Leben mit der Unsicherheit

Viele unserer Interviewpartner*innen erzählen, dass sie mit Unsicherheiten konfrontiert und damit auch häufig Ängsten ausgesetzt seien, seit sie mit dem Darmkrebs leben müssen.

Diese Unsicherheit bezieht sich häufig darauf, ob der Darmkrebs wieder auftauchen könnte (sogenanntes Rezidiv) oder ob er gestreut haben könnte. Hier gab es wiederum auch Sorgen, wie gut ein geschwächter Körper weitere Therapien vetragen würde. Einige Interviewpartner*innen hatten auch Angst vor einem Stoma, sodass der Krebs selbst für sie zunächst in den Hintergrund rückte. Während manche unserer Erzähler*innen die Nachsorgeuntersuchungen relativ angstfrei und sicher durchliefen, war die Unsicherheit für andere nur schwer auszuhalten. So beschrieben einige unserer Interviewpartner*innen, dass sich ihr Leben manchmal anfühle wie ein „Lotteriespiel“, wie wenn sie „eine Atombombe im Gürtel“ tragen würden, wie wenn „die Verzweiflung irgendwo um die Ecke kommen könnte“ und sie immer im Hinterkopf hätten, es könnte wieder ein Tumor auftauchen oder sie könnten bald sterben (siehe auch „Sinnsuche und Konfrontation mit der Endlichkeit“). Manche versuchen, mit der Unsicherheit umzugehen, indem sie die Nachsorge engmaschiger durchführen lassen oder diese ganz besonders für sich planen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann dabei manchmal hilfreich sein.

Dieter Loewe helfen die regelmäßigen Untersuchungen für seine Seele.

Richard Linde fällt die Ungewissheit schwer, aber die Nachsorge beruhigt ihn.

Lisa Roth fühlt eine enorme psychische Belastung während aller Untersuchungen.

Leon Gerspacher gibt es Halt, sich mit anderen Betroffenen über seine Unsicherheit auszutauschen.

Auch wenn Therapien oder Untersuchungen verschoben wurden, führte das manchmal zu großen Verunsicherungen.

Wilfried Schönfeld helfen Rituale, um mit der Unsicherheit umzugehen.

Dieter Loewe war verunsichert, als seine Operation verschoben wurde.

Für manche unserer Interviewpartner*innen war es schwer, neue Wahrnehmungen an ihrem Körper realistisch einzuschätzen. Einige beschreiben, dass sie ihrem Körper gegenüber viel aufmerksamer geworden seien oder auch bewusster lebten. Für andere waren die Angst und die Unsicherheit lähmend und beeinträchtigend.

Sylvia Herrmann beobachtet sich ständig, besonders vor den Nachsorgeuntersuchungen.

Petra Markert hatte kein Vertrauen mehr in die Zukunft.

Als bei Oskar Lord-Grebl die Chemotherapie unterbrochen werden musste, bekam er Angst vor einem Rückfall.

Sonja Novotny sieht die Unsicherheit als Aufforderung, sich der positiven Seiten des Lebens bewusst zu werden.

Besonders wenn eine familiäre Vorbelastung vorliegt, beschreiben unsere Interviewpartner*innen, dass es sehr schwer sei, ein Risiko in sich zu tragen, das sie womöglich auch an ihre Kinder weitergegeben hätten und auch dass sie selbst nach wie vor mit einem erhöhten Risiko leben müssten.

Lisa Roth macht es unsicher, dass ihre Familie auch erkranken könnte.

Um mit der Unsicherheit umzugehen, ließ Jutta Groß ihre Kinder auf Familiäre adenomatöse Polyposis testen.