Unterwegs sein und reisen

Für viele Darmkrebspatient*innen stellen sowohl kleine als auch große Reisen eine große Hürde dar, weil sie aufgrund ihrer Darmtätigkeiten oder eines Stomas häufiger und länger darauf angewiesen sind, eine Toilette in ihrer Nähe zu wissen. Hinzu kommt, dass die Interviewpartner*innen, die noch in Behandlung sind, auf entsprechende Termine angewiesen sind und daher nicht frei heraus ihren Urlaub planen können. Manche fühlen sich zu schwach, um unterwegs zu sein oder erzählen, dass sie Angst haben vor Gerüchen oder Geräuschen und Veränderungen ihres Aussehens die mit der Darmtätigkeit zusammenhängen (siehe auch https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/mobil-sein-auto-fahren-als-krebspatient.php).

Besonders unsere Erzähler*innen, die mit einem Stoma leben (siehe auch „Leben mit dem Stoma“), müssen bezüglich ihrer Versorgung besonders darauf achten, nichts zu vergessen und brauchen bestimmte sanitäre Anlagen, um unterwegs sein zu können. Hierzu berichten viele unserer Erzähler*innen von ihren Erfahrungen, die sie insbesondere auf Fernreisen gemacht haben. Sie fanden es wichtig vorab zu prüfen, ob die sanitären Anlagen in Hotels geeignet seien, um die Irrigation durchzuführen. Ebenso achten sie auf die Wasserqualität, wobei manche die Erfahrung machten, dass es für sie nicht nötig war, das Wasser abzukochen. Spontane Ausflüge sind demnach für viele Interviewpartner*innen kaum möglich.

Dieter Loewe hatte auf Reisen schon mehrere Erlebnisse mit Zöllnern und Kontrolleuren.

Joachim Braun verteilt bei Flugreisen seine Stomaversorgung immer auf mehrere Gepäckstücke auf.

Karl Bergmann wurde mit der Zeit erfinderisch, wie er auch unterwegs die Irrigation durchführen konnte.

Für manche unserer Erzähler*innen sind die Versorgung ihres Stomas oder auch andere Einschränkungen eine Hürde, sich auf Reisen zu begeben. Während manche sich aber nicht abhalten ließen, mussten andere zunächst noch vorsichtig sein und ihre Mobilität einschränken. Einige erzählen, dass sie auch keine Busreisen mehr machen, weil sie die Toiletten entweder geschlossen oder besetzt vorfinden und es ihnen peinlich ist, diese ständig aufsuchen zu müssen.

Obwohl zu DDR-Zeiten die Stomaversorgung schlecht war, ließ Clara Ott sich nicht vom Reisen abhalten.

Iris Niebling ist gerne unterwegs, aber mit dem Stoma und dem Katheterisieren macht sie keine Fernreisen mehr.

Lotte Buchs hatte anfangs Angst, irgendwohin alleine zu fahren.

Für viele Stomaträger*innen ist es eine wesentliche Erleichterung, dass sie über einen Schlüssel für öffentliche Behindertentoiletten verfügen, auf den sie ein Anrecht haben. In Broschüren kann man sich informieren, wo man die Toiletten findet. Näheres hierzu vermitteln die Selbsthilfegruppen (siehe „Selbsthilfe“).

Für viele unserer Erzähler*innen, die anfangs auf Reisen verzichten mussten, war es eine große Befreiung, sich mit der Zeit auch wieder weiter weg bewegen zu können und wieder ein solches Vertrauen in sich und die Versorgung zu haben, dass sie den Mut aufbrachten, sich auf den Weg zu machen.

Bernhard Kleinstück organisierte Reisen mit seiner Selbsthilfegruppe; dort brauchte sich niemand zu genieren.

Endlich wieder ins Ausland zu reisen, ist für Henriette Schiller ein Stück Lebensqualität.

Auch für unserer Erzähler*innen, die kein oder nur vorübergehend ein Stoma hatten, ist es oft nicht leicht, unterwegs zu sein (siehe auch „Einschränkungen und Unterstützung im Alltag“), denn auch ohne ein Stoma sind häufig Pflegeartikel nötig, es muss mehr Zeit auf der Toilette eingeplant werden und ebenso muss möglichst immer eine Toilette in der Nähe sein. Besonders, wenn Verdauungsprobleme dauerhaft und schubweise auftreten, berichten einige unserer Interviewpartner*innen mit einer ständigen Unsicherheit zu leben und sich teilweise nur wenig aus dem Haus zu trauen. Dabei half es manchen, eine gelassenere Haltung einzunehmen und immer Wechselkleider bei sich zu haben.

Zugfahrten oder Autofahrten waren für Matthias Mitternich teilweise dramatisch.

Petra Thomas will sich von ihrer Krankheit nicht beeinflussen lassen, sondern leben und trotzdem raus gehen.

Bei einem ileoanalen Pouch, zum Beispiel, wenn der Dickdarm komplett entfernt werden musste, entstehen ähnliche Probleme. Bei der Familiären adenomatösen Polyposis (FAP), die bereits in sehr jungen Jahren auftritt, müssen Betroffene sich den Dickdarm entfernen. Als Jugendliche sind sie damit konfrontiert, in Gruppen von Gleichaltrigen eine Sonderstellung einzunehmen und trauen sich wenig zu.

Für Johanna Vogel war es als Jugendliche nicht einfach, an Klassenfahrten teilzunehmen.

Manche unserer Erzähler*innen berichten, dass es auch sehr mühsam sein kann, mit Wunden unterwegs zu sein, die teilweise über lange Zeit nicht verheilen.

Andere Interviewpartner*innen waren beim Autofahren mit dem Port (siehe „Port“) beeinträchtigt, weil der Sicherheitsgurt darauf drückte. In Einzelfällen konnten sie sich eine Gurtbefreiung geben lassen, die es ihnen erlaubte, ohne Sicherheitsgurt Auto zu fahren.