Selbsthilfe

Viele unserer Interviewpartner*innen erzählen von ihren Erlebnissen in und mit Selbsthilfegruppen. Die größte organisierte Selbsthilfegruppe ist die ILCO (Il – für Ileostoma, Co – für Colostoma). Diese ist deutschlandweit engagiert, so dass in den meisten Städten lokale Selbsthilfegruppen sowie Besuchsdienste im Krankenhaus angeboten werden (siehe http://www.ilco.de/). Besuchsdienst bedeutet, dass Betroffene Patient*innen im Krankenhaus besuchen, denen eine Stomaanlage bevorsteht, damit Fragen und Unsicherheiten direkt besprochen werden können. Dabei ist vielen unserer Erzähler*innen wichtig, dass die Selbsthilfe unabhängig von den Herstellern der Stomaprodukte arbeitet. Einige unserer Interviewpartner*innen berichten, dass ihnen durch diese Besuche viel Mut gemacht und Ängste genommen werden konnten und dass sie bei Entscheidungen und dem Umgang mit der Erkrankung und dem Stoma gut unterstützt wurden. Insbesondere junge Patient*innen konnten bei der jungen ILCO spezifische Informationen finden.

Neben der ILCO gibt es auch andere organisierte Selbsthilfegruppen. Gerade bei erblich bedingtem Darmkrebs berichten viele unserer Interviewpartner*innen, dass es sinnvoll sei, sich gezielt einer Gruppe anzuschließen. Hier gibt es unter anderem die Familienhilfe Darmkrebs, die sich auf HNPCC / Lynchsyndrom fokussiert (siehe http://www.familienhilfe-darmkrebs.de/) und die Familienhilfe Polyposis (http://www.familienhilfe-polyposis.de/), der sich Betroffene mit FAP anschließen (siehe auch „Infos und Links“ und zum erblichen Darmkrebs auch „Ursachen“).

Viele unserer Interviewpartner*innen erzählen, dass sie die Selbsthilfegruppe als sehr hilfreich erlebten. Vor allem bei Betroffenen mit einem Stoma könnten andere Betroffene die Probleme und Belange besser verstehen und praktischere Tipps geben als Ärzt*innen oder Stomatherapeut*innen (siehe auch „Stomaanlage und Allgemeines zum Stoma“, „Umgang mit dem Stoma“, „Leben mit dem Stoma“).

Insbesondere für den Umgang mit seltenen Nebenwirkungen sowie Unterstützung bei Fragen zu Behörden, Finanzen, Schwerbehinderung etc. (siehe auch „Behörden, Kostenträgern und Finanzen“) wurde die Selbsthilfe von vielen unserer Interviewpartner*innen als sehr positiv erlebt. Oftmals arbeiten die Selbsthilfeorganisationen mit Fachärzt*innen, Kliniken, Behörden, Stomatherapeut*innen und anderen Beteiligten zusammen, so dass eine enge Vernetzung von Versorgenden und Betroffenen hergestellt wird.

Viele unserer Erzähler*innen waren erleichtert, nicht nur der Familie und den Freunden von ihren Sorgen berichten zu können, sondern auf „Gleichgesinnte“ zu stoßen, bei denen sie sich nicht erklären müssen.

Bis sie mit anderen Betroffenen sprach, dachte Lisa Roth, sie bilde sich ihre Symptome vielleicht nur ein.

Das Sprechen mit anderen Betroffenen erleichterte Holger Pfleger die Entscheidung zur Operation.

In der Selbsthilfegruppe hat Norbert Wagner das Gefühl, nicht alleine mit seinen Problemen zu sein.

Henriette Schiller lernte u.a., dass sie einen Schlüssel für das Behinderten-WC beantragen kann.

In der Gruppe von Ingrid Weis geht es ums Stoma, manchmal aber auch nur um das Beisammensein.

Ernst Schmidtbauer fühlt sich in der Gruppe gut versorgt.

Bernhard Kleinstück organisierte Reisen, die für viele nur in einer Gruppe Betroffener möglich waren.

Vierteljährlich erscheint von der ILCO die Zeitschrift „ILCO Praxis“, die Mitgliedern zur Verfügung steht. Während einige die Zeitschrift für sich als nicht hilfreich empfanden, haben viele Interviewpartner*innen erzählt, dass ihnen die Tipps und Erfahrungsberichte dort sehr geholfen hätten.

Die Lektüre der ILCO Praxis war für Klaus Wippich wichtig; mittlerweile engagiert er sich selbst in der ILCO.

Einige unserer Interviewpartner*innen engagieren sich mittlerweile selbst in der Selbsthilfe. Ein Erzähler schildert, er wolle das, was er von der Gruppe Gutes erfahren habe, gerne anderen Betroffenen weitergeben. Einige fanden eine ganz neue Aufgabe durch das Ehrenamt.

Dieter Loewe kann in der Gruppe viele Tipps geben und hat Freude daran.

Karl Bergmann möchte anderen durch seinen Besuchsdienst Zuversicht vermitteln.

Einige unserer Interviewpartner*innen schildern, dass ihnen der Weg in eine Gruppe nicht möglich war, zum Beispiel weil in ihrer Umgebung keine Gruppe aktiv ist oder ein langer Anfahrtsweg nicht zu bewältigen ist. Ein Interviewpartner sieht großes Potenzial nach einigen Besuchen einer Online-Selbsthilfegruppe, pausiert jedoch aufgrund seiner Chemotherapie gerade seine Teilnahme.

Andere kannten die Selbsthilfe gar nicht und wären froh gewesen, informiert worden zu sein. Wieder andere haben schlechte Erfahrungen mit dem Einstieg in eine Gruppe gemacht.

Gerd Osten wurde nicht auf die Möglichkeit der Selbsthilfe aufmerksam gemacht.

Susanna Zier wurde gebeten, sich eine andere Gruppe zu suchen.

Sebastian Siemens kann in der Gruppe nicht mitreden, weil er kein Stoma hat.

Andere berichten, dass sie sich bewusst entschieden haben, keine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Während die einen beschreiben, dass sie keine zusätzliche Unterstützung brauchten, erzählen andere, dass es ihnen zu viel war, sich mit den Krankheitsgeschichten anderer Betroffener zu konfrontieren.  Manche Interviewpartner*innen haben sich erst mit einem Stoma hinsichtlich Selbsthilfe erkundigt und daraufhin anderen Patient*innen durch diese konkrete Gemeinsamkeit mehr zugehörig gefühlt.

Richard Linde hatte genug Unterstützung durch sein Familie und Freunde.

Sylvia Herrmann hat Abstand von der Gruppe genommen, weil es sie manchmal belastete.