Siegfried Degenhardt hat schon viele Diabetiker beim Insulinspritzen beobachtet. Für ihn ist es eine Horrorvorstellung, selbst spritzen zu müssen.

Also ich habe keine Angst, keine Angst vor Spritzen. Ich habe vorhin gesagt ich geh' sogar gern zum Zahnarzt. Deswegen, weil mir die Spritzen überhaupt nichts ausmacht. Außer dieses saublöde taube Gefühl. Das hab ich auch nicht gern. Aber wenn die Spritze da reinkommt, das merkt man ja heute gar nicht mehr. Das sind ja ganz dünne Spritzen. Nein einfach diese, was mich an den Spritzen stört ist, dass man sich eigentlich nichts richtig vornehmen kann. Ich habe ja vorhin schon mal gesagt, ich bin zwar jetzt im Augenblick nicht mehr so viel - nachdem man auch älter wird lässt man auch das ein oder andere - aber ich bin ansonsten viel auch unterwegs, so im öffentlichen Leben. Und da kann ich mir nicht vorstellen, dass ich irgendwann sage: "Jetzt muss ich die Sitzung mal unterbrechen, ich muss da jetzt mir eine Spritze in den Bauch oder in den Oberschenkel jagen." Und dann auch dieses - verbunden ist es ja auch immer mit dem Nachzählen wie viel Broteinheiten hast du gemacht - das nenne ich - für mich ist das ein Horror. Obwohl die Spritzen gerade jetzt - vorgestern hat mir einer wieder, der hat sich so ein Ding neu gekauft, übrigens die sind ganz schön teuer, sowas. Aber ist ja alles so leicht und schön anzusehen. Und na gut, der sagt:"Was soll es, mir macht das nichts aus." Du kannst da ruhig sitzen, denn zieht der seinen Pullover hoch und haut das da rein. Aber das wäre für mich keine angenehme Sache. Und ganz früher, als ich noch Schüler war, weiß ich von einem Schulfreund, dessen Vater hat sich gespritzt, da hab ich schon immer Horror vor gehabt, weil es da noch so war, da spritzte man sich noch nicht in den Bauch sondern nur in die Oberschenkel. Und der machte das auch. Der hatte da keine Probleme, wenn wir Jungs dabei waren. Aber da war ein Einstich neben dem andern. Da hab ich immer noch so gesagt: "Mensch, wie lange soll das noch gehen bald ist kein Platz mehr." Und sowas hängt ja auch irgendwo im Kopf. Also meine Hoffnung ist, dass durch die Medikamente und durch mein Dazutun, dass ich immer schön brav das mache was der Arzt sagt, es nicht weiter voranschreitet, dass es dazu kommt. Also ich will gerne bis an mein Lebensende diese Tabletten da nehmen, weil ich ja auch sehe, dass sie was bewirken. Aber das, dabei solls dann auch bleiben, es ist ja auch so: wenn man - ich bin auch viel im Ausland. Ich wüsste gar nicht - ich war mal drei Wochen auf so einer - also keine Safari sondern, das war mehr oder weniger so eine politische Geschichte in dem ärmsten - eines der ärmsten Ländern der Welt in Eritrea. Da hätte ich gar nicht gewusst, wenn ich Diabetes 2 gehabt hätte und hätte so eine Spritze da dauernd mitnehmen müssen, die Leute haben da keine Tasse um Wasser zu trinken. Das müssen sie mit Blättern zusammenraufen und aus dem Bach trinken. Und ich käme dann mit so einer Spritze da an das wär ja schlimm also aber es gibt Leute, die reisen aber müssen im Rollstuhl sitzen das geht auch.

Also es gibt viele Bekannte in meinem - also viele Diabetiker in meinem Bekanntenkreis - denen es so geht und ich habe die noch nie klagen hören. Ich weiß nicht, entweder reden sie nicht drüber oder es macht ihnen wirklich nichts aus. Ich würde vielleicht auch wenn es so wäre, vielleicht auch nicht da groß drüber reden, und müsste das einfach geduldig mit mir selbst abmachen. Aber schön ist es nicht. Um das - man weiß ja, oder in den meisten Fällen ist es so, dass das keine kurzfristige Sache ist, sondern dass man das möglicherweise bis zum Ableben machen muss. Sich selber spritzen. Und dann kommt ja noch dazu wenn dann auf - eine andere Krankheit nebenbei auftaucht und man selber gar nicht mehr in der Lage ist und das muss dann noch jemand aus der Familie machen. Das ist sicherlich nicht einfach. Also ich glaube so ein Ehepartner kann das dann eher, als die eigenen Kinder. Glaub ich, ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht wie ich mich da verhalten würde, wenn ich es hätte machen müssen. Aber man kann sich ja alles aneignen und anlernen.