Informationssuche und Patientenkompetenz

Viele unserer Interviewpartner*innen erzählen, wie schwierig es manchmal gewesen sei, zu verstehen, was der Darmkrebs bedeutet und wie welche Therapie funktioniert. Dabei hatten sie unterschiedliche Bedürfnisse, wie viel und was sie darüber wissen wollten.

Während einige berichten, von ihren behandelnden Ärzt*innen sehr gut aufgeklärt und begleitet worden zu sein, erzählen manche, dass sie sich selbst bemühten, an die Informationen zu gelangen, die ihnen wichtig waren. Viele bereiteten sich auf die Arztgespräche vor, schrieben sich Fragen auf oder führten ein Tagebuch (besonders in Zeiten der Chemotherapie, siehe auch „Nebenwirkungen der Chemotherapie“). Zur Dokumentation der Erkrankung nutzten viele Interviewpartner*innen neben Tage- und Notizbüchern auch digitale Unterstützung, beispielsweise in Form einer Cloud und mithilfe von Apps. Manchmal nahmen sie auch jemanden mit zu den Gesprächen, damit sie nicht alles vergaßen. Wichtig war ihnen dann, sich im Gespräch auch zu trauen, die Fragen zu stellen und ein gutes Verhältnis zu ihrem Arzt/ihrer Ärztin aufzubauen. Manche fanden es sinnvoll, sich schon vorab zu informieren, damit sie die für sich richtigen Fragen stellen konnten.

Oskar Lord-Grebl schreibt sich vorher auf, was er beim Arztbesuch wissen will.

Norbert Wagner findet es wichtig, als Patient zu wissen, worum es geht.

Iris Niebling ist es nicht peinlich, bei Ärzt*innen nachzufragen, wenn sie etwas nicht versteht.

Lorenz Kraus braucht mittlerweile so gut wie keine Informationen mehr.

Besonders, wenn es darum ging, Anträge stellen zu müssen oder sich mit Behörden auseinanderzusetzen, war es manchen wichtig, genau über ihren Gesundheitszustand und die Therapien informiert zu sein (siehe auch „Behörden, Kostenträger und Finanzen“).

Gerlinde Zeigert hat sich alle Befunde tabellarisch zusammengestellt.

Viele unserer Interviewpartner*innen finden es wichtig, als Patient*in auch eine gewisse Eigeninitiative zu zeigen. Dies begründeten einige mit ihrer Einstellung, dass man als Patient*in für sich selbst verantwortlich ist und mit den Ärzt*innen zusammenarbeiten muss, um eine bestmögliche Behandlung zu erlangen.

Sylvia Herrmann sieht sich als aufgeklärte Patientin und findet es wichtig, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Gunther Kraft sah sich selbst als "Schaltstelle" zwischen den Institutionen und zeigte viel Engagement.

So kümmerten sich viele Patient*innen selbst um ihre Termine, riefen bei Fachärzt*innen an, erkundigten sich, wo sie die bestmöglichen Therapien bekommen konnten. Manche beantragten auch ihre Rehabilitation selbst und versuchten, viel Einfluss zu nehmen.

Einigen unserer Interviewpartner*innen war es wichtig, den Mut aufzubringen, sich eine Zweitmeinung einzuholen (siehe „Zweitmeinung“) und besonders, wenn die Zusammenarbeit nicht klappte, sich zu wehren und / oder den Arzt/die Ärztin zu wechseln. Dabei berichten sie, dass dies oft in einer belastendenden Krankheitsphase sehr schwer gefallen sei und sie viel auf Hilfe dabei angewiesen gewesen seien (siehe auch „Botschaft an Betroffene“ und „Persönlicher Umgang mit der Darmkrebserkrankung“).

Anna Rusch findet es wichtig, sich zu wehren, wenn man nicht zufrieden ist.

Wo finde ich Informationen?

Neben ihrem Arzt/ihrer Ärztin suchten viele unserer Interviewpartner*innen an verschiedensten Stellen nach Informationen und Hilfestellungen. Viele unserer Interviewpartner*innen zeigten hierbei ein großes Engagement und nannten viele Wissensquellen.

Maria Rich holte sich viele Informationen an verschiedenen Quellen.

Manche fanden sich gut in der Rehabilitation aufgehoben, weil sie dort viele Informationen in Veranstaltungen und in Gruppen einholen konnten (siehe „Rehabilitation“).

