Interview wurde im Herbst 2011 geführt.

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