Morphin und andere Opioide

Unter allen Medikamenten fanden die Opioide (wie z.B. Morphin, Methadon, Tilidin oder Tramadol) bei den meisten unserer Erzählenden, die sie eingenommen hatten oder einnahmen, eine besondere Erwähnung. Sie berichteten häufig, dass sie ihnen von ärztlicher Seite oft als letzte Möglichkeit, als "Ende der Odyssee" verschrieben worden waren, wenn alle anderen Medikamente ausgeschöpft und erfolglos waren. Häufig zögerten die Ärzt*innen lange, bis sie schließlich zu Opioiden griffen, oder lehnten es ab, weil die Behandlung mit Opioiden nur für finale Fälle sei.

Holger Ziegler berichtet von einer Notwendigkeit eines Bewusstseins für die Medikamente, die man von seinem*seiner Ärzt*in erhält.

Nach unseren Berichten wurden die Opioide in Form von Tabletten oder Tropfen, über eine Schmerzpumpe oder als Pflaster verabreicht. Während einige Erzählende keine positiven Wirkungen der Opioide verzeichnen konnten, berichteten andere von einem positiven Umschwung und einer deutlichen Besserung der Lebensqualität, nachdem die Dosis auf eine bestimmte Höhe aufgebaut worden war. Damit war der Schmerz zwar meist nicht beseitigt, wurde aber erträglich. Meist waren die Opioide in ihrer Wirkung durch keine anderen Präparate zu ersetzen.

Durch die Schmerzlinderung mit Morphin fand Clemens Hofmann das Leben wieder lebenswert.

Für Nadine Thiel bringen die Opioide seit über zehn Jahren eine Erleichterung ohne Nebenwirkungen.

Besonders hilfreich fanden einige Patient*innen ihre implantierten Schmerzpumpen, mit denen die Dosis und die Nebenwirkungen niedriger gehalten werden können, weil das Mittel unmittelbar an das Rückenmark herangebracht wird.

Kerstin Meck kann mit der Schmerzpumpe stärkere Schmerzattacken oftmals vorher abfangen.

Bei anderen war der Erfolg der Opioide nicht so eindrücklich. Aber auch eine kleine Besserung wurde schon als hilfreich empfunden. Während bei einigen Erzählenden durch die Opioide vor allem die Schmerzspitzen genommen werden, bedeutet es für andere eine anhaltende Reduktion des Schmerzniveaus, das allerdings von Schmerzspitzen durchbrochen werden kann.

Bei Sabine Kugler nimmt das Morphium tagsüber etwas die Schmerzen und ermöglicht ihr nachts besser zu schlafen.

Susanne Maurer findet, dass das Tilidin etwas besser hilft, seit sie es nur noch gelegentlich nimmt.

An Nebenwirkungen wurden vor allem Darmträgheit und Verstopfung sowie Blasenentleerungsstörungen berichtet, die sich zumeist beherrschen ließen. Aber auch Verlangsamung, Müdigkeit  und ein Gefühl, nicht ganz bei sich zu sein, traten auf. Eine Erzählerin führte ihre Gewichtszunahme auf das Morphium zurück. 

Beate Schulte reagierte ganz schlecht auf Tramadol und hatte beim Absetzen heftige Auswirkungen.

Martin Sander wird arbeitsunfähig, wenn die Nebenwirkungen zu stark werden.

Anna Wagner ist es wichtig, mit der Opioiddosis unterhalb der Benommenheitsschwelle zu bleiben. 

Bis auf die Darmträgheit fand Ursula Bach, dass sie das Morphin recht gut vertrug.

Nadine Thiel berichtet wie sie durch Cannabis ihre Morphium Einnahme reduzieren konnte.

Holger Ziegler berichtet von seiner Erfahrung mit Morphium.

Für die Menschen, die Opioide nehmen, stellt sich immer wieder die Frage nach der Abhängigkeit vom Medikament. Eine Erzählerin entschied sich, lieber die Schmerzen zu ertragen, als zu riskieren, süchtig zu werden. Sie möchte sich diese Medikamente lieber für den Notfall aufbewahren. Deshalb äußern manche viel Skepsis. Viele haben jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass sie die Opioide bei richtiger Dosierung und Überwachung über viele Jahre hinweg nehmen konnten. 

Clemens Hofmann findet, dass bei richtiger Anwendung keine Suchtgefahr besteht.

Einige Erzählende berichteten von teilweise schweren Entzugserscheinungen, die auftraten, wenn sie die Medikamentendosis reduzierten oder die Schmerzpumpe nicht funktionierte. Oft war es frustrierend zu erleben, dass die Dosis mühsam reduziert wurde, dann aber wieder erhöht werden musste, weil die Schmerzen wieder unerträglich wurden.

Karin Moll ist sich dem Suchtpotenzial von Morphium deutlich bewusst.

Das Umfeld der Erzählenden reagierte manchmal kritisch auf die Tatsache, dass sie Opioide nahmen. So erzählte ein Mann, dass er anonym bei der Führerscheinstelle angezeigt wurde, weil er trotz Morphium Auto fahre, und seitdem regelmäßig ein Gutachten erstellen lässt, das seine Fahrtauglichkeit überprüft.

Clemens Hofmann konnte das Morphium reduzieren, musste es aber wieder nehmen, als er wieder zu arbeiten begann.