Daneben war für sehr viele die Selbsthilfegruppe eine der wichtigsten Anlaufstellen, wo sie Informationen bekommen konnten und auch, wo sie dann später selbst ihre Erfahrung und ihre Kompetenzen an andere weitergeben konnten (siehe „Selbsthilfe“). Unter Mitpatient*innen erlebten viele unserer Erzähler*innen eine sehr große Solidarität, die sie sehr beeindruckte. Auch machten hier einige die Erfahrung, dass die Berichte von anderen Betroffenen für sie hilfreicher gewesen seien als die theoretischen Informationen aus Arztgesprächen oder der Literatur.

Daneben nennen unsere Interviewpartner*innen auch die Krebsberatungsstellen
(siehe https://www.krebshilfe.de/helfen/rat-hilfe/psychosoziale-krebsberatungsstellen/) oder die Sozialdienste in den Krankenhäusern als wichtige Anlaufstellen, wo sie Hilfe und Unterstützung erhielten.

Einige unserer Interviewpartner*innen beschreiben, dass ihnen die Lektüre verschiedener Ratgeber, Fachliteratur, Fachzeitschriften und anderer Bücher wichtig war, weil sie dort gezielt lesen konnten. Ein Erzähler schrieb Autor*innen von Fachbüchern direkt an, wenn noch Fragen zu bestimmten Themen offen waren und machte damit gute Erfahrungen. Insbesondere wurden von vielen die „Blauen Ratgeber“ der Deutschen Krebshilfe genannt (siehe https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/infothek/infomaterial-kategorie/die-blauen-ratgeber/). Beim Lesen von Fachliteratur wurde (im Gegensatz zum Internet) der Vorteil genannt, selbst steuern zu können, wie viel Information man an sich heranlassen wolle, und die „Informationsflut“ in kleine Häppchen aufteilen zu können.

Selbstverständlich geben viele unserer Erzähler*innen an, sich im Internet zu informieren. Dort seien viele Informationen leicht zugänglich, man könne diese aber manchmal schwer prüfen oder sich einzelnen Schicksalen kaum entziehen, die vielleicht zu bestimmten Zeitpunkten der Erkrankung eher belasten.

Henriette Schiller hat aufgehört, sich im Internet zu informieren.

Für einige waren Internetforen, in denen sie sich austauschen konnten, persönlich hilfreich, weil sie so in Kontakt mit anderen Betroffenen kommen und Fragen stellen konnten. Mühsam empfanden einige, dass sie bei der Recherche im Internet immer wieder auf unerwünschten Pornoseiten landeten, was sie abschreckte, weiter zu suchen. Auch der Aspekt, dass sich immer neue Fragen auftaten, wenn sie im Internet recherchierten und die Informationsflut unendlich schien, war für einige ein Hindernis.

Besonders, wenn es um Entscheidungsfindungen ging, war es vielen wichtig, so viele Meinungen wie möglich zusammenzutragen.

Wieder andere verließen sich dabei aber lieber auf ihre Intuition, ihr „Bauchgefühl“ und wollten die gegensätzlichen Meinungen gar nicht alle wissen. Viele beschreiben auch, dass sie im Laufe der Erkrankung ein ganz anderes Körpergefühl aufbauten und daher selbst langsam versuchten, sich an ihr neues Leben damit heranzutasten, statt über Information von außen vorzugehen.

Matthias Mitternich verlässt sich auf sein Gefühl, worauf er vertrauen kann.

Manche unserer Interviewpartner*innen, die selbst im medizinischen Bereich arbeiteten, beschreiben, dass es ihnen nicht leicht gefallen sei, bei ihrem Fachwissen an diejenigen Informationen zu gelangen, die für sie wichtig waren. Manchmal war es für sie gut, als Fachperson agieren zu können, manchmal waren sie auch überfordert, gerade wenn sie nicht im onkologischen Bereich tätig waren.

Andere Kompetenzen, die unserer Interviewpartner*innen nennen, beziehen sich auf den Umgang mit alltäglichen Situationen in Arztpraxen oder im Krankenhaus. Viele fanden dabei ihren unverwüstlichen Humor sehr hilfreich (siehe auch „Persönlicher Umgang mit der Darmkrebserkrankung“).

Klaus Wippich hat eine Strategie, Wartezeiten zu gestalten.